10. Januar 2011

blutbaden ist en vogue



Wenn ich dem Füllhorn meines readers Glauben schenken kann, dann ist blutbaden bei den Menschen en vogue, gehört zu ihrem Lebensstil und ist demzufolge in der Berichterstattung der Druckerzeugnisse für die tägliche (Über)lebenshilfe nicht mehr wegzudenken. Mein reader zählt derzeit 374 Blutbäder in den von mir abbonierten Lebenshilfen. Das jüngste datiert aus Arizona (USA) und wurde deshalb in den Rang eines Blutbades erhoben, weil es weit weg ist und sich damit der Überprüfbarkeit entzieht. Soweit bekannt, wurde eine Pistole für das Bad in der Menge benutzt, was erhebliche Zweifel aufkommen läßt, ob überhaupt eine erkleckliche Menge an Blut zustande kam, um darin ein Bad zu nehmen. Das älteste im reader verzeichnete stammt vom 04.08.2006 und entsprang der Phantasie des BILD-Autors, der dem Kofferbomber andichtete: Das Profil des irren Bahn-Bombers ... wollte ein Blutbad!. Ein Blutbad, das gar nicht stattfand.

Google selbst ist noch penibler und archivierte für die letzten 250 Jahre 5790 Ereignisse, die die Merkmale des Blutbadens in sich tragen. Splitte ich die auf, ergeben sich für 1760 - 1985 601 Blutbäder und für 1986 - 2011 insgesamt ungefähr 4.970 (in Summe hier allerdings 5571). Wohin die rund 220 Blutbäder zur ursprünglichen Suche verschwunden sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Es sind vielleicht jene, die nie welche waren, auch wenn sie hochtrabend als solche bezeichnet wurden.

Auffällig an der Archivalie ist jedoch etwas anderes. Die im vorigen Jahrhundert unter maßgeblich deutscher Führung veranstalteten Weltblutbäder sind nur eine Marginalie in der jüngsten Geschichte, verglichen mit dem, was uns seit knapp 25 Jahren an Blut aus den Presseerzeugnissen entgegenschwappt. Ganze Wannen voller Blut wurden in die Druckmaschinen verfüllt, um uns den Schrecken des Menschseins deutlich zu machen.

Nicht überliefert ist, ob die Schlachtorgien an Hühnern und Schweinen in die Statistik eingeschlossen sind, gesichert die Erkenntnis, daß das nächste Blutbad nicht lange auf sich warten läßt, denn, so die Statistik nicht trügt, nichts ist für Medien erklecklicher als ein Blutbad im Rausch der Klickratensteigerung und Auflagenerhöhung.