8. Februar 2018

Teneriffa: wenn Auswanderer scheitern

Ich wurde gegen Ende Dezember gefragt, ob ich nie daran gedacht hätte, nach Teneriffa auszuwandern, wenn mir Land, Luft und Leute dort so gut tun. "Nie" war die Antwort. Vielleicht mal geträumt oder so, aber nicht einen einzigen ernsthaften Gedanken drauf verschwendet. Man muß dieses Blut in den Adern haben, das einem diese Lebensart ermöglicht, sonst geht es schief.

Man muß, das halte ich für zwingend, die Sprache lernen, wenn man in der Fremde seßhaft werden will. Da führt kein Weg dran vorbei. Ich habe über den Satz "uno cafe solo" oder "uno americano por favor" hinaus nie das Bedürfnis verspürt, mich des Spanischen zu befleißigen. Man mag es auf den Kopfkissen der Landesdamen lernen. Da lernt man was für's Leben. Das reicht aber nicht, denn im Ernstfall muß man in der Fremde überleben. Das zwingt regelrecht dazu, sich die Sprache im harten Alltag anzueignen. Nur so geht es.

Und man braucht ein paar Sicherheiten, etwas, auf das man zurückgreifen kann, das hundertpro funktioniert, wenn man es braucht. Ob das Gesundheitssytem auf der Insel genau so funktioniert, wie ich es bräuchte, da habe ich keine Ahnung. Insofern fällt auswandern für mich aus. Schlecht ist es nicht auf der Insel, aber dauerhaft dort leben, das ist eine ganz andere Baustelle.

Wenn man mit offenen Augen und Ohren durch die heißen Orte der Insel latscht, bleiben einem die gescheiterten Gestalten, die sich bestenfalls als Gaukler, typischerweise als Alkohol- und Drogenjunkie geben, nicht verborgen. Dann hat man dieses Bild auch von Anfang an als Warnung vor Augen. Zwei oder drei Jahre schaffen einige, aber dann ist das gescheiterte Personal ausgetauscht.



So sah es vor vier Jahren aus. Ein Schild verwies auf Öffnungszeiten des Ladengeschäftes mit ausreichend Pausenzeiten für Strandbesuche. Und es zeigte im Grunde die Philosophie des Ladenbetreibers.



Ein deutscher Fernsehsender hatte so gut über sein Leben fernab der deutschen Geburtsstätte berichtet, daß er sich ein Ladengeschäft leisten konnte, um sich auch artig für die knackige Promo zu bedanken.
Unser Shop auf Teneriffa: Leider für immer geschlossen!!!


Ein letzter Blick auf den alten Arbeitsplatz, das ist alles, was vom Schmuckladen übrig ist.

Vox ist zum wiederholten Male bei André Sicking und Nina Unrau zu Gast und begleitet sie auf ihrem harten Überlebenskampf auf der Insel. Die Werbung im Fernsehen hat nichts geholfen. Das Projekt Gebrauchs­schmuck von der Sonneninsel scheiterte. Nicht ganz, aber das Laden­geschäft. 25.000 Euro Schulden hatte er aufgehäufelt, ehe er die Reißleine zog und neue Weg beschritt, um sich weiter auf der Insel halten zu können. Inzwischen waren nämlich auch Frau und Kinder nachgereist, so daß nicht nur der Hund, sondern auch diese ernährt sein wollen.


Die Tränke und Futterkrippe Flashpoint eingerahmt von Surfcentern.

Die Frau hatte Glück und ist in einem Klamottenladen untergekommen, der vor einigen Jahren von Tamina Kallert als Deutschen gehörig bezeichnet wurde, die auch schon Jahrzehnte dort auf dem Buckel hatten, aber alt genug waren, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen. Auf dem Foto sind die beiden wichtigsten Locations vor Ort abgebildet, Surfschulen und -lager und der Flashpoint als Abfüllstation für erschöpfte Surfer und Strandbesucher.



Nun war das Werbeteam wieder mal zu Besuch, um den Weg des Scheiterns bis zum jetzigen Punkt ein wenig nachzufilmen. Es ist der Weg des immer wieder Scheiterns, Aufstehens und Neuanfangens. Das muß man können. Oder erkennen, daß man es nicht kann. Dann weiß man auch, daß man nicht auswandert.



Das Haus in La Tejita wurde umgebaut oder sogar neu gekauft, da dessen Untergeschoß die neue Geldquelle werden soll, indem es an sonnen­hungrige Urlauber vermietet wird.

Gut, daß es ein wenig Handgeld gibt, wenn man sich öffentlich im Fernsehen zelebriert. Falls jemand klickt, die wichtigsten Filmaufnahmen kommen im Teil 2. Ein anderer Teil der aktuellen Folge Goodbye Deutschland behandelte einen Bonbonfabrikanten, der mit der Kreation von süßer Lutschware seinen Lebensunterhalt vor Ort verdienen wollte. Auch er und schwangere Frau sind vorerst gescheitert. Neuanlauf nicht ausgeschlossen.
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screenshots aus der am 5.2.2018 gesendeten Folge