6. August 2011

BILD stellt die Systemfrage

Und wie es so ist, wenn Leute sich der Systemfrage widmen, die keine Ahnung haben, dann geht das gründlich schief und mir runter wie Öl. Unter dem Titel 20 Jahre World Wide Web heißt es unter anderem.

Vor 20 Jahren veröffentlichte der Brite Tim Berners-Lee (heute 56) eine Erfindung namens „World Wide Web“. Ohne dieses WWW wäre das Internet heute nicht mehr vorstellbar.

Zwei grobe Fehler in zwei Sätzen. Er veröffentlichte diese Erfindung nicht, sondern nahm sie in Betrieb. Das Internet ist sehr wohl auch heute ohne dieses WWW (BILD) vorstellbar. Ich kann es mir nämlich vorstellen.

Jetzt kommt es hammerhart.

Wenn es um das Internet geht, wird manches gern verwechselt. Selbst Technik-Begeisterte unterscheiden oft nicht, dass Internet und World Wide Web zwei verschiedene Dinge sind.

Das ist so erstmal vollkommen richtig. Dann wird Bezug auf die vielen Milliarden Internetseiten genommen und folgendes gehauptet:

Diese Seiten lassen sich per Eingabe von „www“ und einer eindeutigen Adresse mit einem Internet-Browser aufrufen und anzeigen.

Ich korrigiere den Satz mal. Er müßte korrekterweise so lauten:

Diese Seiten lassen sich mit einem Clientprogramm durch Eingabe einer Adresse abrufen und auf dem lokalen Endgerät verarbeiten.

www vorne weg zu schreiben, ist ein (weit verbreiterer) Spezialfall, aber nicht Bedingung, die Adresse ist nicht immer eindeutig, sofern es sich um virtuelle Server unter eine IP-Adresse handelt und ein Internet-Browser ist weder für den Abruf noch für die Anzeige zwingend nötig, allerdings sehr komfortabel. Abrufen könnte ich sie auch mit wget und Anzeigen mit einem Textlister.

Ja, das sind sie, die bei BILD. Da wird manches gern verwechselt. (BILD)

Selbst bei technikaffinen Themen lügen sie wie gedruckt.
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Natürlich schreiben auch andere Qualitätsmedien auf, was ihnen so im Schädel rumspuckt, ja mit ck, nur ist das genauso falsch, wie das, was BILD zusammenlog. Die Sueddeutsche erfindet

Die Informationen konnten nun in Hypertext-Dokumenten (http) zusammengefasst werden, um per Link von Dokument zu Dokument zu springen, programmierte er eine rudimentäre Software, die er "Browser" nannte, aber nur auf einem einzigen System, den Next-Rechnern, funktionierten. Die erste Webseite (Foto) war folglich nicht viel mehr als ein vernetztes Textdokument.

http ist das HyperTextTransferProtokoll und kein Dokument. Grammatik ist auch außen vor, so brandheiß ist das Thema. Die erste Webseite war auch nicht vernetzt, sondern eine einziges Dokument. Von diesem aus konnte man, über http zu anderen einzelnen Seiten springen, die mit dieser verknüpft (verbunden - linked) waren.

Da die Sueddeutsche eine Klickstrecke veranstaltet, bin ich nicht weiter bereit, einem solch Konsumentenfeindlichen Vorgehen zu folgen. Es sei nur erwähnt, daß der erste weit vebreitete Browser Mosaic war und nicht der Netscape Navigator. Den habe ich nämlich benutzt. Gab ja nichts anderes damals. Ich gehe ruhigen Gewissens davon aus, daß auch die Sueddeutsche noch mehr Scheiß aufgeschrieben hat.