7. September 2008

Wanted! - P18

Nicht, was ihr jetzt denkt. Wobei... Wer weiß das schon?
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Znesurmafia bei

Eigentlich war ich mit etwas Bauchgrimmen gen Kino geausflugt.

Als ich mich dem Kino näherte, lümmelte dort eine Horde von ca. 15 Jung-Möchtegern-Nazis mit drei Bierkästen rum, war aber bereits im Abmarsch begriffen, denn daneben stand ein leeres Polizeiauto.

Das können die also, saufen und schwarze Klamotten exakt nach Klischee tragen, einschließlich der T-Shirts vom nationalen Widerstand.

Alleine der Anblick macht einem Angst und läßt gleichzeitig die Hand zur Faust mutieren.

Weitere 2 Meter entfernt versuchten FDP-Jünger ihre Werbeflyer unters Volk zu jubeln.

Komische Welt.

Das Bauchgrimmen hatte sich in Erinnerung gerufen. Seit zwei Wochen bewarben mich Plakate mit einem kleinen Eckschnipsel, der Filme werde dem deutschen Kinogänger in einer ungeschnittenen Fassung vorgeführt.

Und in der Programmankündigung stand dann FSK 18. **

Eigentlich verheißt das nichts Gutes, weil die staatlichen Moralwächter wieder mal annonym zuschlagen durften, ohne eine Begründung für ihre Entscheidung abzugeben. Die im übrigen vollkommen überflüssig ist, da das Teil meines Wissens durch die Leitungen schwappt. Und auf den Verleih wirft es auch kein gutes Licht. Offensichtlich werden deutschen Kinogängern im vorauseilenden gehorsam mit Vorliebe geschnittene File angeboten.

Der Rest ist kurz erzählt, zumal im Netz bereits zahlreiche schriftliche Elaborate vorliegen, die sich in ausführlicher Besprechung versuchen.*

"Einmal Wnted bitte."
"Parkett oder Loge?"
"Was'n der Unterschied"
"Parkett ist vorne, Loge hinten."
"Na dann hinten Mitte."
"Sind sie ADAC-Mitglied?"
"Ick wollt ins Kino und nich 'n Auto reparier'n lassen."
"So war das nicht gemeint, für ADAC-Mitglieder gibt es Preisnachaß."
"Ick mach Hartz-IV, jibt's da ooch Nachlaß?"
"Nein, für Hartz-IV gibt es keine Ermäßigung."

Soviel zum Entreé und zum Zustand des Landes.

Der Film handelt die schon oft behandelten Themen ab.
Jemand fühlt sich berufen, die Geschichte nach seinem Gutdünken zu beeinflusse und setzt dabei auf die Überzeugungskraft von Magnum und Langrohr.

Die ersten 15 Minuten dümpeln etwas vor sich hin, sollen so eine Art Begründung liefern, warum sich der Protagonist zum Revolverhelden und zur Faustkampfmaschine wandelt.

Dies etwas längliche Hinführung zum Thema ist aber nicht nötig. Genauso wenig wie die Schrottverwertung. Ich hab schon alle Autoverfolgungsjagden gesehen, die von Relevanz sind. Und diese im Film bringt da nur für genau 1,5 Sekunden einen neuen Stunt. Der ist aber richtig gut. Tricktechnisch betrachtet.

San Francisco 1968: Steve McQueen jagt zwei namenlose Killer durch die Straßen der Metropole an der Bay, aus der Stadt heraus und schließlich mitten in eine Tankstelle hinein. Die haarsträubende Verfolgungsjagd aus Peter Yates’ Krimi-Klassiker „Bullitt“ ist noch heute das filmische Urmeter, an dem sich alle andere Jagdszenen messen lassen müssen. Das liegt zum einen an der Tatsache, dass El Bandito (McQueen) in vielen Szenen offensichtlich selbst am Steuer sitzt und zum anderen an den beiden eigentlichen Hauptdarstellern: den Autos. Mit dem Dodge Charger R/T und dem Ford Mustang GT 390 wählten die Macher aus Hollywood nicht nur zwei höllisch schnelle, sondern auch verdammt coole Schlitten für die Verfolgungsjagd aus. (Quelle)

Wie überhaupt der Film nichts weiter als eine Aneinanderreihung von durchaus durchdachten und gut berechneten Computertricks ist. Das sind die Stärken des Films.

Das texliche Drehbuch paßt auf auf zwei DIN-A4 Seiten. Es gibt nach ca. 1/3 eine sehr wichtige Textpassage von Morgan Freeman.

Dann wird diese Aussage bis kurz vor Schluß filmisch abgearbeitet, um in den letzten 10 Minuten die Sau rauszulassen. Ein sehr schön umgesetztes shootout, garniert von zwei Textlängen, noch einmal Freeman und ganz am Schluß der Held des Films.

Alle anderen Texte sind so gut wie überflüssig und haben keine Bedeutung.

Aus der Sicht eines Spielfilms betrachtet, ist es eigentlich ein schlechter Film, denn es wird kaum geschauspielert, nur gestuntet. Wenn ich diesen Maßstab trotzdem anlege, dann deswegen, weil nur Morgan Freeman kinomäßig gefallen kann. Gut fotografiert und zuweilen mal eine längere Szene. Leinwandpräsenz, wie sie sich gehört.

Angelina Jolie kommt zu kurz weg. In vielen Bildern unvorteilhaft, aber natürlich abgebildet. Nur ein paar Mal verweilt die Kamera im Vollformat auf ihrem Gesicht, und da zeigt sie auch mit ein zwei Muskelzuckungen, was sie eigentlich drauf hat, sofern der Regisseur es ihr erlaubt. Sie konterkariert die eigentlich gute fotografische Abbildung Freemans.

Nebenbei sei noch der sehr gute Sound erwähnt. Kino, wie es sich gehört und zu Hause eben nicht nachgemacht werden kann (darf). Leider!

Unterm Strich bleibt: Ich habe mich gut unterhalten und war für 110 Minuten weg aus diser Welt und im Film drin. Gehirnwäsche also.

Es ist kein Überfliegerfilm, aber auch kein schlechter. Man kann reingehen, muß es aber nicht.

Und auch einen Tag später erschließt sich mir nicht, welchen Grund die Sittenwächter gefunden haben, um 17jährigen Menschen diesen Film zu verbieten.

Filmzensur ist schlichtweg überflüssig, denn diese Jugendlichen haben durch Computerzockerei weitaus mehr Medienkompetenz, als die gesammelten Sittenwächter der Nation zusammen.

Die Jugendwächterei gehört schlichtweg abgeschafft und die dafür Verantwortlichen mindestens ein Jahr ins Gefängnis. Wegen chronischer Blödheit.

Denn auch die letzte Frage im Film, "hast du heute schon was sinnvolles gemacht?", animiert nur rhetorisch dazu, seinen Handgrantenvorrat zu plündern und damit auf den Fluren der FSK-Moralisten, Hier-Keine-Arbeit-Ämter oder im Bundeskanzleramt Bowling zu spielen. Diese letzte Frage zeigt eben nur die Option dafür auf. Mehr nicht. Meine Handgrantenvorräte heb ich mir für die wirklich wichtigen Zeiten auf.
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Matthias Huber in Telepolis
Daniel Sander in SPON

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Zur lausigen Zensur siehe
Schwachmaten bestimmen, was angeblich gut für Kids ist