Wolfgang Schorlau hat einen Krimi gschrieben. Es ist sein achter Georg-Dengler-Roman "Die schützende Hand" (Deutschlandradio Kultur).
Wolfgang Schorlau recherchiert aufwendig. Auch für den neuesten Fall seines Privatdetektivs Georg Dengler. "Die unsichtbare Hand" heißt der Fall und die Fakten für diesen Krimi liefert der Nationalsozialistische Untergrund, kurz NSU.
Ja, der NSU ist schon ein komplizierte Sache, mal ist es eine schützende Hand, die Aufklärung verhindert, mal die unsichtbare, die einen Döner ermordet. Da durchzusteigen, hilft nur ein Krimi.
Kommen wir zum Schluß vom Verriß.
Schorlau tappt in eine Falle, die häufig auch bei der journalistischen und parlamentarischen Aufarbeitung des NSU droht: In der Konzentration auf die Behörden bleibt eines auf der Strecke: der Rechtsextremismus.
Nein, Schorlau ist definitiv nicht in eine Falle getappt, denn er hat einen Krimi geschrieben. Wenn überhaupt, dann kann er Fehler begehen, die bei dem Genre besser vermieden werden. Die Vermeidung von Rechtsextremismus ist eines Krimiautors gutes Recht, denn genretypisch kommt Rechtsextremismus in 99,999% aller Kriminalromane nicht vor.
Wenn selbst Kulturredakteure Satz 3 Artikel 5 vorläufigen Grundgesetzes nicht kennen, dann ist denen nicht mehr zu helfen. Sie dilettieren sich durchs Berufsleben. Reicht ja auch, und paßt in die goebbelsche Kulturlandschaft, in der Illustrierte den "Tatort" einem Faktencheck unterziehen.
Schorlau ist ein Ketzer, sein NSU-Krimi gehört verbrannt, weil er seinen Detektiv frei Schnauze ermitteln läßt. Er fällt der Feme der Medien anheim, da er das vom Staat vorgegebene Narrativ nicht bedient, statt sich dieses Kapitel von Herrn Professor Funke und Lutz Bucklitsch aufschreiben zu lassen.
Wenn es überhaupt einen würdigen Krimi über den NSU gibt, dann ist es zweifelsfrei und mit Abstand der Hardcoreporno, den Ulrich Overdieck aus dem Hirn gewichst hat.
Unter Gender-Gesichtspunkten ist der "Nationalsozialistische Untergrund" (NSU) interessangt: Mit Beate Zschäpe ist einer der drei Köpfe der rechtsterroristsichen Vereinigung weiblich - und auch im Prozess lassen sich Beobachtungen zu den Rollen und Unterstützungskonzepten weiblicher Neonazis machen. Dies tut Ulrich Overdieck für die Fachstelle Gender und Rechtsextremismus der Amadeu Antonio Stiftung.
Gender und Rechtsextremismus gehören zum selben Fach? Das hat was.