4. Februar 2012

Maxl: Die Grenzen der Toleranz



Wir Menschen sind in unserem Toleranzvermögen begrenzt. So auch der australodeutsche Fremdenfeind Maxl. Er lehnt prinzipbedingt alles Fremde ab. Tapeziert wird nicht (Hager), auch wenn es zu seinem Besten wäre.

Manchmal ist er fürchterlich tolerant. Manchmal zickig bis höchst intolerant. Ihm fehlt es am nötigen Toleranzvermögen, um auf die Widrigkeiten des All­tags angemessen zu reagieren. Am liebsten hat er es, wenn jeder Tag wie ein Arsch ist, sagen wir mal Mittwoch. Oder Donnerstag. Abweichungen davon kann er nicht leiden. Das stört sein Beisichsein, denn eigentlich ist er mit sich und dem Leben, das fristen muß, ganz zufrieden.

Da schwebe ich in seinen Luftraum ein, gerade daß eine Sekunde Zeit blieb ihm meinen Besuch anzukündigen. Maxl, du kriegst Besuch, der Stänkerer kommt.

Das interessierte ihn nicht die Bohne, denn er saß gerade zu Tisch und vertilgte Edelkorn. Er schaute kurz auf, sah wie ich geschwinden Schrittes in das Zen­trum seines Reiches vordrang und schwupps saß er in der Tür des Käfigs, um rechtzeitig die Flucht antreten zu können, obwohl meiner­seits noch wenigstens zweieinhalb Distanz zu überwinden gewesen wären, hätte ich die Absicht gehegt, ihn flinken Fußes in seiner Behausung einzusperren. Ich hatte diese Absicht nicht. Trotzdem ist Maxl bei der Aussicht auf ein paar Stunden Karzer intolerant wie kein zweiter. Einsperren geht schon mal gar nicht. Ob beabsichtigt oder nicht, ist da völlig wurscht.

Vor lauter Schreck ließ ich mich eingemummelt wie ich war, in den nächst­stehenden Sessel fallen und verhielt mich ganz ruhig. Maxl nahm dies zur Kenntnis und beendete sein Mittagsmahl. Nachdem er wieder seinen Beobach­tungs- und Spielplatz außerhalb des Käfigs eingenommen hatte, kam der Stän­kerer doch noch zu seiner Stänkerei. Zuerst wurde Frieden ohne Waffen ge­schaf­fen, sprich die obligatorische Musikstunde zelebriert. Da ist Maxl tole­rant wie kein zweiter. Annäherung bis auf wenige Zentimeter möglich und hoch konzentriertes Aneignen des Lehr­stoffes. Da ist der kleine Racker voll bei der Sache.

Phase zwei war der übliche Test auf Fremdenfeindlichkeit. Der Stänkerer hatte wieder mal das schwarze Ungeheuer mitgebracht und wollte diesmal eine Fest­brennweite austesten. Das ging schon mal gar nicht. Fluchtartig wurde der Baum verlassen und Schutz hinter allen Deckungs­mög­lich­kei­ten des Haus­daches gesucht. Egal, wie sich der Fotograf auch anzunähern versuchte, Maxl fand immer einen Weg, dem großen Einauge aus dem Weg zu gehen. Will heißen, da ich mit garstig Fanggerät die Fluchtdistanz deutlich unter­schritten hatte, geriet der Piepmatz in Panik und hatte Streß. Ein bißchen Streß braucht er aber. Das weiß er bloß nicht, weil er denkt, daß jeder Tag wie Mittwoch ablaufen muß.

Nun gut, es gab ja auch andere Motive in seinem reich, die beim Test mit der Festbrennweite nicht so rumzickten, diverse Pflanzen in der Mittags­sonne. Ergo wurden die aufs Korn genommen, so um die ISO 100, und Stück für Stückt auf die Speicherkarte transferiert. Das wiederum veranlaßte Maxl, dem Vorgang mit dem schwarzen Kasten eine höhere Aufmerksamkeit zu widmen, zu interessant war das, was da stattfand ud vor allem klickte. Er nahm nun wieder seine Beobachterposition als Verfassungsschützer ein, postierte sich neben dem Alarmglöckchen und registrierte jede Bewegung des Fotografen und jeden Klick. Notizen hat er keine gemacht, der merkt sich das alles und berichtet später.



Siehe da, ganz so schröcklich kann das mit dem Gerät dann doch nicht sein, da es gar lustige Geräusche macht, die es nachzuahmen gilt. Es dauerte nicht lange, Maxl hatte den Rhytmus raus, und so wurde jeder Spiegelschlag seitens Maxl mit einer kurzen Melodei goutiert. Und ab diesem Zeitpunkt war es auch etwas leichter, deutlich unterhalb der Fluchtdistanz an ihn heranzukommen und ihn per händisch bedienter Festbrennweite, ohne Autofokus, abzulichten. Ich mußte ihm nur den nötigen Zeitfond zur angemessenen Reaktion in Form des Singsangs geben. Am Schluß hatte er womöglich eine Ahnung, daß er hier auf Model machen sollte und verhielt sich dementsprechend. Flucht war nicht mehr nötig, dafür Posieren angesagt. Eigentlich eine schwierige Kiste, denn normalerweise benötigt man schon ein ziemlich langes Rohr, um Vögel streß­frei abzulichten. Mit einer Festbrennweite eigentlich ein Ding der Unmög­lich­keit. Trotzdem hat es geklappt.
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beide Fotos Brennweite 35mm (ca. 50 am Crop), Blende 8 und ISO 100.