Alfred Hrdlicka im Interview 29.09.
Ich habe den Staat in unterschiedlicher Weise als schnüffelndes, beleidigendes Organ kennengelernt.
Man kann doch nicht so tun, als sei es eine Leistung der Institution Kirche, gegen den Missbrauch der Macht zu sein, wenn man gleichzeitig im Namen von Christus und im Namen des Glaubens Willkür ausübt... Aber man kann den Leuten, die mit Gewalt unterdrückt werden, nicht Gewaltlosigkeit predigen. Ich bin gegen die Diskriminierung einer Gewalt, die eine noch schlimmere Gewalt abschaffen will.
Es ist eine Lüge, dass staatliche Gewalt – einfach so, mit einem einsichtigen Augenaufschlag – der Gewaltlosigkeit weicht.
Also, die Kommunisten sind bei allem Dunkel, das über ihrer Geschichte liegt, noch Waisenknaben gegen jene Dialektik von Leistung und Schande, die mit dem Christentum verbunden ist.
Ich werd' nur wild, wenn man das Geseiere vom einzelnen, ach so kostbaren Menschen benutzt, um davon abzulenken, wie man gleichzeitig Millionen auf die Schlachtbank lockt. Und umgekehrt: Der feinfühlige Bürger möge, wenn er angstvoll gegen den Kommunismus rast, bitte daran denken, dass seine eigene Sensibilität unter der Flagge »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit« entstand, und aus dieser Flagge tropfte ganz schön viel französisches Revolutionsblut.
Sich über den wenig änderbaren Charakter der Welt klar zu sein, das schließt nicht automatisch ein, allen Widerstand aufzugeben. Alles ist von Menschen gemacht.
Oder doch?