Nur sehr knapp hatte ich die Kandidatur Broders für Vorsitzendenamt kommentiert.
Inzwischen haben sich hunderte Schreiber weitaus länger und ausführlicher dem Thema gewidmet.
Matthias Bröckers meint: Das erste Mal fiel er mir auf, als im September 1982 ein kleiner dicker Mann in die Kulturredaktion der "taz" kam – wenn ich mich recht entsinne, hatte er einen Hund dabei – und ohne ein freundliches "Shalömchen" gleich aufgeregt herumbrüllte. Linker Antisemitismus sei das, und eine Unverschämtheit, die erwidert werden müsse, zeterte er und wedelte mit der Doppelseite "Vier Stunden in Chatila", die wir an diesem Tag abgedruckt hatten.
Weil außer mir noch keiner da war, konnte ich die Diskussion ziemlich kurz halten: "Das ist ein Text von Jean Genet, der kann hier schreiben was er will und was du für antisemitisch hältst ist mir schnuppe."
Der Spiegelfechter wiederum sieht es eher klassisch. also pathologisch: Wenn die Pathologie des umtriebigen Rechtspopulisten allerdings so simpel wäre, sollte man ihn behandeln wie jeden anderen pubertierenden Gernegroß auch – einfach rechts liegen lassen. Für einen Pausenclown ist die Nichtbeachtung bekanntlich die Höchststrafe. Broders Pathologie ist allerdings nicht so einfach. Er ist ein eitler Geck, zerfressen von Hass auf das links-intellektuelle Establishment. Narzissmus und Hybris sind Broders Kardinaluntugenden. Intellektuellen Auseinandersetzungen geht der Broderliner am liebsten aus dem Weg [2], zu groß ist die Gefahr, entzaubert zu werden. Broder würde gerne vom Establishment ernst genommen werden – das Establishment rümpft allerdings die Nase vor der publizistischen Rampensau, die sich nur allzu gerne in unappetitlichen Ressentiments suhlt.