27. Dezember 2011

Maxl21

Maxl ist ja auch ein Protestvogel, ein ziemlich schräger sogar. Er beherrscht alle Arten des Protests, auch wenn im täglichen Gebrauch nur zwei vorkommen, der laute und der stille. Laut wird er, wenn ihm irgendetwas nicht in den Kram paßt. Dann wird das Ärgernis weggekeckert und weggekäckert, bis er gewonnen hat. Bisher hat er jedesmal gewonnen und somit allen Grund, auf dicken Maxl zu machen, weil er ja so groß und stark ist und jeder Bedrohung gewachsen. Ob es die blinkende Ampel, der Reflexion der Sonne oder die Adler vor seinem Fenster sind, alle hat er in die Flucht geschlagen oder zum Aufgeben gezwungen. Keckern und Käckern als Universalwaffen der Australier, das hat er drauf.

Subtiler sind seine stillen Proteste. Ich versuche mal, dies beispielhaft zu erklären.

Maxl ist ja ein ausgemachter Fremdenfeind. Er ist zwar Australodeutscher, also rein theoretisch Mihigrusittich, allerdings in Deutschland geboren, aufgewachsen und schlecht erzogen worden. Insofern ist das Fremdenfeindliche wohl doch seinem deutschen Blutanteil geschuldet.

Der frißt doch kein Obst und Gemüse. All die schönen und gesunden Sachen verschmäht er, weil er denkt, er komme mit seiner Körnersammlung über den Winter, weil ja ab Frühjahr sein Dealer wieder Gras in Hülle und Fülle ranschafft. Da kann man ihm also Apfel, Chikoree, Mangold, Salat oder was auch immer auf dem Käfig platzieren, das Zeug wird weiträumig umkurvt, gehört da nicht hin und ist gemeingefährlich. Er schafft sich seinen virtuellen Trampelpfad, um an jene Dinge zu gelangen, die ihm wichtig sind. Gut zureden hilft bei dem Schlingel auch nicht. Der glotzt einen treudoof an und grinst, so daß man im Grunde schon weiß, daß es ihm ins eine Ohr reingeht, um dem anderen wieder flugs zu entfleuchen.

So ca. vor drei Wochen, als es kurz nach vier schon zappenduster wurde, da stellte er seinen Tagesrhytmus auf Langschläferzeit um. Gegen 17 Uhr hat der die Mutzeln zugemacht, wachte ca. 20 Uhr noch einmal zum Abendmahl auf, um kurz darauf wieder schlafen zu gehen. Gegen 8 Uhr in der Frühe ist dann Aufstehen angesagt. Satte 12 bis 14 Stunden konnte der wegschnarchen. Meine Fresse.

Bei meiner letzten Beaufsichtigung seines Tuns hatte ich ein kleines Sittich-Kompendium für mein Mutter dagelassen, welches ich internetausgedruckt hatte. In dem steht alles Wesentliche zur Handhabung der Stubenadler drin. Da stand dann auch was von einer sdpeziellen Pflanze, auf die die Vögel gierig sind. Zwei Tage später steh ich im Freßnapf, da haben die die Dinger da. Habe ich zwei vergammelte zum Preis von einem bekommen, gleich zu Maxl geschleppt und aufgebaut.

Was macht der Dussel? Stillen Protest. Tapeziert wird hier nicht (Hager), das ist meine Bude und der Napf gehört da nicht hin. Aber, das will ich betont wissen, interessant sah das Teil dann doch aus, so daß es mit einem halben Auge immer unter Beobachtung war. Die Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit auf dem Käfig, die hat er sich selbst zuzuschreiben, denn ein Sicherheitsabstand von 15 Zentimetern zu lecker Futter ist gar nicht nötig.

Einen Tag später klingelt das Telefon.

Der Maxl macht immer noch einen großen Bogen um den Topf.

Der ist eben doch ein kleines Dummerchen. Aber du kannst mal einen Trieb abschneiden und versuchen, den in der Öse von seinem Glöckchen festzumachen. Bei dir haut der ab. Da geht das. Bei mir bleibt er ja sitzen und harrt seiner Musikstunde. Wenn er dann zurück kommt, sitzt er vor einer kleinen Denksportaufgabe. Entweder Bimmelglöckchen oder Vitamine fressen.

Ah ja, das probier ich gleich mal aus.


Es hat kein Minute gedauert, da klingelt das Telefon.

Rat mal, was der Maxl gerade macht?

Keine Ahnung.

Der sitzt an seiner Glocke und knabbert genüßlich an dem Trieb rum.

Siehste, manchmal muß man zur richtigen Zeit die richtige Idee haben.


Damit ist das Thema Vitamine auch gegessen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Pflanze ist eine kleine Wunderpflanze, gehört jetzt zur Wohnung von Maxl, wird nicht mehr als feindliches Element betrachtet und täglich in Anspruch genommen. Die Pflanze hat noch einen anderen positiven Effekt. Er ist vitaler geworden, bleibt jetzt bis 21 oder sogar 22 Uhr wach und geht dann erst schlafen, verzichtet momentan auch über den Tag hinweg auf seine kleinen Nickerchen und kann stundenlang auf hard at work machen, wenn ihm so ist.

Aber sie hat auch einen Nachteil. Ich wurde doch glattweg das folgende gefragt, auch wenn es nicht in Frageform gekleidet war.

Ich habe den Eindruck, der geht da immer heimlich ran, weil er sich immer hinter dem Topf versteckt, als ob er naschen will.

Das kannste gleich wieder vergessen. Ein Wellensittich lebt nicht in solchen moralischen Kategorien, erst recht nicht der Maxl, da er alles für sich alleine und keinen Futterstreß hat. Das war früher anders. Da lagen die fettesten Körner immer im Napf des anderen. Genauso wie bei uns. Das lecker Schnitzel liegt auch auf dem Nachbarteller. Das ist bei ihm lange vorbei. Der geht da hin, weil er sich da am sichersten fühlt. Das ist alles.


So sieht es aus, wenn Wellensittiche ihr Lieblingsdope konsumieren.