Je mehr Details aus den Gerichtsakten am Münchner Staatstheater bekannt werden, desto weniger wundern wir uns über unseren Erklärbär vom 8. November 2011. Dort erklärt uns die Sendung mit der Maus in Kurzform, was jetzt mit großem Aufwand nicht aufgeklärt wird. Wir haben nur minimale Fehler gemacht, 4 Tage nachdem Uwe und Uwe in einem Wohnmobil zu Tode gekommen wurden.
Wir machen weiter mit unserem knackigen Degeto-Zweiteiler, dessen erster Teil etwas traurig ausgeht, weil eine Polizistin ermordet wird. Doch im zweiten läuft Veronica Ferres zu Bestform auf und löst den Fall in jedem Fall.
Wobei, eigentlich können wir den Plot gleich mit dem Mord an der Polizistin beginnen. Dann ist mehr Zeit für die Dramen danach.
Das Leben ist nichts weiter als das Sammelsurium von Zufällen. Es gibt keine Kausalkette, die exakt diesen und jenen Lebenslauf vorzeigt. Der Flügelschlag eines Schmetterlings in der zentralchinesichen Wüstenrandregion kann weit entfernte Ereignisse nachhaltig beeinflussen. Insofern ist die Frage für den Dramaturgen wichtig, wie die Polizistin auf den Pausenplatz gekommen ist, um eine Vesper abzuhalten. Wir präferieren ja eine Verschwörung von Gangstern, die sie da hin gelockt haben, weil sie am Vormittag etwas gesehen hatte, das sie nicht hätte sehen sollen dürfen, so daß aus Gangstersicht Gefahr in Verzug war.
Denkbar ist auch eine Konstellation, die mit ein paar Sendeminuten Herzschmerz, Reue und Verzweiflung gefüllt werden könnten. Der Chef der inneren Schweinereien hatte eine Ahnung, daß da was am Laufen war und bat seine verdeckt ermittelnde Kollegin, so es geht, in der Urlaubswoche unbedingt eine Schicht zu ergattern, um eine Augenzeugin des Geschehens vor Ort zu haben. Das führte dann dazu, daß sie gesehen und exekutiert wurde.
Das wird die Produktion entscheiden müssen. Was mehr Sendezeit verbaucht und den Dreh kaum weiter bringt, das fliegt raus.
Für alle jene, die neu hier sind, einen kurze Zusammenfassung, was unser Plot an Spannungsbögen abzuhandeln hat, damit die Degeto auch die Knete rausrückt.
Eine Polizistin wurde exekutiert, weil sie am falschen Ort war, als Geschäftspartner eine Tonne Koks umluden.
Den betroffenen Polizisten wurden nach dem Anschlag einige wenige Gegenstände gestohlen, u.a. die Dienstwaffen, die kurz darauf jedoch als Gegenleistung für eine andere Leistung wieder bei den Geschäftspartnern einflogen oder sogar beim Waffenwart der Polizei abgegeben wurden, zumindest was das Messer betrifft. Steht so in den Gerichtsakten. Das ist jetzt nicht unsere Idee. Die kupfern wir mal aus dem richtigen Leben statt der Phantasie.
Die Ermittlungen in dem Mordfall wurden erfolgreich hintertrieben, da die Gangster über sehr gute Beziehungen in die Polizeibehörden des Landes verfügten.
Einige Jahre später übernahm einen energische Polizistin, Veronica Ferres, das Referat für innere Schweinereien und entschied, daß den Ermittlungen wieder mehr Priorität einzuräumen ist, der Fahndungsdruck erhöht wird, denn es kann ja wohl nicht sein, daß alle möglichen Beziehungsprobleme als Motiv abgeklopft wurden, die entscheidenden allerdings nicht, die dienstlichen Beziehungen. Hundertschaft zum Verhör, war die Losung des Tages.
Das schwieg sich natürlich bis zu den Gangstern rum, die immer noch vorzüglich mit Polizeikreisen verbunden waren, aber nicht mehr ganz so gut, daß diese Welle der Verhöre hätte zielgerichtet torpediert werden können.
Zu deutsch, die Täter drehten durch, da sie eine Dampfwalze auf sich zurollen sahen, die nicht mehr aufzuhalten war.
Hier kam wieder ein Zufall in die Quere. Einer der Beteiligten traf in seinem Urlaub auf der Ostseeinsel Fehmarn auf Menschen, die früher mal zur Fahndung ausgeschrieben waren, recherchierte den Leuten hinterher, er konnte ja auf polizeiliche Dienste zugreifen, und stellte fest, daß die Personen unter falsche Identität ein schnödes bürgerliches Leben führten. Der entscheidende Punkt war aber, daß niemand nach ihnen suchte. Niemand vermißte sie.
Der Plan war fertig. Die drei werden in eine Falle gelockt, ihnen werden die Dienstwaffen der Polizisten untergejubelt, und so ist der 4 Jahre zurück liegende Mord endgültig ein Fall für die Aktenablage, da geklärt.
Shit overload. So clever sich die Täter den Plan auch ausdachten, so fehleranfällig wurde er vollzogen. Wir haben damals, am 8.11. eigentlich alles richtig aufgeschrieben. Verfassungsschutz ersetzen wird durch Gangster, Uwe und Uwe durch Mordopfer und als Motiv des Doppelmordes führen wir im Krimi die Vertuschung einer Straftat ein, den Mord an der Polizistin.
Wenn unbescholtene und honorige Bürger kriminell werden, dann verhalten sie sich auch wie Kriminelle. Sie machen Fehler. Tausende.
Der erste passierte im Wohnmobil. Zeitdruck. Die Polizei war informiert, sie mögen ein brennendes Wohnmobil suchen, da sind die Bankräuber drin. Geplant war aber, daß bei Eintreffen der Polizei nur noch ein Haufen Asche und das Chassis des Kastenwagens vorgefunden werden sollte, nebst ein paar Mitbringseln, die die als Aschehaufen rumliegenden Leichen als Täter des Polizistenmordes auswiesen.
Das ging schief, denn die Feuerwehr war viel zu schnell vor Ort und löschte den Brand so, daß mehr als genug Spuren über waren, die das Ganze als große Schummelei auswiesen. Ergo transportierte man das Gefährt in aller Seelenruhe ab, um es nachträglich als Täterfahrzeug zu präparieren.
Wir werden der Frau Ferres eine weitere Spur mitgeben, über die es nachzudenken lohnt, denn in unserem Film geht es nicht nur um Psycho, sondern auch um Action. Das Budget gibt es her, ein Wohnhaus mit großartigem Feuerwerk in Szene zu setzen. Stunt-Team und quotengeiler Regisseur sind begeistert.
Wozu muß aber so ein Wohnhaus in die Luft fliegen? Das ist die Frage an die Ferres, über die sie mal nachdenken soll. Die Täter sind doch tot, die Polizistenwaffen gefunden. Klappe. Finale.
Doch 4 Stunden nach dem Wohnmobil-Debakel wird es einen kräftigen Rumms geben und ein Wohnhaus wird gesprengt. Genau. Für unseren Film benötigen wir aus dramaturgischen Gründen eine Sprengung.
Warum ist das so?
Die Opfer waren ausgekuckt, doch es gab ein Problem. Sie waren mobil, ständig auf Achse. Mußten verfolgt werden. Mit dem unsichtbaren GPS-Tracker kein Problem, für das Finale schon, denn es ließ sich nicht exakt planen.
-----
An der Stelle wieder eine kleine theoretische Überlegung. Wie schafft man es an sehr mobilen und nicht greifbaren Opfern dranzubleiben, um sie zu einem exakt gegebenen Zeitpunkt uns Jenseits zu befördern, wobei dieser Zeitpunkt nicht genau vorhersehbar ist? Wie schafft man das, ohne Spuren zu hinterlassen? Immerhin kann die Rundumbeschattung drei oder vier Tage dauern. Einen nachvollziehbaren Pensionsaufenthalt mit erinnerungswürdiger Mäkelei am miesen Essen möchte man da nicht riskieren.
Genau. Man mietet sich ein Wohnmobil oder umgebauten Sprinter, der einen gewissen Komfort bietet, packt die Elektronik und Verpflegung für 5 Tage ein und heftet sich an die Hinterreifen der auserkorenen Opfer. Irgendwann schreit der Regisseur Action und ab da geht alles schief.
-----
Wieviel Leute braucht man eigentlich, um so ein Unternehmen durchzuziehen? Das dreckige Dutzend? Weniger. Maximal 4. Zwei hängen wechselnd an den späteren Mordopfern und zwei sammeln das Material, mit denen die Tatorte präpariert werden, bzw. präparieren die Tatorte.
Nun kommt der nächste Fehler, der gemacht wurde.
Gartenkolonie, Laube brennt. Feuerwehr löscht, findet Leiche. Oha, sagt sich der Brandermittler als erstes. Hier wollte jemand einen Mord vertuschen, ich sehe ja gar keine geschmolzene Kaffeemaschine. Richtiges Vorurteil, denn das Ergebnis wird in der Obduktion bestätigt, keine Rauchgasablagerungen in den Atemwegen, dafür satt Blei im Körper, sicherheitshalber noch ein Messer im Rücken und Arsen als Henkersmahlzeit.
Für unser Feuerwerk im Film benötigen wir also einen Feuerwerker, einen der sein Handwerk versteht, der darin ausgebildet ist und der die Effekte für das Ganoventeam generiert. Und voilà, schon haben wir einen logischen Bruch im Filmscript vermieden.
Und genau deswegen braucht es auch 4 Stunden Zeit zwischen Wohnmobilbrand und Hausexplosion. Der Feuerwerker hatte erst das Wohnmobil kunstvoll in Szene zu setzen und abzuwarten, ob es funktioniert und mußte dann zum nächsten Ort für special effects transportiert werden.
Und welcher Fehler, Frau Ferres, welcher Fehler ist unserem Feuerwerker dort unterlaufen?
Genau. Er hat die Wohnung wie ein Feuerwerker präpariert, als grundsolide deutsche Wertarbeit. Da läßt sich der Feuerwerker nichts nachsagen. Er wollte eine kontrollierte Sprengung und bekam eine kontrollierte Sprengung. Er kann nichts anderes, als kontrollierte Sprengungen zu präparieren. Gelernt ist gelernt.
Und deswegen war auch dieser Beweismittelort bei genauerer Betrachtung ein sehr deutlicher Hinweis auf eine Straftat zur Vertuschung einer anderen Straftat. Genau das ist es, was wir damals aus der Ferne gesehen hatten, was Profis regelrecht ins Auge fällt. Die Beweise wurden nachfolgenden Ermittlern als Tablett serviert, weil es sich im Grunde um eine präzise Sprengung mit genau dem nicht gewünschten Schaden handelte. Es blieben zu viel Beweise über, die an eine Täterschaft einer Katzenliebhaberin zweifeln lassen.
Der Fehler war, daß sich der Brandleger und -beschleuniger in beiden Fällen wie ein Profi verhielt, weil er Profi war und nie etwas anderes gelernt hat. Er kann keine Atombombe, dreist wenn die Lage kriminell ist.
Nun könnte man uns in der Drehbuchbesprechung vorwerfen, daß es es ja auch umgedreht ginge, erst das Wohnhaus und dann in aller Seelenruhe die ausgesuchten Opfer. Geht wegen deren Mobilität nicht, denn ab Wohnhaussprengung wäre nur ein kleines Zeitfenster über, was den Plan mit einem Banküberfall höchst unsicher macht.
Lieber umgedreht. Die Opfer waren schon tot. Banküberfall. Wohnmobil anzünden. In die entfernte Stadt fahren, Haus sprengen. So einfach ist das manchmal, was sich Kriminelle ausdenken.
Also Frau Ferres, suchen sie den Feuerwerker oder jemanden, der profunde Sprengkenntnisse aufweist, die er auch beruflich einsetzt. Das wäre unser Tipp für den zweiten Teil, denn genauso einen, der so präzise Feuerwerkt wie im richtigen Leben, so einen brauchen wir auch für den Film, das spart Geld.
Was das alles mit den Bankräubern zu tun hat? Nun, auch die Spurensucher beim BKA sind knapp bei Kasse und haben auf die Schnelle all jene Ausrüstungsgegenstände beim KiK besorgt, die als Beweis für einen Bankraub tauglich schienen. Halloween war gerade vorbei, die Masken gab's im Ausverkauf. Die Schlabberhosen sehen zwar anders aus als jene auf den Bilder der Überwachungskamera, aber so genau schaut da eh keiner hin. Der Hoodie ist ebenfalls anderer Bauart. Und da Wohnmobil und gesprengtes Haus gar nicht mehr zugänglich waren, um all das an den richtigen Fundstellen zu hinterlegen, damit es dort fotografiert werden kann, hat man die Gegenstände, die als Beweismittel nachgereicht werden mußten, in der Polizeiumkleide frisch gewaschen und mit Preisschild und Kleiderbügel von KiK an die Wand gehangen und fotografiert. Merkt ja keiner.
Admin: es gibt kein einziges Foto von den Klamotten dort wo man sie gefunden haben will. DAS ist der Punkt. Hinterher auf nen Bügel hängen und ein Foto machen kann Jeder. Sept 7, 2014 22:46:02 GMT 1
Solche Schlingel aber auch, die das hohe Gericht unter Führung von Götzl hinters Licht führen wollen.
Es gibt kein einziges Foto von der Auffindesituation der Bankraub-Klamotten.
Damit da keine Missverständnisse aufkommen:
Es ist nicht nur die falsche Sturmhaube, es sind auch andere "nachempfundene Bankräuberklamotten", die nicht so genau passen wollen.
Ihr braucht jetzt gar nicht erst im Internet suchen, ob Götzl-Groupie Friedrichsen das auch bringt. Die bringt das nicht, denn solche Feinheiten der Wahrheitsfindung übersteigen dann doch ihren Horizont.
[update]
Konversation auf der Massageliege.
Na? Haben sie ihren Krimi schon fertig?
Nein, ich schreibe doch gar keinen. Ich entwickle einen passablen Plot, der geradlinig und auch für einfache Gemüter nachvollziehbar ist. Immer das, was mir gerade so in den Sinn kommt, wozu ich Lust habe. Das alles auf 500 Seiten auszuwalzen, da bin ich viel zu faul für.
Die hier dargelegte Fassung wurde wie geschrieben von einem einfachen aber krimiaffinen Massagegemüt in der Hörfassung akzeptiert.
Sie ist gespannt, wie sich der Teil mit dem Bankraub in Arnstadt entwickeln wird.
Mittlerweile akzeptiert die Dame den Clou: Den NSU hat es nie gegeben. Vielleicht waren es wirklich Polizeigangster, die eine Menge Dreck am Stecken haben. Als Krimi funktioniert das.