20. August 2017

NSU: Mord an Michelle Kiesewetter


Bei einem normalen Mord hätte es sich um etwa zwölf Per­sonen gehan­delt. Aber ein Mord an einem Kollegen war nicht normal, so dass das K2 bis zum letzten Platz gefüllt war. ... In den ersten intensiven, hochmoti­vierten Wochen war Hagen überzeugt gewe­sen, den Fall schnell lösen zu können. Auch wenn technische Spu­ren ebenso fehlten wie Zeugen, mög­liche Motive, Verdächtige oder auch nur Anhaltspunkte. Einfach weil Wille und Bereitschaft so groß waren und sie über nahezu unbegrenzte Ressourcen verfügten.

Gunnar Hagen räusperte sich. »Guten Morgen. Wie die meisten von Ihnen bereits wissen, sind nach der gestrigen Pressekonferenz eine ganze Reihe von Hinweisen einge­gangen, denen wir nun nachgehen müssen. Insgesamt sind es bis jetzt neunundachtzig Tipps. Einige davon sind wirklich interessant.«

Er brauchte nicht auszusprechen, was alle längst wussten: Nach bald drei Monaten Ermittlungen waren sie zu der frustrierenden Erkenntnis gelangt, dass fünfundneunzig Prozent der Hinweise reiner Bullshit waren. ...

Mit »einige davon« meinte er exakt vier Hinweise. Und dass diese wirklich interessant waren, war eigentlich eine Lüge, da man ihnen bereits nachgegangen war. Und auch diese Hinweise hatten nur ins Leere geführt.
Nur nicht drin rumrühren, in der schmutzigen Brühe der Ländlepolizei, denn irgendwann greift das Nesbø-Axiom. Das mögen sich die Drexler-Ultras denken, die eifrig an der Verhinderung der Aufklärung des Mordes an Michelle Kiesewetter werkeln.
Jeder ging irgendwann ins große Buch des Vergessens ein, so war das einfach, und so würde es irgendwann auch mit den Polizistenmorden sein.

Jo Nesbø, Koma
Möge es einen aufrechten Polizisten im Ländle geben, der ihnen einen Strich durch die Rechnung macht. Es darf auch eine Sie sein. Gerne auch zwei.