20. März 2010

Im Geheimdienst ihrer Majestät

Ich hatte ja angedeutet, in Kürze etwas postives über Ian Rankin bloggen zu wollen.

Die Kürze ist nun abgelaufen.
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Ian Rankin
Der diskrete Mr. Flint
1. Auflage Taschenbuchausgabe, 2008
copyright by Wilhelm Goldmann Verlag, München, 2006
350 Seiten und 7,95 € (D)
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Wer etwas über die Geheimen, die Spitzel und Schnüffler wissen möchte, liest entweder Spiegel oder Focus und erschaudert ob deren amoralisches und undemokratisches Handeln. Sofern es sich um die Stasi oder Homos beim BND handelt.

Oder er kennt jemanden, der bei denen arbeitet und einen Schlag aus seinem segensreichen Schaffen erzählt, was wiederum nicht für ihn spräche, denn dazu sind sie ja geheim und verschwiegen.

Eine dritte Möglichkeit besteht darin, sich mit der richtigen literaturnobelpreisfeindlichen Schriftstellerei zu versorgen und daraus seinen Erkenntnisgewinn zu ziehen.

Das ist die spannendste und erholsamste der Varianten, denn nur in der Literatur stößt man auf die Wahrheit, nichts als die Wahrheit.

Abseits von seinem schottischen Wallander-Pendant John Rebus hat sich Rankin auch einiger kleiner Schreibübungen befleißigt, von denen die zu besprechende wohl herausragt. Hier wird das Innenleben des Geheimdienstes beleuchtet, seine Verkommenheit, Überflüssigkeit, Ineffizienz, Intrigenspinnerei, Abhängigkeit, also all das, was der gewöhnliche Boulavardblattleser bisher nur von der Stasi kennt.

Wie es sich für einen wahrheitsliebenden Sohn der Krone gehört, wird alles ausgeblendet, was diesem Anliegen nicht gerecht wird. Übrig bleibt nur noch der Dreck, aber der reicht für 350 flüssig zu lesende und spannende Seiten.

Mr. Flint ist Observant. Der beste Beobachter, den sie haben. Bei einem Auftrag wird er gelinkt. So gelinkt, daß es gefährlich für ihn werden kann. Ab dieser Erkenntnis ist er in seiner besten Form gefragt, denn er spielt nun gegen die eigenen Leute, die ihn auf's Kreuz legen wollten. Welche das sind, daß muß er rauskriegen, sonst kriegen sie ihn.

Tja, wer hätte gedacht, daß sich ein Geheimer seiner Majestät mit einem irischen Terroristen verbündet, um die Dreckschweine aus dem Amt zu fegen? Mr. Flint macht es. Und wer hätte gedacht, daß die IRA vom Geheimdienst mit Waffen und Geld versorgt wird?

Beim Lesen des Romans wird man um einiges schlauer und schafft deshalb seine gesammelten Spiegelartikel über die Stasi in den Papiercontainer zur Wertstoffwiederaufbereitung.

Wobei, soviel schlauer bin ich leider doch nicht geworden, denn ich habe jeder Regierung der Welt schon immer jede Schweinerei zugetraut und bis zum Beweis des Gegenteils auch erstmal unterstellt.

Fazit. Alle sind mindestens genauso schlimm wie die Stasi. Auch in England. Wenn ich Rankins Schilderungen vertrauen kann.

Das Original ist übrigens von 1988 (!) und hieß "Watchman". Man hätte also zu deutsch ruhig "Der Observant" titeln dürfen. Aber deutsche Titelübersetzungen aus dem Englischen, das wäre schon wieder ein eigenes Feld der Literatur- und Filmkritik.