16. Oktober 2006

Lex NPD

SPIEGEL ONLINE - 16. Oktober 2006, 20:51
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,druck-442894,00.html

Eklat zur Parlaments-Premiere der NPD

Von Philipp Wittrock, Schwerin

Dann passierte, was die demokratischen Parteien bei der ersten Sitzung des neuen Landtags von Mecklenburg-Vorpommern unbedingt vermeiden wollten: Die NPD nutzte einen Verfahrensfehler der Sitzungsleitung - um genüsslich in die Opferrolle zu schlüpfen.

Das Missgeschick mit der Geschäftsordnung unterlief der alten und neuen Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider (SPD) am Ende der konstituierenden Sitzung. CDU, SPD, Linkspartei und FDP hatten verabredet, unmittelbar nach der konstituierenden Sitzung eine Sondersitzung des Landtages einzuberufen, um eine Initiative zur Änderung des Abgeordnetengesetzes einzubringen. Die Initiative richtet sich vor allem gegen die NPD. Als deren Abgeordneter Michael Andrejewski mit einem Geschäftsordnungsantrag Widerspruch einlegen wollte, überging ihn die Präsidentin.

Ein Lapsus. Doch dieser Lapsus ließ den Sitzungstag im Chaos enden. Die NPD hatte in der Geschäftsordnung entdeckt, dass im Falle eines Widerspruchs der Landtag abzustimmen hat.

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Aha, die demokratischen Parteien wollten verhindern. Und die NPD wollte einen Verfahrensfehler nutzen. Die geltende Geschäftsordnung sollte durchgesetzt werden.

Ja sowas von pfui aber auch, was sich diese Rabauken erlauben. Wer sind die denn, daß sie sich auf die Einhaltung der Geschäftsordnung berufen dürfen?

Im übrigen handelte es sich mitnichten um einen Lapsus. Mit einer Abstimmung wird in deutschen Parlamenten der Mehrheitswille mathematisch erfaßt. Abstimmungen bilden sozusagen den formalen und abschließenden Kern der Meinungsbildung.
In jedem Hühnerzüchterverein gibt es heftigste Hahnenkämpfe, wenn bei den Vorstandswahlen gegen die Abstimmungsregeln verstoßen wird. Wer sich also mit Laxheit, Tricks oder anderweitig darüber hinwegsetzen möchte, der begeht alles andere als einen Lapsus. Der vergeht sich am Abstimmungsparlamentarismus.

Tja, lieber Philipp, mit einer Lex NPD wird das nichts. Und mit einer Selbstzertifizierung als Demokrat auch nicht, denn diese haben sich, liest man den Text richtig, schlichtweg als wichtigtuerische Krämerseelen entlarvt.

Der ganze Vorgang karikiert die am Sonntag mit Inbrunst bei Chrsitiansen vorgetragene Jammerei von Otto (MdB, FDP) und Ströbele (MdB, Die Bunten) über die fehlende Würdigung ihres harten und entbehrungsreichen Politikerberufes. Die beiden haben sich ja echt Mühe gegeben, aber es so scheiße rübergebracht, daß man fast schon wieder Mitleid mit ihnen haben konnte.

Und nun ist in Schwerin der Vorhang gefallen, indem sich die demokratischen Fratzen ihre Masken vom Gesicht rissen.