30. Oktober 2010

Reichtum

Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine "ungeheure Warensammlung"...

Ach was sind Generationen von DDR-Eleven mit diesem Satz traktiert worden. Marx, Hegel, Kant, rauf und runter, rein- und rausinterpretiert und stundenlange Seminarreferate zum Wörtchen "erscheint".

Da habe ich nun den letzten Umzugskarton entpackt und muß feststellen, daß Marx bereits bei seinem Einstieg in zweierlei Hinsicht Unrecht hatte. Der Reichtum erscheint nicht nur als ungeheure Warensammlung, der Reichtum ist eine ungeheure Warensammlung. Es packt einen der Graus, wenn man den Berg sieht, der aus der Altbehausung fein säuberlich an den äußeren Rändern eines schmalen Trampelpfades in der neuen Hütte verteilt wurde.

Und wenn einen die Muße packt, man philosopisch als auch praktisch an das Problem herangeht, entpuppt sich die Warensammlung zum großen Teil als Müll, ist mithin eine ungeheure Müllsammlung und erscheint nicht nur so, ist damit kein Reichtum, sondern Armut. Denn mit Müll werden nur ganz wenige reich.

Vielleicht hätte Karl Marx sein Kapitel zum Kapital so beginnen müssen.

Das Individuum, das im Kapitalismus sein Leben fristen muß, häufelt im Laufe seines Erdmännchenseins eine Menge Müll an, was ihm als Reichtum deucht. Dem ist aber nicht so.

Hätte er sein Werk so begonnen, möglicherweise wäre mir die theoretische Durchdringung der Geheimnisse kapitalistischer Produktionsweise um einiges leichter gefallen.