7. August 2020

Aufmachen, Polizei!


Obwohl Polizei und Medien bundesweit immer wieder über falsche Poli­zisten und Trickbetrüger berichten, fallen leider immer noch Menschen auf diese miese Masche herein.

BILD
Oh Schreck, jetzt haben sie dich am Arsch, auch wenn der Spruch anders klang, nachdem es an der Tür geschellt hatte. Nein, es war keine Backpfeifem, sondern die Klingel.
Hier ist die Polizei, machen sie auf!
Der Tonfall sorgte dafür, daß ich Haltung annahm und weitere Befehle erwartete. Guter Mann, der da sein Einlaßbegehr vorbrachte, denn der Ton war die richtige Musik für energisches Handeln im Auftrag des Staates. Im Nachhineine stellte sich heraus, daß es sich um ein schnödes Privatanliegen handelte.

Ein zweite Stimme im Hintergrund signalisierte mir Sekunden später, daß das Einlaßbegehr in Ordnung sei. Ergo machte ich auf.

Eine Viertelstunde später war ich radelfertig und trug meinen Akku in den Keller. Ein paar Etagen tiefer fingerte ein Pilizist in voller Montur an einer Tür herum. Er hatte ein ganzes Bündel an Lockpickinglawyer-Utensilien in der Hand, aber nichts half. Ich schlug noch vor, er möge den Benny geben und seine Kreditkarte am Schnapper vorbeiführen. Ich versuchte dann noch meinen Schlüssel, aber der patzte.

Der Polizist meinte, er spüre ja da, daß der Schnapper reagiert, aber da ist ein Widerstand, der die Türöffnung behindert. Die Dame meinte, sie habe die Tür nicht abgeschlossen.

Wo ist die eigentlich?

Sitzt im Garten auf der Bank.

Und Schlüsseldienst? Steht doch unten am Hausmeisterbrett dran.

Der hat keine Zeit, meinte er. Da haben wir schon angerufen.

Wenn ich es recht bedenke, hat er Recht. Ich hätte da auch keine Zeit, wenn die Polizei anruft. Da kann ich ja unter staatlicher Aufsicht gleich meine Insolvenz unterschreiben, da ich für die 2 Minuten Öffnung nur 25 Euro plus Anfahrt in Rechnung stellen darf.

Sie bedankten sich sich für meine Unterstützung, ich bedankte mich in den Keller und machte mein Fahrzeug fahrfertig. Dann schleppte ich es hoch, stellte es vor den Briefkästen ab, setzte den Helm auf, ruckelte alles zurecht, warf noch einen Bonbon hinter die Kiemen, kontrollierte meinen Briefkasten, ob der Geldbrief, auf den sich jetzt schon jahrzehntelang warte, endlich angekommen ist. Ich bekam nicht mit, daß mir etwas aufgefallen war. Bzw, ich bekam es erst beim dritten oder vierten Mal mit.

Ich öffnete also die Haustür und ließ einen lauten Pfiff Richtung Garten­bank ertönen, an der Polizist und Kollegin die Dame beruhigten. Ich ruderte mit meinen Armen, auf daß sie wieder herbeikommen mögen. Das taten sie flugs. Ich zeigte mit der Hand auf den Briefkasten. Fall gelöst. Der Briefträger war's. Er hat extra einen Zettel mit Telefonnummer hinterlassen.

Oh Mist, ärgerte sich der Polizist, ich hatte noch nachgeschaut, da war ein Brief im Briefkasten, aber den zettel habe ich übersehen. Nochmals danke für ihre Hilfe.

Der Rest war dann nur noch Formalie.

Kann man mal sehen, daß das Briefdilemma des Edgar Allan Poe auch im richtigen Leben funktioniert. So wie es das Gefangenendilemma auch im richtigen Leben gibt.

Ich hätte es ja auch fast übersehen. Erst als ich mit meiner Nase direkt an den Briefkasten stieß und mich dann langsam wieder weg bewegte, fiel mir dieser Zettel auf. Das Papier war im von fast gleicher Tönung wie der Briefkasten und der Schriftzug spindeldürr, gerade noch zu erkennen.

Jetzt kann man noch die Überlegung anstellen, was von der Kriminal­tech­nik so alles am Tatort übersehen, weil es von der Wahrnehmung her nicht an die vordere Stirnwand geschoben wird, bzw. unter Zuhilfenahme dieser Ausrede nicht wahrgenommen wurde.