9. Dezember 2017

Sport ist Mord



Jetzt war ich auch mal Zeuge eines schlimmen Vorfalls, den man sonst nur als Jahresresümee aus dritter Hand nacherzählt bekommt. Wie dazumal, als eine ältere Dame nebst Tochter bei 45 Grad wandern gingen, doch nur die Tochter halb verdurstet zurück kam. Ein Jahr später fand man dann wohl ein Skelett mit Sonnenhut. Das läßt natürlich sofort den Verdacht einer Erbschaft reifen und einen 300seitigen Krimi aus uns herausquellen.

Oder als Juan, der König des Bluetrail, sich zur Weihnachtszeit in den Teide Nationalpark zum Training aufmachte und nie wieder gesehen ward, was eine erkleckliche Romanze offenbarte, da sich das Gerücht hartnäckig hielt, er sei längst bei bei einer anderen Juanita.

Ich war mit dem lustvollen Planschen fertig, schulterte den Rucksack und machte mich auf Wanderschaft, als ein spanisches Martinshorn die stille der Natur mit Lärm füllte. Einige Zeit später landete ein Hubschrauber direkt an der Küste. Für die hiesigen Medien war es einer der zahlreichen tödlichen Badeunfälle, eine Meldung wert, mehr nicht. Ein Surfer war während der Ausübung seines Sports verstorben. Oder wegen.

Interessant ist nur, was anderntags bereits als Geschichte in Umlauf war. Zwei Surfer seien zusammengkracht, einer schon auf dem Wasser tot, der andere mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen, wo er dann auch verstorben wurde.

Egal, ob einer oder zwei. Die Version mit zwei Toten klingt dramatischer und läßt sich viel besser weitererzählen.

Den Hobbykriminalisten an den Flachbildschirmen im fernen Deutschland seien ein paar Ergänzungen übermittelt. Tot ist tot, könnte man meinen, doch so trivial ist das nicht.

Nun muß ermittelt werden, wer der Tote ist. Das kann sich als schwierig erweisen und Tage dauern, bis alle Surfschulen, Hotels und Privatvermieter abgeklappert wurden, denn auf der Insel gibt es auch etliche Einzelkämpfer. In der Regel kennt man sich zwar, manchmal aber auch nicht.

Dann wäre da noch die Obduktion, um herauszufinden, was zum Tode geführt hat oder haben könnte. Herzkasper, Schwächeanfall oder Überschätzung kämen in Frage. Jämmerliches Ersaufen wäre die Folge. Oder gegen einen Fels gerammelt, Bewußtsein verloren und ersoffen. Es gibt hier etliche Könner, die ohne Helm surfen. Wenn es denn zwei sind, wie in der nacherzählten Geschichte, die bei voller Windgeschwindigkeit aufeinanderkrachen, dann will man gar nicht weiter drüber nachdenken, denn das sind dann locker 60 km/h und mehr.

Vor Jahren half ich mal einer Dame, ihren Kite zu entknoten. Ein anderer war in sie reingekracht. Sie kam nur deswegen mit dem Schrecken davon, weil sie schweinisch gut schwimmen konnte, hat aber trotzdem Stunden gebraucht, den Schrecken zu verarbeiten.

Sei es, wie es gewesen ist. Jedenfalls hat er vor dem Abgang nochmal einen schönen Ritt auf den Wellen gehabt.