12. März 2012

vom Blutbad im Amoklauf

Nach kurzem Schütteln war es gestern zumindest in der deutschen Staats­me­dien­landschaft Konsens, daß die kaltblütige Ermordung von 16 Zivi­listen in Afghanistan ein Amoklauf war, was mit der Kraft des Erd­mag­net­feldes die Beigabe Blutbad anzog. Das führte zur Übersichtlichkeit auf der deutschen Newsseite. Auf den amrikanischen sah es spät am Abend hin­ge­gen anders aus. So auch am heutigen Vormittag. Für jene, die nicht wissen, was ich meine. Auf news.google.com kann man das Angebot oben links länderspezifisch umschalten.



Warum kurzes Schütteln? Weil am Vormittag per Schnell- und Fern­diag­nose noch von einem tragischen Zwischenfall und nerven­zusammen­brechenden Soldaten die Rede ging. Wenigstens im Spiegel und vielen andern.

SPIEGEL-ONLINE 11. März 2012, 09:57 Uhr
Nato-Einsatz

US-Soldat erschießt mehrere afghanische Zivilisten

Tragischer Zwischenfall in Afghanistan: ... Angeblich soll der Schütze vor der Tat einen Nervenzusammenbruch erlitten haben.


Flugs wurde jedoch ein Amoklauf nebst angeschlossenem Blutbad draus. In deutschen Medien. Macht sich besser. Hierzulande. Bis, ja bis die Medien genaueres über die Ethnie des Soldaten und seinen psychischen Zustand wissen. Dann werden wir beizeiten umgepolt, da neue Erkenntnisse vorliegen.

Kann sich in diesem Zusammenhang irgendjemand dran erinnern, daß deut­sche Medien im Zusammenhang mit dem lustigen Tank­laster­bombar­dement des Oberst Klein von Amoklauf und Blutbad schrieben? Nein? Na dann war es kein Amoklauf und Blutbad, sondern ein tragischer Zwischen­fall eines nervlich überforderten Soldaten.

Daß in Afghanistan Krieg ist und sich Soldaten auch so verhalten, als wenn dort Krieg wäre, darauf kommt niemand.

Zum späten gestrigen Abend wurden wir dann noch darüber aufgeklärt, wie die deutsche Nachrichtengebung in Wirklichkeit funktioniert. Der nie beson­ders gut informierte Matthias Gebauer vom Spiegel faßt das so zusammen.

In den deutschen Medien allerdings kursierten bereits Berichte mit schauer­lichen Details... Statt von einem Einzeltäter ist dort von einer ganzen Gruppe von betrunkenen, lachenden US-Soldaten die Rede, die mordend durch das Dorf gezogen seien. Später hätten sie die Leichen mit Chemikalien übergossen und angesteckt. Ob solche Details zutreffen oder nicht, spielt in Deutschland kaum eine Rolle. Meist erreichen die Men­schen Nachrichten durch Staats-Propaganda und werden auf diesem Weg immer weiter ausgeschmückt und dramatisiert.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,druck-820653,00.html