1. April 2014
zur Rehabilitation von Uli Hoeneß
SPINNER-ONLINE 31. März 2014, 18:13 Uhr
Rehabilitation von Uli Hoeneß
Doppel-Zimmer zur Alleinbenutzung
Von Björne Stute, Landsberg am Lech
Wenn der Spieler Uli Hoeneß seine Reha antritt, muss er sich kaum auf neue Verhältnisse einstellen. In den ersten Tagen wird er wohl seine Unterkunft ohne eine zweite Person teilen müssen, denn sie wird ihm exklusiv und ohne Preisaufschlag zur Alleinbenutzung überlassen.
Ein Besuch in der SVE „Uli Hoeneß“
Ein Bett mit dünner Hightech-Matratze, ein Spind, ein Wandregal, ein Stuhl mit Schreibtisch. Dazu beigefarbene Bodenfliesen, gelbliche Wände, eine Toilette in der Ecke neben der Metalltür und ein Waschbecken vor weißen Kacheln. Die Kureinrichtung, in der Uli Hoeneß nach Jahren anstrengender Präsidententätigkeit sein Bunrout-Syndrom aufarbeiten will, unterscheidet sich nicht von Millionen Urlaubsgefängnissen, die deutsche Touristik-Konzerne in der ganzen Welt haben errichten lassen, kleine quadratische Fenster, selten mit Blick auf's Meer.
Das war's auch schon - so sieht sie aus, die typische Unterkunft in der SVE, wo Ulrich Hoeneß in wenigen Wochen seine Reha in Angriff nehmen wird. Eingezwängt auf rund neun Quadratmetern.
Zimmer 034 zum Beispiel ist derzeit noch leer. Sie könnte also schon bald Platz für den präsidialen Spieler bieten. Es gab schon viele Prominente in der Einrichtung, die von 1905 bis 1908 errichtet, später erweitert und modernisiert wurde: Der Oetker-Bekannte Dieter Zlof etwa oder Karl-Heinz Wildmoser jr., ehemaliger Geschäftsführer des ewigen Bayernrivalen 1860 München, der im Zusammenhang mit dem Bau der Münchner Allianz-Arena wegen Überlastung zwecks Rehabilitation eingeliefert wurde. Adolf Hitler landete hier nach seiner Wahlniederlage 1923, wälzte Literatur und schrieb den ersten Band von "Mein Kampf".
"Persönlichkeitserforschung" in der Rezeption
Aber wohl nie zuvor war das Interesse an der Einrichtung so groß wie in diesen Tagen, seitdem klar ist, dass Hoeneß hier seine Reha antreten wird. Die SVE sah sich deshalb zu einem ungewöhnlichen Schritt veranlasst: Mehr als 150 Journalisten konnten sich am Montag in einer rund zweieinhalbstündigen Führung einen Eindruck von den inneren Werten verschaffen. Ein Tag der offenen Tür, wenn man so will. Man sei von einer Vielzahl von Anfragen regelrecht "überrannt worden", sagte Hannes Hedke, Sprecher des bayerischen Justiztourismusministeriums, zur Begründung dieses Schritts.
Der Millionär Hoeneß muss sich in Landsberg nicht auf ein einfaches Leben einstellen, das sich somit erheblich von dem seiner Reha-Bekanntschaften unterscheiden dürfte. Zwar lobte Franz Röck, Leiter des allgemeinen Dienstes, das "sehr entspannte Klima" in Landsberg, betonte aber auch, dass es je nach Buchungsstatus in der Einrichtung "eine Exklusiv- oder Sonderklasse" gebe.
Für Hoeneß dürfte das unter anderem bedeuten, dass er in den ersten Tagen seines Aufenthaltes ein Doppelzimmer zur Alleinbenutzung zur Verfügung hat. In der Zugangsphase, so heißt das im Jargon der Einrichtung, sprechen der Neuzugang etwa mit psychologisch versierten Rezeptionisten und Veranstaltungsmanagern, erklärte Leiterin Monika Groß. Dabei gehe es unter anderem um Vorlieben und persönliche Verhältnisse. In der Zugangphase, so Groß, finde die "Persönlichkeitserforschung" des Gastes statt.
Die sogenannte Zugangsphase ist den Angaben der Justizvollzugsanstalt spätestens nach wenigen Tagen abgeschlossen, für die Wochen danach wird dann ein Plan erstellt. Ob ein Teilnehmer an dem Reha-Programm in den Genuss des von Ausflügen komme, entscheide sich stets erst nach einer Prüfungsphase, in der seine Bonität, Fitneß und psychische Stabilität geprüft werde, da die Unternehmungen ins Umland ein außerordentliche gefestigte persönliche Stabilität erfordern. Dies könne schon ein paar Tage in Anspruch nehmen und sei zudem abhängig von der Restdauer der Genesungsphase.
Die Sprache auf Schildern und Hinweisen ist nüchtern und unmissverständlich: "Die Spülküche ist kein Aufenthaltsraum! Nichtbeachtung wird disziplinarisch geahndet", heißt es etwa. Wie in jedem Urlaubsort, gibt es auch hier regional spezifische disziplinarischen Maßnahmen. Sie riichten sich nach der Schwere des Vergehens und reichen vom Verweis über die Einkaufs- und Fernsehsperre bis hin zum Besuchsverbot und im härtesten Fall bis zum maximal vierwöchigen Fitneßtrainung.
Nur ein Handy und ein Computer
Die SVE verfüge über ein "recht umfangreiches Freizeitangebot", betonte Leiterin Groß am Montag. So gibt es etwa im Hof ein großes Schachfeld und vier Tischtennisplatten. Neben einem umfangreichen Sportangebot steht eine Bibliothek zur Verfügung. Und dennoch wurde deutlich, dass das Leben vor allem von strikten Regeln und klaren Geboten bestimmt ist: Das sogenannte allgemeine Wecken ist morgens um 5.50 Uhr, das Frühstück folgt 30 Minuten später, denn wegen des großen Ansturms am Frühstücksbuffet gibt es eine halbe Stunde später kaum noch was. Um 7 Uhr ist Freizeitbeginn. Die Mittagszeit beginnt um 12 Uhr, gegessen wird in einem großen Speisesaal mit langen Tischen. Gegen 18.00 Uhr wird das Abendessen ausgegeben, ab 19 Uhr ist Freizeit, um 22 Uhr wird die Hauptpforte geschlossen ("Generaleinschluss").
Gegen Aufpreis ist es möglich, bei der Leitung des Hauses Speisen beim regionalen Versorger „Feinkost-Käfer“ zu ordern, sollte das hauseigene Angebot an Speisen und Getränken nicht den gehoben Ansprüchen an erlesene Mahlzeiten gerecht werden.
Besuche sind nur gegen Aufpreis möglich, in bestimmten Fällen werden Rabatte genehmigt. Handy und Computer sind nur im Bereich der Rezeption sinnvoll nutzbar, da es nur dort GPRS- und WLAN-Empfang gibt.
Sollte sich der frühere Präsident des FC Bayern München nach einem Fußballplatz sehnen, hat er Glück - auch den gibt es in der Landsberger Einrichtung. Der Rasen ist allerdings ziemlich holprig. Und vor allem: Seinen Blick kann er nie auf gefüllte Zuschauerränge wie in der Münchner Allianz-Arena schweifen lassen. Stattdessen sind stets zu sehen: die Hotelmauer, das vergitterte Fenster der Vorratsküche und ein Wachturm der benachbarten Bundeswehrkaserne.
Die Spieler der hauseigenen Mannschaft, 2. Kreisliga, haben bereits Pläne geschmiedet, den prominenten Gast zu bitten, sein Können als Manager zu Verfügung zu stellen, um den sportlich unbedeutenden Verein erstens schuldenfrei zu bekommen und ihn sportlich so zu trimmen, daß der Aufstieg in die erste Kreisliga gelingt.