10. August 2013

eine milde Gabe Doping von der Gesangslehrerin

Wie huldigt man einer Dame, die gegen Huldi­gun­gen immun ist, sich, diese nicht gerade verbeten hat, jedoch ausbedungen, daß über dieses Thema nicht diskutiert wird. Mit ihr. Das Thema ist im besten Fall tabu. Für sie.

Zum Klang einer Harfe in ihr Zimmer einmar­schieren und Rosenblätter auf ihr Haupt regnen lassen, daß sie einer Rose gleicht, das fällt wohl aus.

Das erinnert zu sehr an russische Märchenfilme.

Darin kündigt die Harfe immer an, dass jemand anfängt zu träumen.

Im Hausflur alleine ein jubelnd Spalier bilden, ist auch irgendwie blöd.

Dabei ist jeder Mensch für Schmeicheleien empfänglich. Nur wie, das ist ein Problem, daß ich bisher nicht habe lösen können und sicher auch nicht lösen werde, denn ich lege es schon lange nicht mehr darauf an, es mir mit Absicht zu verscherzen. Ergo wird das Thema Personenkult, von Ausnahmen mal abgesehen, weiträumig umschifft, um mir nicht den Zorn der Dame zuzu­zie­hen.

Doch der Reihe nach, wie es sich für einen Beitrag von Die Anmerkung+ gehört. Heute: Der ungewöhnlich Patient.

Ab und zu läßt sich dieser Patient ähnlich der Wirtschaft seinen Wohlfühlindex durchmessen, der nichts übers Wohlfühlen sagt, zumindest nicht dem Patien­ten, denn der bemißt es an anderen Kriterien, der aber doch ein wichtiger Indi­kator der Wohlfühlerei ist, also nicht beiseite geschoben werden kann, als sei gar nichts. Oder er mißt ihn selber Pi mal Daumen und fertigt Expertisen darüber an.

Der ungewöhnliche Patient schlich auf die Behandlungsliege der Gesangs­lehre­rin, um schweißgebadet seine Paranoia abzuarbeiten, was bei 30 Grad voll­kommen anstrengungsfrei und ohne Pedalstrampelei geht, denn nur vom Nach­denken alleine steht einem schon der Schweiß auf der Stirn, auch wenn da weiter nichts als die Synapsen klappern.

Nach einigen Sangesrunden bemerkt der ungewöhnliche Patient, daß ihm der Lebenssaft zur Neige geht, er sich wohl auf dem Weg ins Zwi­schen­­reich befin­det, was nicht weiter stört, denn alsbald fühlte er sich platt­gewalzt wie ein Breitmaulfrosch, mit Armen und Beinen so lang wie Spargel und fett wie ein Briefmarke. Wenn ein Gigaliner über einen drüber fährt, dann geht ob Breit­mäuligkeit nichts mehr außer ein geröchteltes, zum Ende hin gehauchtes Iiih. Der Kammerton A war einmal.

So muß er wohl sein, der Übergang von dem einen in den anderen Aggregat­zustand, wenn das Elixier, das uns in die Gänge bringt, uns in Bewegung hält, zu Äther kondensiert und nur noch Bewußtseinsfetzen in uns wabern läßt.

Doch dann fiel dem Patienten auf, daß doch noch Leben in ihm ist, denn er sinnierte ja über das platte Froschsein nach, konnte zwar nichts zucken, aber in Gedanken rucken. Also waren noch ein paar Milliliter Lebenssaft übrig, die die lebenserhaltenden Funktionen sicherten bis das Stoppwort kam.

„Gut."

Es dauerte ein paar Sekunden, bis Körper und Geist sich auf den langen Weg vom Dämmerzustand zurück ins Diesseits machten.

„Haben sie auch gemerkt, wie mir langsam aller Lebenssaft dem Körper ent­fleuch­te?", fragte der Sangesbruder die schöne Maid noch, ehe er vondannen schlich. Sie gluckste zufrieden vor sich hin, da er sich, zwar langsam doch offensichtlich, vom Breitmaulfrosch in ein menschliches Wesen wandelte, derweil der ungewöhnliche Patient bei sich dachte:

Mein liebes Frollein Gesangslehrerin, jetzt lassen sie es zum Ende der musi­schen Erziehung hin aber noch mal richtig krachen. Jetzt bekommt man zur Vervollkommnung der Sangeskunst noch gratis eine Reise zum Mittelpunkt meditativer Entspannung hinzu.

Schaden kann es ja nicht, wenn man fit da oben ist.

Einen Tag später.

Die Arzthelferin schwätzte und schwätzte, avisierte ein neues Doping­mit­tel, das alsbald eingeworfen werden könne, so die Dopingkommission die Zustimmung erteilt, dann wurden schnell noch die Meßwerte erfaßt und beiläufig die Ansage gemacht, daß die Messung sensationell gut ist.

Nehmen wird die Befragung der Geschäftswelt und setzen eine Werteskala von 0 bis 10 voraus, wobei 1 kurz vor dem Abtritt, die 0 selbiger und die 10 ein Spaziergang im siebten Himmel wäre, dann läge der ausgefragte Wert bei sagen wir mal 5 oder 6, selten bei 7, was schon fast dem Ausflippen nahekäme, als wenn man 10 Euro in den Lottoladen getragen hätte und 7 Euro wieder mitnehmen darf, weil da von letzte Woche noch ein Dreier offen war.

Das alles ficht die Doktorei nicht an, da zählen nur exakte Messungen, kein Geschwafel a la Wirtschaftskapitäne, die alle Nase lang behaupten, ihne gehe es schweinegut, was man ihnen auch unbesehen abnimmt. Der Wert liegt dann 1 Punkt über dem virtuellen Lottogewinn, pegelt so um die 8, was ein meßtechnisch eigentlich nicht erreichbarer Wert ist, der trotzdem angezeigt und somit auch erarbeitet wurde.

Tja, sag der Patient, das war ich nicht, das war die Gesangslehrerin, bei der ich mich am Tag vorher durch diverse Tonlagen hangeln mußte, wobei die Mehr­zahl schon fraglich ist, da es sich eher um eine oder eine halbe handelt, da das Tonspektrum doch arg begrenzt ist.

Dann funkt der Doktor auch schon durchs Sprechgerät der Patient solle gleich rüberkommen und den Meßbogen mitbringen. Er schaut selber nochmal drauf und meint dann:

„Da erzähle ich immer allen Leuten, die Krankheit ist nicht heilbar, dann kommen sie und beweisen das Gegenteil."

Der Patient konnte den den Arzt sofort beruhigen und schlug vor, man möge schnell mal eine Radeltour unternehmen, da wüßte er ein paar vorzügliche Stellen, wo die Richtigkeit der ursprünglichen Auffassung anschaulich de­mon­striert werden kann. Ein knackiges Intervalltraining im Treppenhaus ginge auch.

Es wurde dann noch ausführlich Sinn und Zweck des Gesangsunterrichtes dargelegt, was dem Arzt so neu nicht war, denn daß Gesang der Stärkung der Stimmeskraft, Aufspreizung des Brustkorbes und Stimulierung der Atem­mus­ku­latur dienlich ist, das predigt er ja schon immer.

In den Befund hat er dann sinngemäß reingeschrieben:

Patient schiebt Wunderheilung auf das Doping durch seine Gesangslehrerin.

Forschung sei die beste Medizin, heißt es zuweilen. Der ungewöhnliche Patient kennt eine bessere, eine Hexenmeisterin der Physiomagie. Eine milde Gabe Doping, während der Gesangsstunde im Kammertonstudio A verabreicht, das hat was.

Doch wie man einer Frau mit solcher Gabe huldigt, das weiß der Patient immer noch nicht.