10. September 2011

wenn das der Maxl wüßte

via fefe

Der Maxl frißt doch gerne Gras. Jetzt stellt sich raus, daß man in Deutschland für weniger als 10 Gramm frischen Grases schon mal als Terrorist behandelt wird. Sofern man an einem Flughafen arbeitet. 10 Gramm Gras, das putzt der Maxl locker an einem Tag ratzekahl. So werden also Terroristen gemacht.

Ein Terrorvogel, das ist der Maxl keinesfalls, kann ich bezeugen und belegen. Demnächst mehr davon.

Ansonsten ist es ja erfreulich, daß die Qualitätsmedien auf den Zug aufgesprungen sind und in dieser Woche mit einer umfänglichen Dokumentation der Depeschenempörung begonnen haben.

Bei der Gelegenheit fällt mir ein, ich wollte ja noch eine Replik auf Jürgen Amendt verfertigen.

Unterm Strich ist es sowieso besser, bezüglich WikiLeaks englischsprachige Seiten anzusurfen. Dort wird rege über diverse Depeschen diskutiert.
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Ein früherer Beamter der EU, selbst Whistleblower, erzählte der TAZ, man möge als Whistleblower die Finger von Wikileaks lassen, die "rein technische Absicherung der Anonymität" sei nicht mehr gewährleistet.

Wenn eine Brücke aus einem solchen Konstrukt wäre, jemand erzählt jemandem anderen etwas, das wir für druckreif halten... Ich würde nie im Leben über eine solche Brücke gehen. Das wäre mir viel zu gefährlich.

Zu deutsch, es ist für das ND vollkommen irrelevant, was der TAZ erzählt wurde.

Worin die schwere Datenpanne bestehen soll, die der Autor festgestellt haben will, erschließt sich mir nicht. WikiLeaks ist mit dem Anspruch angetreten und hat es sich zur Aufgabe gemacht, geheime Papiere an die Öffentlichkeit zu bringen. Das haben sie im Laufe der Woche getan und sind somit diesem Anspruch vollauf gerecht geworden.

"Für Whistleblower, die sich an WikiLeaks gewandt hatten im Vertrauen darauf, dass ihre Klarnamen anonym bleiben, kann das unter Umständen schwerwiegende Folgen haben: Enttarnten Informanten in diktatorisch regierten Staaten droht Verfolgung und Lebensgefahr."

Das ist ein Medienmärchen aus Grimms Gesammelten Werken, Ergänzungsband II, das uns da aufgetischt wird, der ganz normale Reflex von Medien, die zu faul zum Recherchieren und mit der Situation überfordert sind. Die einen haben mit den anderen nichts zu tun, die Whistleblower sind geschützt und Botschafter-IMs, so ich den öffentlichen Aussagen aus den USA oder Israel trauen darf, muß auch nicht zwingend Angst und bange sein. Es ist ein Mythos, daß WikiLeaks die Sicherheit seiner Informanten nicht gewährleistet. Zumindest bis heute sind keine Informanten auf Grund von Fehlverhalten aufgeflogen.

"Wie es zu dem Datenleck kommen konnte, darüber gibt es verschiedene Versionen. WikiLeaks macht einen Journalisten des britischen »Guardian« verantwortlich, der ein Passwort veröffentlicht hat, mit dem man Zugang zu einer Seite mit den Original-Dokumenten erhält."

Mit dem Paßwort erhält man keinen Zugang zu einer Seite mit Originaldokumenten, sondern das Paßwort ist nötig, um eine verschlüsselte Datei zu entschlüsseln, die man aus verschiedenen Quellen des Internet per download heimwärts transferieren kann.

"Im Zweifelsfall erweist sich der Rechtsstaat mit all seinen Vorschriften und Kontrollinstanzen, abwägenden Staatsanwälten und Ausgleich suchenden Richtern als verlässlicherer Garant für die Demokratie als die laut polternden Populisten."

Im Ernstfall aber, da pfeift der Rechtsstaat auf jedwede Demokratie und spielt gnadenlos die Karte der Diktatur und Rechtlosigkeit aus, wie wir es fast jeden Tag in allen Ländern westlicher Bauart erleben müssen. Erst Recht, wenn es um die Schweinereien in Politik und Wirtschaft geht.

"Guido Strack empfahl Whistleblowern im »taz«-Interview den Gang zum »vertrauenswürdigen Journalisten«."

Halten wir abschließend einige Dinge fest. Wer mit vertaulichen Dingen umzugehen hat, der hat sich auch so zu verhalten. David Leigh vom Guardian als auch die Chefredaktion haben das Stillschweigeabkommen mit Julian Assange in allen drei Punkten gebrochen. Wer ein Paßwort in einem Buch abdruckt, tut mir leid, aber das ist ein publicitygeiler Schwätzer auf Teenagerniveau, auf keinen Fall ein "vertrauenswürdiger Journalist". Wer den Anspruch hat, eine vertrauenswürdige Whistleblower-Plattform als Konkurrenzprodukt auf den Markt zu verwerfen und selber wie ein Waschweib schwätzt, tut mir leid, der kann alles mögliche machen, aber keine Schutzinstanz für Whistleblower aufbauen. Wer als Journalist, wie Steffen Kraft vom Freitag, in seiner Geilheilt auf den nächsten Grimme-Preis das Wasser nicht halten kann und einen skandalösen Artikel anfertig, der das alles in die Welt hinausposaunt, tut mir leid, aber auch der ist verbrannt.

Den aus der TAZ abgeschriebenen Ratschlag würde ich im Leben nie befolgen, wenn ich einen Aktenordner brisanten Materials zu verhökern hätte, weil die Medien, insonders deutsche Journalisten bei Freitag, TAZ und Spiegel als auch deren Abschreiber ein Totalversagen erster Güter auf die Bretter geknallt haben, daß es nur so krachte.

Wenn wir es mit einem Datenskandal und einer schweren Panne zu tun haben, wie der Autor uns weismachen möchte, dann mit einer ganz anderen. Der Spiegel verfügt seit Ende letzten Jahres über die Depeschen und hat bis heute nichts, aber gar nichts Substanzielles auf dem Markt journalistischer Eitelkeiten verhökert. Die Welt, durch die Aftenposten ebenfalls in den Besitz der Depeschen gelangt, verkündete zu Jahresbeginn, sie wolle diese nach und nach abarbeiten. Bereits nach dem Abarbeiten der ersten Depesche, das iranische Atomprogramm behandelnd, ging ihr die Puste aus. Nix da mit Enthüllungen. Schweigen im deutschen Blätterwald.

Das ist der Skandal. Und genau der gehört thematisiert. Wieso schimpfen deutsche Medien auf WikiLeaks, statt sich auf den Hosenboden zu setzen, und ihrer Verantwortung mit journalistischer Kompetenz nachzukommen, die Depeschen nach Schweinereien der deutschen Regierung und Wirtschaft zu durchforsten? Seit 3 Tage sind 60 GB Depeschen der "Schwarmintelligenz" vorgeworfen, damit diese "den politisch Mächtigen und den wirtschaftlichen Eliten auf die Finger klopft". Das macht sie bereits fleißig mit zum Teil sensationellen Ergebnissen, nur hat das Herr Amendt noch nicht mitbekommen. Hunderte Kabel, wenn nicht inzwischen tausende, wurden binnen drei Tagen ausgewertet und fachlich kommentiert im Internet verfügbar gemacht. Mit Ausnahme der Deutschland betreffenden. Schweigen im Wald.

Wenn es Versager auf ganzer Linie gibt, dann können die namhaft gemacht werden, wesentlich David Leigh, Daniel Domscheit-Berg und Steffen Kraft und die traditionellen Massenmedien. Es ist euer eigener Hundekothaufen in den ihr reingelatscht seid und den ihr gerade breit tretet, ohne es zu merken.

Die schwere Schreibpanne von Jürgen Amendt hat den Mythos ND entzaubert. Filterkaffee wird zweimal aufgebrüht. Merkt ja keiner und spart Geld.

Um es mit Stefan Niggemeier zu sagen. "Die Beklopptheit deutscher Medien ist grenzenlos. Die Menschen haben allen Grund, das Vertrauen in klassische Medien zu verlieren. Geht sterben."