Kann sein, ich habe den schlechtesten Bond-Film aller Zeiten gesehen. Kann aber auch sein, daß ich in einigen Jahren sage, ich hab's gesehen, wie die Bond-Reihe in eine neue Ära mutierte.
Doch heute ist heute. Und heute habe ich einen sehr zwiespältigen Eindruck hinterlassenden Film konsumiert.
Es erübrigt sich, die vielen Kritiken der gelernten Filmkritiker zu lesen, die schreiben eh nur Müll. In diesem Falle hilft wirklich nur der Rat, hingehen und sich selber eine Meinung bilden, statt bilden lassen.
Was ist da bloß schief gelaufen?
Zuallererst mal die ersten 15 Minuten. Einfach nur daneben.
Dann der ganze Film an sich. Der Regisseur hat total versagt. Und sein Schnittmeister gleichermaßen.
Als langjährig erfahrener Spion weiß ich eigentlich, was ich zu erwarten habe, wenn ich mich mit Bond auseinandersetzen muß. Mit diesen Erwartungen trottete ich also ins Kino und wurde damit alleine gelassen.
Mindestens fünf Pflichteinlagen fehlten.
1. Coole Sprüche von Bond. Komplette Fehlanzeige. So wortkarg hat er noch nie seine Magnumberettasigsauer um den Erdball reisen lassen.
2. Knapp bikinite Damen. Stattdessen Rollentausch. Eine hübsch anzusehende, gut bekleidete und figurte Dame, taff genug zu wissen, was sie will, und stark genug, dies auch zu tun. Nackte Haut Fehlanzeige.
Der beste Monolog des ganzen Films stammt ausgerechnet von ihr und beziehtn sich auf Bond: "Sie machen einen sehr effizienten Eindruck."
Der Satz ist saugut. Damit aber auch die schwerwiegendste Kritik an dem Film.
3. Bond war zur Gehirnwäsche und hat vergessen, daß es Frauen gibt. Statt wenigstens einer Dame ein Verwöhnprogramm angedeihen zu lassen, akzeptiert er diese als zeitweilige Geschäftspartner, um seinen Job zu erledigen.
4. Q. Ist gestorben. Weiß ich. Aber der wird ja wohl einen Enkel gehabt haben, der von ihm 'ne Menge vererbt bekam. U.a. die Geheimdienstkarriere als auch das faible für skurrile technische Spielereien.
Daß ein Q. kein technisches Spielzeug erklären darf, das ist möglicherweise einer der größten Mängel des gesamten Films, denn das führt dazu, daß sich Bond entkernen muß und nur noch seinen Racheplan durchzieht, statt zwischendurch das eine oder andere Gadget auszuprobieren. Und vorab verkniffenen Mundes den ausladenden Erklärungen der Funktionsweise zuhören zu müssen.
5. Dem Film fehlte jede Handlungslogik. Das ist das Schlimmste.
Und hier bin ich beim Versagen des Regisseurs. Der Film ist im Grunde eine Aneinanderreihung 30sekündiger Werbeclips. Das funktioniert nicht. Verantworlich für diese Schweinerei ist Marc Forster, in Deutschland geboren und der Schweiz aufgewachsen. Der soll wieder Werbeclips drehen, denn sowas schau ich mir nicht an, auch nicht im Kino, aber nicht die Bond-Fans belästigen.
Desgleichen lassen sich zu den beruflichen Versagern zählen:
die, die die Schnitzer zu verantworten haben und zumindest einmal in ihrem Leben schon bessere Schneideleistungen vollbracht haben
- Matt Chesse, der eigentlich nur Monster's Ball zu seinen Meriten zählen dürfte,
- Richard Pearson, der eigentlich was kann, wenn er darf, wie bei MiB II oder Bourne.
als auch
- Chris Lowe (supervising art director), dem die künstlerische Gesamtverantwortung gründlich daneben ging, so wie bei Basic Instinct 2 und viele andere Filmen vorher auch.
Kommt halt so ein Film raus, wenn man die Verantwortung nur durchschnittlich Begabten überträgt.
Der Film hat allerdings auch excellente Seiten. Immer dann, wenn der Regisseur gepennt hat, haben Kameramann und Schauspieler ihr Bestes gegeben und das auch noch bis in den Schnittraum rüber gerettet. Üppige Bilder, schweinegut fotografiert, und Ansätze guter Schauspielerei stehen auf der Habenseite. Überwiegen wahrscheinlich sogar. Werden allerdings von der schmalbrüstigen Regie herabgewürdigt.
Den Schluß habe ich nicht ganz verstanden, da ich leicht alzheimernd den Handlungsstrang von Casino Royale nicht mehr im Kopf habe.
Unterm Strich: Man kann ruhigen Gewissens in den Film gehen und fühlt sich trotzdem gut unterhalten. Und hegt die Hoffnung, daß beim nächsten Mal alles wieder so wird, wie's früher einmal war. Denn früher war alles besser, früher war alles gut...