2. April 2012

Erwachsenenpädagogik

Ich kann jetzt nicht definieren, was das ist genau ist. Ich kann es dafür an einem Beispiel deutlich machen. An einem Dokumentarfilm.

Ein Dokumentarfilm ist im besten Falle das, was das Wort besagt. Eine Dokumentation. Mehr nicht. Im schlechtesten Falle ist es eine kommentierte Dokumentation, also ein Kommentarfilm.

Für einen Dokumentarfilm sollte als Werbung ausreichend sein, wenn man z.B. sagt: Heute kommt 'ne Doku, die muß man gesehen haben. Das ist ein Knaller.

Sollte.

In der Bundesrepublik Deutschland funktioniert das anders. Erwachsenen ist nicht zu trauen, sie sind unmündig und müssen deswegen an die Hand genommen werden. Dafür sind die Magazine zuständig, wie z.B. das Hamburger Magazin für Erwachsenenpädagogik.

SPIEGEL-ONLINE 02. April 2012, 12:03 Uhr
ARD-Doku über Margot Honecker

Die furchtbare Frau

Von Stefan Kuzmany


Die Frage "Was stimmt hier nicht?" löse ich gleich selbst auf. Die Doku heißt Der Sturz. Honeckers Ende.

Herr Kuzmany ist sich nicht zu blöd, den deutschen Erwachsenen, also erziehungsbedürftigen Bürgern, gleich die Waschanleitung mitzuliefern. Damit nichts schief geht.

Lesen müßt ihr die anderthalbseitige Bedienungsanleitung für die Filmkonsumtion schon selber. Ich habe darauf verzichtet, da ich zur seltenen Gattung jener Menschen gehöre, die sich selber eine Meinung bilden. Ich brauche keine Waschanleitung*.

Die ARD, die den Film zu verantworten hat, macht es sich noch viel einfacher, mit der Waschformel für Eilige.

Nazi-Opfer und Alleinherrscher, spießig und machtbewusst: Honecker war ein ideologischer Hardliner, der 1961 den Aufbau der Mauer koordinierte und dessen Regime als Unrechtsstaat für Mauertote, Schießbefehl, Stasi und Zwangsadoptionen stand.

Wer es jetzt noch nicht begriffen hat, ist selber Schuld. Was der Führer für die Welt, das war der Honecker für Ostdeutschland. Meint die ARD.

Da fällt mir ein schönes Gleichnis ein. Helmut Schmidt ist ungefähr im gleichen Alter wie Margot Honecker und in etwa genauso alters­starr­sinnig, wird dafür allerding fast im Monatstakt vor eine Kamera gezerrt, um den Mitmenschen mit seinem unmaß­geb­lichen Gelaber wertvolle Restlebenszeit zu stehlen.

Nun kann man sich ja mal der Mühe unterziehen und recherchieren, welche deutschen Qualitätsmedien erstens eine Bedienungsanleitung für dessen Reden ans Volk herausgegeben oder zweitens diese als das bezeichnet haben, was sie in Wirklichkeit sind, überflüssige und wenig zielführende Belanglosigkeiten eines alten Mannes.

Da es dem medialen Vergessen anheimfällt, sei daran erinnert, daß die FDGO unter Bundeskanzler Schmidt per Sondergesetzgebung zur Rechtsstaats­diktatur umgebastelt wurde. Ganz ohne Not. Und es sei daran erinnert, daß es in den letzten 60 Jahren maßgeblich die Sozen waren, die jedes Gesetz initiiert oder durchgewunken haben, das der Festigung des diktatorischen Charakters der repressiven Demokratie dienlich war. Äh, repräsentativen.

Ich bin da ganz bei Altkanzler Helmut Schmidt, der vom Magazin für Erwachsenen­pädagogik so zitiert wird:

"Mitleid mit Menschen, die eine Diktatur inszeniert und aufrechterhalten haben, muss man nicht übertreiben."

Genau. Mein Mitleid mit Schmidt-Schnauze ist streng limitiert.
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* im Sinne von Anweisung für die Gehirnwäsche