Die Toten Hosen luden zum gemeinsamen Volksliedersingen in die Berliner 02-World und sogar das Landvolk machte sich auf den Weg, um lauter Musik zu huldigen.
Die Halle ist ein durchaus imposanter Bau, aber definitiv kein Rockmusiktempel. Ich kam frühzeitig in einen noch fast leeren Inneraum, bestaunte das große Rund (was sich als Quadrat herausstellte) und ahnte da bereits, daß das Gemäuer akustisch nur sehr bedingt zu Höchstklang auflaufen wird. Dazu stimmt die ganze bauliche Form nicht. (Ein mir gut bekannter Sicherheitsbeamter von B.E.S.T: den ich gestern Abend dort werktätigen sah, bestätigte mir dies heute. Er hat auch Sicherheit bei Metallica zur Hauseröffnung gemacht und die hatten besseren Sound. Das wird aber nur sehr wenigen gelingen, weiß er aus Erfahrung. Die Halle taugt nichts.)
Airborne als Vorband stellten das dann tatkräftig unter Beweis. Großgezogen mit den Schallplatten von AC/DC spielten sie laut und schnell, was der Präzion des Sounds ab- und dem Luftdruck zuträglich war. Schalldruck eben. Davon abgesehen, dann lieber doch das Original der australischen Schuljungenband.
Aber Schalldruck alleine macht noch keinen guten Klang.
Das Konzert der Hosen selber war ein Festschmaus, nach zehn Minuten hatte ich eh soviel auf die Ohren bekommen, daß der Soundbrei dann schon ziemlich egal war.
Meinen Standargag bekam ich dann nach dem Titel "Madelaine aus Lüdenscheid" geboten, als, aus welchem Grund auch immer, "Nazis-raus-Rufe" erschallten.
Ich versetzte mich in die Rolle des Soziologieprofessors, der seinen Studenten folgende Übungsaufgabe stellt.
Beim Konzert der Toten Hosen erschallen Rufe, daß die Nazis raus sollen. Skizzieren sie kurz das Szenario, daß die Konzertbesucher zu dieser Forderung veranlaßt hat.
Mal angenommen, Nazis waren beim Machmalauter-Konzert anwesend. Was ja nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann. Wenn, dann waren sie allerdings "In aller Stille" da.
Und waren sie nicht da, dann erübrigen sich eigentlich diese Rufereien.
Pittoresk bis obskur war ein weiterer Aspekt, den ich so noch nie gesehen hatte. Die Halle verfügt über das gesamte Rund im dritten Stock über VIP-Logen, jede mit eigenem Stehtresen ausgestattet. Dort lümmelten sich die Wichtigkeiten des Lebens und schlürften andächtig ihren Sekt, während das gemeine und sangesfreudige Volk an der Fill-Station abgefüllt wurde.
Die Toten Hosen sind da angekommen wo sie nie hinwollten. Beim VIP, der Sekt zum Pogo trinkt.
Das Konzert selber war astrein, ich habe ganze 4 Stunden geschlafen und hatte einen Kopf so rein wie die Weste von Fischer und Steinmeier. Es gibt kaum schönere Gehirnwäschen.
Und die schönste befindet sich seit Konzertschluß und heutigem Nachladen aus dem Netz ebenfalls in meinem Besitz, der Stick mit dem Liedgut der Veranstaltung. Geil, einfach nur geil, endlich mal einen richtig guten Bootleg von einem Konzert zu haben, auf dem man auch war.
Das wurde höchste Zeit und kann nicht laut genug gewürdigt werden. Oder in aller Stille.