9. März 2024

RAF: Die Stunde der Leyendeckers

„Ich kann bald keine Toten mehr sehen und keine Sterbenden. Ich sehe sie in jeder Nacht. Wenn ich bei einer dieser dickbeinigen Dorfhuren liege, sehe ich die Leichen, und dann kichert das Mädchen und knabbert von meiner Schokolade, weil sie weiß, dass ich eine Stunde nichts sagen und nichts tun werde. Es ist der Ekel. Aber es ist nicht der Ekel allein. Es ist viel schlimmer. Man darf nicht so oft daran denken. Man hat keine Wahl mehr. Aus einem fahrenden Zug kann man nicht springen.“

Werner Zadorowski über seine Nahkampferfahrungen in Harry Thürk: Die Stunde der toten Augen. 10. Auflage. Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2012, ISBN 978-3-89812-384-6, S. 12.

Die Stunde der toten Augen ist die Zeit zwischen zwei und vier in der Früh, oder zwischen eins und fünf. Es ist egal, wie fit und turngeschuht man ist, die biologische (innere) Uhr fordert ihren Tribut.

Es ist jene Zeit, in der deutsche Schmierfinken ihre Geschichten zum Tod vom Burkhard Garweg fertig tippen müssen, obwohl noch keine Informationen seitens der Polizei durchgesickert sind.

Darauf müsssen wir uns vorbereiten, denn je länger der Mann auf der Flucht ist, desto länger kann er auf der Flucht erschossen werden und desto länger werden die gedichteten Geschichten der Systemschmierlinge. Dann schlägt die Stunde der Leyendeckers, die sich auf die dramatische Festnahmeaktion stürzen wie der Geier auf Aas. Noch einmal die RAF ausschlachten, die seit 25 Jahren mausetot ist, wenn nicht gar weitaus länger, weil künstlich am Leben erhalten von jenen Kräften, die lieber eine lebendige tote RAF denn gar keine für ihre dunklen Machenschaften brauchen.

„Die negativen Auswirkungen der RAF-Scheiße sind vielerorts erkennbar, CDU/CSU im besonderen, Regierung im allgemeinen und RAF-Kacke im einzelnen scheinen verheiratet zu sein: um den politischen Klassenkampf zu hemmen!“

– Rudi Dutschke[89]

Oder Garweg schleicht sich eines Tages auf eine unterbesetzte Polizeiwache im mordigen Norden und sagt an, da sei er, was die Peinlichkeit der gegen ihn aufgefahren staatlichen Maßnahmen genauso offenbart wie dazumal, als Beate Zschäpe nach ihrem Urlaub auf einer Jenaer Polizeiwache vorstellig wurde und den Wachtmeister drauf hinweis, sie sei es, die gesucht wird, was ihr allerdings eher geschadet denn genutzt hat, denn vergolten hat's ihr niemand, und als es fast so schien, Gott vergelt's ihr, hatte man ihr den Grasel beigeordnet.

Will heißen. Egal, in welcher Form das Finale der staatlichen Hetzjagd auf einen RAF Pensionär (Katja Diehl) ausgeht, der Staat verliert immer.

Mir tut der Polizist jetzt schon Leid, der Garweg auf der Flucht erschossen haben wird und die ganze Schlammflut deutscher Schmierfinken auf sich zufließen lassen muß, bis sich ein weinerlicher Eliteschütze beim Hamburger Hetzer meldet, es wäre auch ohne Schußabgabe gegangen.

Es wird spiegelbildlich zu Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe ablaufen. Die Führung des BKA entsorgt in enger Zusammmenarbeit mit den Bundesanwaltschaffenden ihr unliebsame Fälle auf dem Rücken von drei Leuten, die in den letzten 30 jahren womöglich nichts weiter als ein entspannntes und erfüllendes Austeigerleben abseits des Alltagsstresses führten, der den Malochern und Sesselfurzern eigen ist.

Diverse Anschläge der späten RAF, darunter neun Morde, sind bis heute nicht aufgeklärt.

Rache ist süß, auch für Staatsdiener, die sich ihr Mütchen kühlen dürfen.

Ich harre jetzt schon der spannenden Relotiusiaden, die auf uns herabreg­nen wie Weltraumschrott. Ein letztes Mal noch dürfen jene Zeitzeugen in den Zeitungsstand, die es schon immer gewußt haben, aber nie so sagten, da sie genausoviel nichts wußten wie die Kriminalpolizei. Von 35 Jahren auf der Flucht wissen sie nicht, was Garweg, Klette und Straub gemacht haben. Aber eine paar Morde anhängen, das sollte drin sein.

... für Klette und Garweg gilt die Unschuldsvermutung. (Spiegel)
Wenn man die jüngsten Artikel der Hamburger Hetzer liest, mag man diesen Satz gar nicht glauben. Garweg und Klette sind schuldig, schuldiger geht gar nicht. In Klettes Bleibe haaben sie 40.000 Euro Bargeld und 1,2 kg Gold entdeckt (BILD), was sich beim Tageskurs auf ca. 105.000 Euro Rücklagen summiert. Schuldiger geht nicht, denn sie kann die Herkunft der Penunse nicht belegen.

[update 15:20 Uhr]

Die "junge welt" dichtet über die untergetauchte Freiheitskämpferin Klette.