21. April 2015

NSU: im Internet wurde behauptet

Wir nutzen heute die Gelegenheit, um den Lesern des Blogs die deutsche Propagandaagentur (dpa) und Produkte vorzustellen, die sie für viele Eurotaler an ihre Kunden verhökert.



Im Internet wurde behauptet, dass der Verstorbene Ähnlichkeit mit einem Mann habe, der am Tag des Kiesewetter-Mordes auf der Heilbronner Theresienwiese gesehen worden sei. Die Polizei konnte dies bislang nicht verifizieren.

Es wäre für die Ersteller der Blogrätsel eine großes Vergnügen, die Liebhaber kniffliger Rätsel mit einer fast unlösbaren Recherche zu beglücken. In diesem Wissen lösen wir das Rätsel des Internets gleich selber. Es geht darum, wer dieses Internet ist, das einfach mal so was behaupten kann, und wo es sich befindet.

Das Internet ist die Akte Heilbronn, die den Mord zum Nachteil Michelle Kiesewetter und den Mordversuch an Marin Arnold in dutzenden Ordnern behandelt. Exemplarisch greifen wir mal drei dieser Ordner heraus.


Quelle: Akte Heilbronn, Ordner 26, S. 527

Folgeermittlungen ergaben, dass CHRIST offensichtlich zu Personen Kontakt hatte, die sich nachweislich am Tatort auf der Theresienwiese aufgehalten haben.

Hier haben wir einen ganz klare Aussage der Ermittler. Es gab Personen, die sich nachweislich am Tatort aufhielten. Zu denen hatte Arthur Christ Kontakt.


Quelle: Akte Heilbronn, Ordner 34, S. 122

Erstellung einer Tathypothese, bei der ein wesentlicher Bestandteil war, dass der verstorbene Arthur CHRIST eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Phantombild der Loreta ECKERT aufwies.

Das ist immer noch kein Internet, sondern schon wieder die Ermittler der Polizei mit einer in den Akten festgehaltenen Behauptung, bzw. Feststellung. Loreta Eckert hat ein Subjektivporträt erstellen lassen, das nach Auffassung der Ermittler einen verblüffende Ähnlichkeit zu Arthur Christ aufwies.

Es handelt sich um den vom SWR-Fernsehen aus der Quelle NSU-Leaks zu bester Sendezeit verbreiteten Screenshot.



Da haben wir also einen ersten Hinweis auf eine Quelle, NSU-Leaks. Die haben es aber gar nicht behauptet, sondern lediglich im Jahre 2014/15 diskutiert, was die Ermittler 2009ff in ihre Leitzordner abhefteten.


Quelle: Akte Heilbronn, Ordner 53, S. 137

Ein zu lebenslanger Haft verurteilter Mörder, der von den Ermittlern als Vertrauensperson behandelt wird (VP), also in den Akten anonymisiert ist, sagte aus:

Arthur Christ (sei zufällig auf der Theresienwiese gewesen, als die Tat passierte und sei Zeuge. Beim Wegrennen habe ihn jemand gesehen, weshalb er sterben musste.) Sein Tod wurde von Vogel angeordnet.

Der Ordner 53 behandelte als Tathypothese wesentlich die Abwicklung eines Heroinschmuggels, in dessen Folge der Mordanschlag auf Kiesewetter und Arnold verübt worden ist. Er enthält möglicherweise zu großen Teilen das Drehbuch für einen Tatort, Knastlatein oder Dostojewskis phantastische Märchen, wurde von den Ermittlern allerdings sehr ernst genommen.

Fassen wir zusammen. Das Internet behauptet gar nichts. Die von der dpa unterstellten Aussagen sind sämtlich in den Akten zum größten Naziprozeß aller Zeiten nach Nürnberg enthalten und Resultat harter Ermittlungsarbeit.

Die dpa verkauft ihren Kunden Lügen.