26. Februar 2011

Doku Deutschland: Der Bruder im Geiste - Kain und Adel

Ich hab's nicht mehr ausgehalten. War beim Arzt. Erzählen darf ich ihm ja nichts, auch wenn er zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Aber auf Verschwiegenheitsverpflichtungen setze ich nicht mehr allzu viel. Nicht in meinem Fall. Dazu ist die Verlockung zu groß.

Also habe ich sowas wie ein burnout-Syndrom diagnostizieren lassen. Ich muß erst mal raus aus dem ganzen Rummel. Irgendiwe. Es kotzt einen an, wenn man jeden Tag auf allen Kanälen und Internetseiten, auf den Titeln der Zeitungen und beim Frisör nur noch seinen Namen hört. Also, eigentlich meinen. Doch das weiß niemand.

Ich könnte es mir ja einfach machen. Zum Staatsanwalt gehen. "Wenn er, wie er behauptet, das Werk selber verfaßt hat und dabei nur etwas schusselig war, dann muß es Spuren geben. Sucht den Computer, auf dem er das Werk zusamengestöpselt hat, dann wißt ihr auch, woran ihr mit ihm seid."

Aber das kann ich keinem Staatsanwalt der Welt sagen, denn es ist ja mein Computer. Sogar mehrere, je nachdem, wo ich mich gerade befand. Außerdem hat der Mann unbedingt Recht. Der von ihm verfaßte Schriftsatz ist von ihm selbst geschrieben worden und kein Plagiat, denn dabei handelt es sich um die Unterschrift. Die könnte ein Kujau fälschen oder das BKA, er selber nicht. Insofern kann er mit schwelliger Brust vor die Meute treten und immer wieder behaupten, er habe nicht gefälscht und das, was er geschreiben habe, stamme auch von ihm.

Mich macht das alles fertig. Ich hatte eh die ganze Zeit so ein dummes Gefühl im Bauch. Der Mann war aalglatt und bestimmt, duldete keine Widerrede. Auf der anderen Seite stand die Löhnung. Bei der Summe wären sie auch schwach geworden. Pi mal Daumen hatte ich ein halbes Jahr Arbeit kalkuliert. Das andere halbe Jahr hätte ich in der Sonne abfeiern können. Sogar noch weitaus länger. Viel länger. Das Honorar war zwar nicht nobelpreisverdächtig, aber überaus nobel.

Er hat ganz schön Druck gemacht, wollte das Problem möglichst schnell vom Tisch haben. Und solide. Das schließt sich zwar aus, aber läßt sich mit ein paar Scheinen ganz gut kitten. Oberflächlich, wie ich heute weiß. Solide Unverdächtigkeit braucht ihre Zeit. Die hatte ich aber nicht, also wurden die Brüche mit Geld zugekleistert. Dafür war das Produkt im Rahmen des vorhandenen Zeitfonds fertig. Und ergebnisorientiert. Er hat bekommen was er wollte. Und weitaus mehr. Ich auch.

Jetzt ist von Diebstahl, Betrug, Texträuberei, Hintergehen usw. die Rede. Als Hochstapler wird er bezeichnet. Ich kann das nicht mehr hören und lesen. Es raubt mir die letzte Kraft. Der feine Herr ist zwar kein offenkundiges Mitglied einer Burschenschaft, seinen Schmiß hat er jetzt allerdings weg. Und wenisgtens die Hälfte davon fällt auf mich zurück.

Jeder Schritt im Hausflur, jedes Klingen bringt mich zum Rasen. Das sind seine Schergen von den Feldjägern. Jetzt ham'se dich am Arsch.

Das ist es, warum ich letztlich zum Arzt bin, denn ich weiß nicht, ob ich der zwischen uns getroffenen Verschwiegenheitsklausel noch trauen kann. Die ist, wie sich jetzt zeigt, auf ziemlich brüchigen Papier verfaßt, Banknoten- und Urkundenpapier, das keinerlei Wert mehr hat.

Was, wenn er rachsüchtig ist, das Geld zurück haben will? Letztlich habe ich ihn ja in Schwulitäten gebracht.

Ich trau ihm einfach nicht mehr über'n Weg. Der hat immer nur das, und dann höchstens 50%, zugegeben, was man ihm nachweisen konnte. Ungarische Salami, ganz dünn geschnitten, das hat er der Meute vorgeworfen und sie für blöd verkauft. Die Meute hat's gefressen und widmet sich schon wieder anderen Themen. Doch die Gelehrtenmeute gibt keine Ruhe. Jetzt kommen die aus ihren Löchern gekrochen. Das nimmt nie ein Ende. Wer weiß schon, was die sich einfallen lassen, damit dem geleckten Herren irgendwann der Kragen platzt. Dann hilft mir nicht mal mehr Gott.

Noch sieht es so aus, als ob er mich aus der Schußlinie hält. Das hält nicht mehr lange. Irgendwann kommen die drauf, daß der nur seine Unterschrift beigetragen hat. Und dann bin ich dran.

Ich habe erst mal alle Aktivitäten eingestellt, Webseite vom Netz genommen, bin am renovieren, hab ich raufgeschrieben, den drei Studenten, für die ich ein paar Seiten zusammenschreiben sollte, mußte ich absagen. Die haben die paar Kröten zurückgekriegt. Ich habe auch Rücklagen und könnte mich verdrücken. Aber irgendwann muß ich zurück ins Leben. Doch in welches? Das bisherige war ein Traum. Traumhafter Verdienst, oftmals steuerfrei und ohne Rechnung. Wenig Arbeit. Naja, wenig Arbeit stimmt so auch nicht, aber sie ging locker von der Hand. Das ist jetzt alles Schnee von gestern. Aus. Vorbei.

Wie gesagt, ich war beim Doktor. Wegen burnout, weil mir momentan nichts einfällt, was man sinnfälligerweise macht. Erzählen konnte ich ihm das alles nicht. Geholfen hat er auch nicht. Nur gesagt, ich soll einfach eine lange Pause machen.

Mir wird nichts anders übrig bleiben, denn so abgebrüht wie der feine Herr bin ich dann doch nicht. Ich weiß nur eines. Ich bin das Kainsmal adligen Geblüts.
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viel abgebrühtere Geisterschreiber bei ppq
Der Tatort des adligen Geschehens
uneingeschänkte Solidarität mit Dr. zu Guttenberg