27. Dezember 2015

Es weihnachtet sehr? - Die Mauer muß her


Nachricht an die Mutter von Roger Waters: it was reported to me that your husband had been shot, and killed.

Es ist das wohl persönlichste Album von Roger Waters, das zum Jahres­ende in die Musikregale der Kaufhäuser gestopft wurde.

Roger Waters gehört mit seinen 72 Jahren noch zu jener Genration, die ihr Leben lang ein Kriegstrauma mit sich herumschleppten und erst im hohen Alter ihren Frieden damit gefunden haben, indem sie etwas taten, was sie vielleicht früher hätten tun sollen. Ich kenne das von anderen Menschen auch. Die haben die Erlebnisse des Krieges immer vor sich hergeschoben, sich nie damit beschäftigt. Erst zum Ende der Tage hin wurden sie wach und taten das Ihrige, um mit sich Frieden zu schließen.

Bei Waters ist es simpel. Er hat nie seinen Vater kennengelernt, denn der wurde im Krieg getötet. Dieses Trauma hat Waters oft thematisiert, dieses Trauma ist Pinky in "The Wall", dieses Trauma hat er in den letzten drei Jahren, am Rande seiner Welttournee aufgearbeitet und in ein Album gegossen, das es in sich hat.



Es ist kein normaler Konzertmitschnitt, sondern ein Agitations­film gewor­den. Der Konzertfilm, aufgenommen in Argentinien, wird mehrfach un­ter­brochen, um seinen Besuch am Grab des Vaters in Italien zu dokumen­tie­ren. Dagegen ist nichts einzuwenden, denn fotografisch ist das gelungen. Da waren echte Könner am Werk, die das alles in eine Kurzgeschichte wickelten, die dann noch zerstückelt wurde, um sie häppchenweise, über die Scheibe verteilt, darzubieten.

Als Künstler darf er das. Der Konzertliebhaber ist ab dem zweiten Mal leicht genervt, denn er muß mit der Fernbedienung in der Hand schlafen und jedes mal den Zappknopf drücken, wenn die Antikriegsbelehrung kommt. Zu diesem Aspekt später mehr und wie die Screenshots mit dem VLC entstanden sind, später mehr. Das war ein Abenteuer mit Bit und Bytes, bei dem es mal wieder richtig an die Grenzen der Erkenntnisge­winnung gehen mußte, um etliche Problemstellungen zu lösen, um am Schluß ein vernichtendes Fazit über die Softwaremafia zu ziehen.



Dem Musikliebhaber sei unbedingt die Bluray-Version ans Herz gelegt, denn die ist in Dolby Atmos abgemischt, also gefühlt 120 Tonkanäle aus allen Richtungen, so man das Geld hat, sich auf dem Fußboden an der Decke und den Seiten des heimischen Konzertsaals die entsprechenden Lautsprecher zu installieren. für alle ohne Atmos im heim reicht die 7.1 TrueHD-Abmischung auch. Da ist noch genug Tonmaterial drin, den Aufgang, in dem man wohnt, zu erschüttern.


Bei "Comfortably Numb" wurde die Kamera auch mal auf die Gesichter im Publikum gerichtet, das mit vollem Herzen und überquellendem Mund dabei war. Screenshot aufgehellt und mittels Gradation knackiger gemacht.

Bemerkenswert an der TrueHD-Abmischung ist deren dezente, ja regel­recht zurückhaltende Aussteuerung, die sanfte Führung der eigentlich krachigen Melodien, damit "Comfortably Numb" und "Run Like Hell" ordentlich rüberkommen. Das sind die beiden Referenzen, nach denen sich alles andere auf der Scheibe zu richten hatte. Der LPCM-Kanal (16 Bit/48 KHz) hingegen ist relativ stramm auf Höchstpegel gemischt worden. Krachiger Sound, auch für schmalbrüstige Ohrstöpsel unterwegs geeignet, wenn es gelingt, die Spur von der Scheibe zu zuppeln.

Wer kein Abspielgerät für Bluray-Disks hat, der kauft sich halt die DVD. Die hat dann nur Dolby-Digital und das normale Bild in PAL oder so.

Wer ausschließlich das Konzert haben will, dem bleibt als einzige Möglich­keit die Doppel-CD, denn auf der wurde auf den Agitationsteil gegen Krieg und Kriegspolitiker verzichtet. Den teil erschlägt die Musik soundso ganz locker.

Im übrigen hat Roger Waters nichts anbrennen lassen. Es handelt sich beim Soundmaterial mitnichten um einen Konzertmitschnitt, abgegriffen am Klangbrett (Soundboard), sprich Mischpult. Der alte Zuchtmeister hat die Crew ins Studio zitiert und alles solange einspielen lassen, bis auch der letzte Ton fehlerfrei in Sack und Tüten war, denn Konzertatmosphäre wird nur über die Bilder transportiert.

Egal, dem Altmeister soliden englischen Musikhandwerks sind in diesem Jahr zwei echt gute Würfe gelungen, "Amused to Death" als Musik-Bluray und nun sein Lebenswerk. Hut ab.

In einem zweiten Teil werde ich darstellen, wie man die Bluray-Scheibe am PC nutzbar macht und für seine persönlichen Bedürfnisse aufbereitet. Oder auch nicht.