Der allerletzte Satz im Buch1 lautet: Bernie Gunther kehrt 2019 zurück.
Das wird abzuwarten sein, denn Philip Kerr ist tot. Es kann sich somit nur noch um Restverwertung handeln. Der Roman "Kalter Frieden" ist der schwächste Bernie Gunther aller Zeiten, oder er ist am schlechtesten ins Deutsche übertragen worden. Ob der Autor gut mit der Idee beraten war, einen John le Carré nachzuahmen und das quirlige Agentenleben in den 50ern zu erzählen, daß bei Kim Philby anfängt und den deutschen Hotelrezeptionisten, Exnazipolizisten und Adlon-Detektiv vor mörderische Probleme stellen wird, ob dieser Rundumschlag vom Leben in Königsberg bis Südfrankreich gut war, muß jeder Leser für sich entscheiden.
Der im sonnigen Süden Frankreichs lebende Engländer und schwule Autor von Weltruhm wird erpreßt. Es zeigt ihn bei eindeutigen Vollzugsmaßnahmen am Gemächt des Anderen, das alles inmitten einer größeren Gruppe von Männern, die so arm dran waren, daß sie sich keine Klamotten leisten können.
Alle wissen, daß auch Bernie Gunther wegen seiner Vergangenheit erpreßbar ist, denn das bleibt in einem Zufluchtsort nicht verborgen, in dem weitere Größen der deutschen Kriegsverbrechercharge ihren Lebensabend verbringen. Man kennt sich eben.
Letztlich geht es aber so sehr gar nicht um das Foto, sondern die dahinter stehende Macht MI6 und dessen Wißbegierde.
Der Rest ist runtergeschriebene Routine zwischen Frauen bezirzen und ficken, Schwule verarschen, Kriminalfälle lösen, Mordanschlägen entkommen und böse über die Widrigkeiten dieser Welt ablästern. Alles mehr oder wenig sprachlich hingeschludert, was dann dem Übersetzer geschuldet ist, denn das englische Original kann durchaus um einiges besser sein.
Unabhängig davon findet sich das eine oder andere Bonmot.
S. 94
Zur Verteidigung meiner Heimatstadt muss ich außerdem erwähnen, dass die linksgerichteten Berliner Hitler niemals so geliebt haben, wie die Österreicher es taten.
S. 136
Liebe ist nichts weiter als ein schmutziger Trick, den die Natur uns spielt, um den Fortbestand der spezies sichrzustellen.
S. 136
Für uns Deutsche ist Philosophie eine Daseinsform.
S. 137
Einer der Nachteile, w-wenn man Gott spielt, besteht darin, dass man sehr viel mehr sieht als die meisten Menschen.
S. 147
Die meisten Frauen denken gerne von sich, sie wären vornehm, selbst wenn man sich freut, dass sie es nicht sind.
S. 182
Ich habe Ungeziefer in meiner Toilette, das intelligenter ist als Sie!
S. 190
... Sie haben immer noch nicht kapiert, dass sie nur dann reden sollten, wenn Worte sicherer sind als Schweigen.
S. 236
Manchmal fällt es schwer, Adolf Hitler zu vergessen.
S. 270
Die Vorstellung, dass unsere Medien heutzutage offene Kritik an den Geheimdiensten üben dürfen, ist geradezu lächerlich, gelinde gesagt.
S. 302
Die Briten befinden sich im Krieg mit dem Russen, aber sie kennen die Russen überhaupt nicht. Nicht als Volk. Das ist schlecht. Das ist sogar verdammt schlecht. Sie denken, die Sowjets sind nur eine Ideologie. Aber es steckt viel mehr dahinter.
S. 303
Im Verlauf der letzten zwanzig Jahre habe ich festgestellt, dass die Wahrheit eine sehr überschätzte Tugend ist, wenn es ums Überleben geht.
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1 Zitate aus:
Philip Kerr, Kalter Frieden, Rowohlt Verlag GmbH, 2018, 1. Auflage, 396 Seiten