29. Juli 2011

das Festlegen von Flugrouten ist nicht trivial

Ich selber bin ja kein Anhänger des Trivialismus, wie die meisten deutschen Politker und viele Bürger, also Trivialist, sondern eher Randalist, äh Randbewohner, der das Problem von Flugrouten seit Jahrzehnten kennt. Die Trivialisten machen es sich sehr einfach, Lärm oder nicht Lärm lärmen sie in jedes Mikro, das ihnen vor die Schnauze gehalten wird.

Da ich seit der Zeit meines Stiftseins mit Flugrouten zu tun habe, sei dies erklärt. In Pankow dazumal schreckten wir alle auf, als es fürchterlichen Lärm gab. Dabei war es nur eine TU-144, die einen Zwischenstopp in Tegel einlegen wollte, die über unsere Köpfe im Tiefflug hinweg brauste. Das war beeindruckend, vor allem beeindruckend laut. Lauter als wir Kinder.

In Köpenick wurde es dann deutlich ruhiger, obwohl zuweilen ein Flugzeug via Müggelsee, wo ich wohnte, den Anflug gen Schönefeld vornahm. In meiner Erinnerung gab es den größten Lärm 1986 beim Absturz der TU-134 in Bohnsdorf, denn ca. 10 Minuten vor selbigen bin ich mit dem Auto an der Unglücksstelle vorbei gedonnert und habe dann auf dem Weg gen Köpenick den ohrenbetäubenden Lärm aller verfügbaren Krankenwagen, Feuerwehren und Polizeiautos gehört. Das zog sich dann bis zum Abend hin, wenn ich mich recht entsinne.

Nur wenig später bin ich ans andere Ende der Stadt gezogen und lebe seitdem in der Tegeler Flugroute, also unterhalb dieser, ziemlich genau am Scheitelpunkt jenes Bereiches, an dem die Piloten und Autopiloten die Maschinen in den Landebahnanflug reinwackeln müssen. Das ist nicht ganz eindeutig geregelt, wo die nun geradewegs auf Tegel zusteuern, viele sparen noch auf den letzten Metern Sprit und kürzen bedenklich ab, was insofern ohne Bedeutung ist, da der Lärm wesentlich der gleiche ist. Nur daß ich ihn kaum noch wahrnehme. Stören tut er eigentlich nur beim Einschlafen, wenn der Landeanflug gen Westen ist und statt um 22:50 Uhr noch deutlich nach 23 Uhr Flieger reinkommen, die reingelassen werden müssen, weil sie Verspätung haben.

Ich kann mich ncoh gut an einen Urlaub erinnern, den ich die letzten jahre neben einem stark frequentierten Verkehrsflugplatz verbracht habe als mir ein älterer Sachse stolz mitteilte, daß dies der fünfte gewesen sei, ich ihn fragte, was für ein Fünfter, und er darauf antwortete, na der fünfte Flieger. Achso, ich höre sowas gar nicht mehr, war meine lapidare Antwort.

Worum, so muß man nun fragen, geht es eigentlich den Trivialisten in der Flugroutenfestlegungskommission, wenn ich um ihren persönlichen Vorteil? Es geht ihnen zwar auch um Lärm und sowas, vor allem aber um den Wert ihrer Grundstücke, denn die werden, so sich das Flugaufkommen ab nächstes Jahr erhöht, erheblich im Wiederveräußerungswert gemindert werden.

Um es ganz deutlich zu sagen, das Festlegen von Flugrouten ist nicht trivial. Ich will das mal am Beispiel vom Maxl erklären, der ja, die Leser dieses Blogs wissen das, auch Flieger ist, kein begeisterter, sondern eher ein von Natur aus damit ausgestatteter, aber immerhin, fliegen kann er, wenn er muß, fast nie, daß er es auch will. Da das wie ein Laboratorium ist, kann man das mit den Flugrouten sehr gut studieren.

Der Luftraum, über den Maxl herrscht beträgt ca. 60 Kubikmeter, sag ich mal. Der Tower und Startplatz für die Rundeflüge befindet sich direkt in einer Ecke dieses Quaders. Wobei, da fällt mir geerade ein, eigentlich sind es nur 20 Kubikmeter, also eher das obere Drittel des Luftraums, in dem er am liebsten fliegt.

So, Maxl hat den vollständigen Überblick über sein Rundfluggebiet und könnte in Endlosschleife um den Kronleucter düsen, den es schon lange nicht mehr gibt, auf dem er oft Zwischenstaion machte, um eine kleine Stinkbombe abzuwerfen, er könnte frei nach Schnauze fliegen, da nichts mehr störend im Wege ist. Macht er aber nicht. Ist so ähnlich wie bei den Flugzeugen im Winter. Die müssen enteist werden, sonst kommen sie nicht in die Luft. So auch bei Maxl. Der mausert stattdessen, wirft den schweren Winterpelz ab, damit es leicht fliegen ist. Ist dieses Jahr aber nicht drin, da das Wetter ihm alle drei Tage was anderes signalisiert. Zur Zeit heißt es wieder mal Winterpelz rauf, vor drei Tagen hieß es noch Winterpelz runter. Er ist also mehr oder weniger ständig am Knabbern, um seine Aerodynamik zu verbessern. Wenn er denn mal fliegt, dann mit hoher Wahrscheinlichkeit nur zu Testzwecken, ziemlich torkelig und mit einer Bruchlandung endend. Will heißen, er landet auf dem Teppich.

Das aber ist eine Welt, die ihm völlig fremd ist. Mit großen Kulleraugen latscht er zu Fuß gen heimatlichen Start- und Landeplatz, kuckt sich unterwegs alles genau an, vor allem die Menschen ringsrum, ratsuchend, wie er denn nun von ganz unten nach ganz oben kommt. Den Dreh hat er noch nicht raus. Das ist auch der Grund, warum sich Maxl sehr lange und ernsthaft mit Flugrouten beschäftigt hat und auf die Idee kam, nur noch zwei zu akzeptieren, falls es die Aerodynamik seiner Flügel zuläßt. Auf die Küchentür bzw. Wohnzimmertür. Einmal zweieinhalb Mter geradeaus oder in der Diagnoalen ca. 6.

Seit kurzem gibt es allerdings noch ein dritte Variante, der ich einmal angesichtig wurde. Er fliegt aufs Kannapee zu Frauchen und will kuscheln. Das ist neu und ungefährlich, schließlich weiß er, daß er anschießend zum Ausgangspunkt zurückgetragen wird.

Ansonsten geht es dem Kerl ganz gut. Manchmal denke ich, der ist leicht bekloppt, denn inzwischen erwartet er und kündigt dies lautstark an, daß ich mit ihm zusammen erst mal Bimmelglöckchen spiele. Und da hat er sich was neues antrainiert. Als genauer Beobachter der Szenerie hat er ja sein Glockenspiel zu Beginn mit dem Schnabel bewerkstelligt. Das hat er offensichtlich als falsche Verhaltensweise eingestuft, auch wenn damit Musik intoniert werden konnte, da ich nach wie vor ausschließlich den Finger nehme. Also hat er sich das abgekupfert. Mit einem Fuß auf dem Bäumchen festhaken und mit dem anderen einen heftigen Karate- oder Kickboxhieb aufs Glöckchen. So wird das gemacht.

Was wollte ich eigentlich sagen? Weiß ich auch nicht mehr. Jedenfalls ist das mit den Flugrouten nicht so einfach, wie sich das die Trivialisten vorstellen.