16. August 2016

die Feinde der Sache

Hermann Kant ist am Sonntag verstorben. Ich habe fast alle seiner Bücher gelesen. Ach was, verschlungen. Vor 10 Jahren führte Gremliza mit ihm für konkret ein ausführliches Interview zur Sache.

Die Sache war für mich die Veränderung der Welt in eine sozialistische. Und damals, 1979, bei diesen »Kämpfen in unserer Zeit«, wie ich das nannte, ging es ... natürlich um »die Sache«. Ich hatte sozialistische Vorstellungen, andere hatten antisozialistische Vorstellungen. Wir alle waren Figuren in diesem Spiel....

Der Feind der Sache?

... Kompliziert wurde es dadurch, daß Leute, die ich für Sachwalter meiner Art gehalten hatte, Sachwalter einer ganz anderen Sache waren, vor allem ihrer eigenen.

Konjunkturritter?

Von solchen Leuten rede ich gar nicht. Ich rede von Figuren wie Nau­mann. Naumann, der Berliner Bezirkschef der SED, wollte Honecker unbedingt ablösen. Und da kam ihm die Auseinandersetzung der Schriftsteller gerade recht, weil er an diesem Streit »beweisen« konnte, daß die Schriftsteller nichts als ein Störfaktor seien – die ei­nen, weil sie störten, und die anderen, weil sie stören ließen. Das könne man am besten regeln, indem man beide abschaffte. Honecker war, entgegen seinem Ruf, in dieser Frage viel schlauer. Er wußte, er hätte eine Chance, seine Sache durchzubringen, nur im Bündnis mit solchen Eierköpfen wie uns. Daraus ergaben sich nun Streitigkeiten, die aussahen, als ginge es um Heym und Kant, in Wirklichkeit ging es um Honecker und Naumann und ähnliche. Vom Weltpolitischen mal ganz zu schweigen.

Die Sache heute?

... Also für mich gibt es die Sache noch. Daß viele sie inzwischen für geradezu lächerlich halten, ist mir klar. Das ändert nichts daran, daß ich in die Grube fahre mit der Gewißheit, eine Welt zu verlassen, die so nicht bleiben darf.


Sehr gut beobachtet. Mit Naumann habe ich auch noch eine Rechnung offen. Er hat mir über zwei drei Banden einen fürchterlichen Anschiß verpassen lassen, weil ich dem VEB Bergmann Borsig zu einem volks­wirtschaftlichen Schaden von 100.000 DDR-Mark oder so verholfen ha­ben soll. Ich wurde so klein wie der Zwerg aus dem singenden klingenden Bäumchen gemacht und war demzufolge auch so aufgebracht, wütend und nachtragend wie dieser. Ich war's aber nicht, denn der Mann mit dem Zweitschlüssel war nicht erschienen.

Schön auch, was Kant zum Gaukler Gorbatschow sagt. So ähnlich habe ich das 1987 ebenfalls gesehen. Glasnost als größte Scharlatanerie der Feinde der Sache. Glasnost war das Milchglas für den Michel. Ich war damals schon jemand, der gottlob etwas mehr als ein Hundertstels des Gripses von Marx (Kant) hatte und habe das Milchglas durchschaut.