10. August 2013

Die Toten Hosen - drei Kreuze, daß ich da war

Ein Punk fand nicht statt, wie der RBB fälschlicherweise meldet, jede Menge Krach schon.



Niemand muß glauben, was die BILD heute an den Zeitungskiosken der Stadt hat kleben lassen. Von Woodstock in Tempelhof ging da die Rede, und daß 120.000 Hörsüchtige "Die Ärzte" und "Die Toten Hosen" hören möchten werden. Das Und ist noch möglich, obwohl Campino gestern bereits mitteilte, er werde das Publikum jetzt mit einem Medley der Höhepunkte der beiden Ärztekonzerte überraschen. Ergo zelebrierten Die Toten Hosen das Lied, in dem ein Arschloch vorkommt.



Bedauerlicherweise gab es dann 70 bis 100 Konzertbesucher, die die "Nazis raus" aus dem Gelände grölen wollten, die erstens überhaupt nicht anwesend waren, und wenn, zweitens, dann wie ein homosexueller Weltklassefußballer der deutschen Nationalmannschaft, also vollkommen inkognito und streng geheim. Insofern war es etwas daneben, wenn Campino behauptet, dies sei der Chor, der ihnen jeden Abend am meisten gefällt. Ich mag es kaum noch hören und auch nicht glauben.

An Tagen die Wiesen. So haben die Ärzte einen kleinen Abstecher auf ihrem Ärztival genannt. Das wäre auch dem Tempelhofer Feld gut bekommen, da es nicht geregnet hat. Bei früher Anreise mußte mit dem Hintern das Rollfeld plattgedrückt werden, denn die Broilers, eine Band aus Düsseldorf, die diesen Namen eigentlich gar nicht kennt, als auch Kraftklub, eine Band aus Karl-Marx-Stadt (Campino), die das dann auch glaubten und diese Herkunft bestätigten...

Die beiden Kapellen konnten die drei Stunden Wartezeit bis Konzertbeginn nur bedingt überbrücken, um nicht von Qual zu sprechen. Doch die Funktionstests eines gigantisch großen Schallwellenkomplexes müssen ja irgendwann statt­finden. Ergo hat man die auf die Zeit von ca. zweieinhalb Stunden vorher gelegt. Wurde genug Ökostrom eingekauft und ausreichend CO2-Zertifikate abgestaubt, wegen der Unmengen Raucher? Sind genug Sanis und Gassen für die Sanis wegen der Komasäufer da? Hat der Berliner Senat die Dezibelabgabe inzwischen geändert oder nicht? Wieviel davon sind statthaft?

Fragen über Fragen, die vor dem Startschuß geklärt sein müssen, sonst ist Ruhe auf dem Betonfeld.



2 Stunden und 15 Minuten haben die Toten Hosen durchgespielt, zwei kleine Teepausen inklusive. Campino hat dreimal den Singsang abgebrochen, weil die Alkoholabhängigen an der Bühnenkante eingeschlafen waren und abtrans­por­tiert werden mußten. Das wird im Anschluß wohl ein Donnerwetter gege­ben haben, denn von hörte es sich so an, als ob das Sicherheitskonzept für die unmittelbare Fläche vor der Bühne nicht gegriffen hat. Entweder zu wenig Panikgatter oder überforderte Sicherheitsleute.

Das Set wurde davon abgesehen routiniert und tadelsfrei runtergespielt, bei der Menge an Liedgut, was den Toten Hosen mittlerweile zur Verfügung steht, nicht immer eine leichte Entscheidung. Kracher, die immer funktionieren, waren mehr als genug enthalten. "Far far away", made by Slade, in einer Adaption der Toten Hosen, mit extra langen Riffs, das war eine Neuvorstellung und wurde der eingekauften Strommenge gerecht. Lecker Hörgenuß.

Es sei auch erwähnt, daß das zum Jahresausklang 2012 in der Berliner Max-Schmeling-Halle doch eine Nummer besser war. Doch das war vor langer Zeit, zumal das gerade gehörte Konzert soundso immer das beste ist, also einfach nur geil.