Rache soll man kalt genießen. Es kommt der Tag, an dem die Verletzung nur noch ein Narbe in der Erinnerung ist, eine Narbe, die man ab und zu spürt. Dann ist die Stunde gekommen, seine Mission zu Ende zu führen. Mit kühlem Verstand und kaltem Herz vollendet man das, was zu vollenden ist. Man ist weit weg von dem Thema. Es geht einen nichts mehr an, ist lange her. Nur vollbracht muß es sein, das Gesamtwerk.
Danach setzt man sich irgendwo hin, trinkt eine Kaffee, oder auch zwei, starrt auf den Ozean und die schönen Beine der Frauen, die auf der Strandpromenade flanieren, überlegt, ob man noch Bad im kühlenden Naß nimmt, ein gutes Buch liest oder mit seiner Lieblingsmusik ein Date vereinbart.
Kalte Rache ist etwas für Individualisten, für präzise Arbeiter, Buchhalter der Lebensbilanz, denn sie muß stimmen. Unterm Strich. Ein Minus kommt nicht in Frage, ein Plus ist uninteressant.
Rache schmeckt auch warm sehr gut, wenn es die Gelegenheit hergibt. Das Blut ist noch frisch und heizt das Gemüt auf, als es die Sensoren der Fingerkuppen reizt. Warmes Blut pumpt das nötige Adrenalin in jede Ecke des Körpers, wo es gebraucht wird. Es wird viel davon gebraucht, jetzt, sofort, denn es war mal die eigene Frau, die man ihm in sein Bett gelegt hat. Mit durchgeschnittener Kehle. In diesem Moment ist er der einzige Mensch, der weiß, daß er es nicht war. Er ist on the run, denn die Cops sind immer ein oder zwei Meter hinter ihm.
Er hat keine Zeit, die Rache auf später zu verschieben, denn die Polizisten wollen seinen Skalp. Entweder er selber fängt die Gangster oder er ist tot. Selbst ist der Mann.
Nach Längen und Tiefen und gut 90 Minuten später ist auch in ihm die Erkenntnis gereift, daß man Rache kalt genießen muß, denn erst dann hat sie den richtigen Geschmack. Seine Tochter hatte ihn mit einem Blick davon abgehalten, dem Mörder das Hirn aus dem Schädel zu blasen.
"Du hast gute Anwälte. Ich weiß. Irgendwann kommst du wieder raus. Dann finde ich dich. Egal, wo du dich versteckst. Und dann sehen wir uns wieder."
Es reichte in diesem Augenblick noch für einen kräftigen Hieb mit dem Pistolenknauf, auf daß der Mörder in den Tiefschlaf versank.
Luc Besson hat schon bessere Filme produziert, ist nie wieder an "Leon - Der Profi" rangekommen. Doch für kurzweiliges, ab und zu strunzlangweiliges, hin und wieder viel zu schnell geschnittenes Verbrauchskino reicht es noch.
Erstaunlicherweise bot Forest Whitaker die solideste Leinwandleistung, auch wenn sich Liam Neeson wie gewohnt die Hälfte der Spielfilmzeit durch den Plot karatet. Das hat den Vorteil, daß er kaum die Schußwaffe, die er sich kurz vorher immer ausborgt, anwenden muß und trotzdem jeden Russen niedermacht, der sich seiner warmen Rache in den Weg stellt.
Wer die Teile 1 und 2 von "96 Stunden - Taken" gesehen hat, wird auch am Teil 3 seinen Spaß haben. Wer den Film nicht anschaut, verpaßt so viel auch nicht.
Das Kino war in der ersten Vorstellung dieses Films etwa zur Hälfte gefüllt.
Einen Sinn, eine Botschaft, sowas dergleichen, hat der Film nicht. Sinnsucher sind im Kinosaal falsch aufgehoben.