Nach Informationen der Zeitung gibt es aus der Zeit zwischen 1998 und 2011 einen Hinweis, offenbar des thüringischen Landeskriminalamtes, wonach Frau Zschäpe staatlicherseits „gedeckt“ sei. Dahinter sollen sich Zuträgerleistungen aus der rechten Szene von Beate Zschäpe unter anderem auch für thüringische Sicherheitsbehörden verbergen. (LVZ)
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Unterlagen des US-Militärgeheimdienstes legen den Verdacht nahe, dass Verfassungsschützer am Tatort waren, als in Heilbronn eine Polizistin von bisher unbekannten Tätern ermordet wurde. (frei nach: stern)
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Schlußendlich hatte sich die Wahrheitskommission durchgesetzt. Ein kurzer Name für einen sperrigen Titel.
Bürgerschaftliches Komitee zur Aufarbeitung der Verbrechen der Geheimdienste der Bundesrepublik Deutschland in der Zeit nach 1990
Und die Vernunft hatte gesiegt. Das Komitee bestand ausschließlich aus Strafrechtlern, Rechtsanwälten, Verwaltungsrechtlern, ausgebildeten Psychologen und Historikern. Das gesunde Volksempfinden blieb außen vor. So lautete der Beschluß, und er wurde umgesetzt. Möglicherweise blieb so auch der gesunde Menschenverstand außen vor, sofern nicht eine der hochkarätigen Persönlichkeiten mit einem solchen gesegnet war.
Das machte Sinn, da die Aufgabe ausschließlich darin bestand, diese Verbrechen anhand eines klar vorgegebenen Normenkatalogs zu prüfen. Der besagte, daß alle Verbrechen straffrei gestellt sind, außer Mord. Und unter der Bedingung, daß betroffene Personen umfangreich aussagen. Wer nicht aussagt und erwischt wird, der kommt vor den Kadi.
Und es gab eine zweite Regel, die ebenfalls akzeptiert wurde. Es wird keinerlei Veröffentlichungen geben, sofern die Betroffenen nicht zugestimmt haben. Zuwiderhandlungen wurden mit einem Strafenkatalog versehen, der eine Publikation irgendwelcher Ergebnisse und Protokolle höchst unattraktiv machte, sofern man abseits der offiziellen Wege publizieren wollte.
Es gab ja noch den offiziellen Weg, Antrag stellen, warten, ob er genehmigt wird, Eruierungsgespräch, postiver Bescheid usw. Das Ende war immer das gleiche, ein umfangreiches Aktenstudium, aus dem die Details extrahiert werden mußten.
Oder man hatte Glück, wie ich. Man kennt jemanden, der jemanden kennt usw. Kennt ihr ja. Dann gab es sogar die Chance eines Interviews.
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Sie war klein. Oder zierlich, mit einem leichte Hang zur Molligkeit. So erschien sie mir, als sie durch die Tür trat. Die Molligkeit streiche ich gleich wieder, das war der gefütterte Wintermantel. Sie trug eine randlose Brille. Ihre Augen suchten nervös das Terrain ab. Da war nur ich. Und das Personal des Lokals. Niemand weiter.
Guten Tag. Sie sind der Herr Weisheit, der mich interviewen will?
Ja, der bin ich.
Wie sind sie auf mich gekommen?
Hab einen Tipp von einer Informantin erhalten, daß sie möglicherweise dazu bereit wären.
Informantin? So'n Scheiß. Von einer Informantin bekommt man keinen Tipp. Das weiß ich.
Ist ja auch egal. Wie darf ich sie nennen? Ich würde das Gespräch gerne anonymisieren.
Wie sie wollen.
Dann nenne ich sie Beate.
Geht klar.
Beate, haben sie schon ihrend Bescheid der Straffreiheit erhalten?
Hab ich. Hat aber 3 Monate gedauert, bis die soweit waren. Das wäre eigentlich auch schneller gegangen, denn ich habe ja nichts verbrochen.
Das freut mich für sie. Wie sind sie eigentlich damals in die Fänge des Verfassungsschutzes geraten?
Keine Ahnung. Das war so'ne Mischung aus Abenteuerlust, leichtem verdientem Geld, Verliebtheit, Hörigkeit und keine Ahnung von allem haben. Wie das so ist, wenn sie 18 sind. Der Typ, der mich anwarb, der hatte von all dem was. Der war wie aus einem James-Bond-Film, war chramant, hatte Geld und war klug.
Und was wollte der?
Nichts, am Anfang wollte der nichts. Ich sollte nur die Augen und Ohren offen halten. Ab und zu würden wir uns treffen und etwas plaudern. Mehr war da nicht. Das wurde dann langweilig, bis er den Vorschlag unterbreitete, etwas Action in mein Leben zu bringen. Ich war doch mit diesen Typen zusammen, den Rechten. Coole Jungs, immer für Ideen gut. Doch die haben nie was so richtig auf die Reihe gekriegt. Da meinte der Typ vom Verfassungsschutz, ich glaube der hieß Jochen, der meinte also, da könne er womöglich was arrangieren. Waffen und Sprengstoff und noch mehr Geld besorgen. Hat er dann auch gemacht. Das war 'ne schöne Zeit damals, immer Geld, immer gut drauf und tun und lassen können, wie einem beliebt.
Die schöne Zeit damals, wie ging die zu Ende?
Die Polizei hatte irgendwie Lunte gerochen. Die fanden das gar nicht gut, daß wir Sprengstoff und Waffen horteten. Die haben da eine Razzia gemacht. Das war ja noch nicht so schlimm, die wurde uns gesteckt, so daß wir vorbereitet waren. Doch der Staatsanwalt, der ließ wohl nicht locker und wollte uns in den Knast bringen. Da hab ich zu den Jungs gesagt, wir machen den Typen an, den Jochen, dem wird schon was einfallen. Da sind wir dann zu dritt hin und die beiden haben gar nicht lange gefackelt. Geld oder Leben oder so. Haben dem ihre Knarren an den Kopf gehalten und gemeint, er solle sie gefälligst aus dieser Polizeischeiße raushalten, wenn er den Planeten noch ein Weilchen genießen will.
Wußten die denn, daß der vom Verfassungsschutz war?
Ach woher denn, das wußte ich doch auch nicht. Der war einfach ein Typ, der mich mal angemacht hatte und eine Menge Dinge drehen konnte. Der war ein Organisationstalent. Das die Schlapphüte dahinter stecken, das habe ich auch erst 15 Jahre später gemerkt.
Und wie ging es dann weiter?
Der hat uns erst mal Kohle rübergereicht, damit wir für ein paar Monate von der Bildfläche verschwinden können, bis sich der Trubel gelegt hat. Der hat uns besoffen gequatscht. Da haben die Jungs klein beigegeben. So sind wir abgetaucht, auch wenn dazu kein Grund bestand. Lag ja kaum was gegen uns vor. Das hätten die erst mal beweisen müssen, daß wir Bomben und so gebastelt haben. Wäre wohl kaum gegangen.
Was habt ihr denn so gemacht, als ihr de facto von der Bildfläche verschwunden ward?
Wir haben uns ein schönes Leben gemacht. Mehr nicht. In den lieben langen Tag hineingelebt. Am Anfang gab es immer noch eine kleine Geldspritze von dem Jochen, das versiegte dann aber. Wir haben uns immer seltener getroffen. Ich hatte auch keine Lust mehr. Es wurde mir einfach zu langweilig. Der wollte, daß ich die Jungs zu irgendwelchen Sachen überrede, auf die die eh keinen Bock gehabt hätten. Der wollte wissen, was die so vorhaben. Konnte ich auch nicht weiter helfen, haben die mir ja nie verraten. Irgendwann brach dann der Kontakt auch ab. Weiß gar nicht mehr wann.
Wie übersteht man denn 15 Jahre, wenn man von der Öffentlichkeit abgeschottet lebt?
Abgeschottet haben wir doch gar nicht gelebt. Wir waren immer unterwegs. In der Öffentlichkeit. Naja, das Geld, das wir zum Leben brauchten, das haben wir uns bei den Banken besorgt. Wie alle anderen auch. Da habe ich aber immer nur Schmiere gestanden, war nie selber in einer Bank. Wenn das Geld alle war, dann haben wir uns neues besorgt.
Beate, ich komme nun zu einem sehr heiklen Kapitel der Vergangeheit, dem Mord an der Polizistin in Heilbronn. Laut ihrer Aussage vor dem Wahrheitskomitee haben sie damit nichts zu tun gehabt. Gilt das auch für ihre beiden Lebenspartner?
Ich selber war nicht in Heilbronn. Die Jungs schon. Daran kann ich mich noch gut erinnern, denn als die wieder nach Hause kamen, waren sie richtig von der Rolle. Was genau passiert ist, haben sie nie erzählt, aber daß sie mächtig gelinkt worden sind. Ich hatte damals ja auch gelesen, daß da eine Polizistin umgebracht worden ist. Ich glaube aber nicht daran, daß das die Jungs waren. Zumindest haben wir uns danach sehr vorgesehen. Die beiden waren immer auf der Hut. Warum, das weiß ich bis heute nicht.
Wäre es denkbar, daß Mitarbeiter des Verfassungsschutzes den Mord begangen haben, die Waffen und Utensilien mitnahmen, um es euch in die Schuhe zu schieben? Es könnte doch sein, daß dieser Typ, der Jochen, euch all die ganzen Jahre über gelinkt hat und sein eigenes Spiel spielte?
Keine Ahnung. Ich hebe die Waffen nie gesehen. Die ganze Zeit nicht. Ansonsten, der hat sicher sein Ding durchgezogen. Das ist mir erst jetzt klar. Ich weiß nur nicht, ob der damals in Heilbronn war. Keine Ahnung. Ich habe ihn zum ersten Mal wiedergesehen, nachdem der letzte Banküberfall schief gegangen war.
Wie war das?
Der paßte mich vor dem Haus ab, zerrte mich in die Wohnung und wurde sehr unfreundlich. Er war auch sichtlich nervös. Dann riefen die Jungs an, daß sie genug Knete beisammen hätten. Da riß er mir das Handy aus der Hand und sagte nur irgendwas von das Spiel ist aus, das SEK kommt gleich und übt Wurftaubenschießen mit ihnen. Kurze Zeit später klingelte sein eigenes Handy, und dann war er sehr entspannt. Muß wohl eine gute Nachricht für ihn gewesen sein.
Dann hat er noch zu mir gemeint, ich hätte mir ja nie was zuschulden kommen lassen, ich solle zusehen, daß ich mich verpisse, ab jetzt wird landesweit nach mir gefahndet. Und wenn ich mich stellen wolle, solle ich in jedem Fall auf eine schnöde Polizeiwache gehen, nirgend woanders hin, das könnte lebensgefährlich werden. Hierbleiben könne ich nicht, das Haus wird in einer halben Stunde nicht mehr existieren, meinte er noch.
Da habe ich meine Katzen genommen und bin weg. Nach vier Tagen hab ich's nicht mehr ausgehalten und bin zur Polizei. So, wie er gesagt hat.