6. Dezember 2012

das Leben ist heute wieder gut zu mir

Das Leben war ich. Gut war es zu einer hübschen jungen Frau im Schuh­ge­schäft, die mich abkassieren sollte.

25,90 Euro war die Summe, für die ich eine Kaution von 30 Euro hinterlegte, woraufhin sie meinte 40 Euro, unter Beweis stellte, daß sie nicht farbenblind ist, da die beiden Scheine farblich stimmig in den zugehörigen Gelddepots deponiert wurden... Jedenfalls fiel ihr anhand der unterschiedlichen Farb­ge­bung auf, daß das mit den 40 Euro wohl nicht hinhaute.

Ich hätte auch gerne das Wechselgeld auf 40 Euro mitgenommen, meinte ich. Sie antwortete, das glaube sie gerne, doch dann hätte ja die Kasse nicht ge­stimmt, was zu ihren Lasten gefallen wäre, woraufhin sie laut 30 ansagte und das Wechselgeld bereitstellte.

Dies waren nach Inaugenscheinnahme 5,10 Euro, also einer zu viel.

Hier stimmt was nicht, meinte ich, was sie mir nicht glaubte und laut 5,10 Euro vorzählte, was ja nun wohl stimmt, aber doch nicht stimmte, denn nach Abgleich mit dem Kassenzettel kam sie selber auf den Betrag von 4 Euro und einen Groschen, der mir zustand und den ich dann auch einpackte. Vermittels hauchzarter Errötung ihrer Wangen, was der jungen Frau übrigens ausge­zeich­net zu Gesichte stand, meinte sie dann:

Das Leben ist heute aber wieder gut zu mir.

Ja, das war es wohl, denn mir ging es wieder schweineedelpudelwohl, da ich gestern eine gesangliche Lektion zu überstehen hatte, die mit Singerei nur so viel zu tun hatte, daß ich zwischendurch immer mal den Kammerton A von mir gebe. Die Dame hat mich wieder dermaßen durchgenudelt, daß ich heute schlichtweg als gutes Leben durchging.

Schneefall, Kälte, grauer Himmel, das war mir alles scheißegal.

Tja, dann komme ich am Abend nach Hause, schaue in den dicken Brief der Zwangsbegutachter und bin bitter enttäuscht. Da schien es fast sicher, daß ich mich auf einen baldigen Aufenthalt auf Norderney freuen darf, weil doch der Arzt gefragt hatte, ob ich Seeklima mag, was ich eifrig und mehrfach abnickte. Und was machen die? Die schicken mich nach Westerland auf Sylt. So ein Scheiß.

Gottseidank leben wir in einem Rechtsstaat. Gegen den Bescheid der Ver­schickung habe ich das gesetzlich verbriefte Recht auf Widerspruch, das ich gerne in Anspruch nehmen darf. Schreiben sie.

Tja, nun hat Die Anmerkung das schwierige Problem zu lösen, ob vehementer Wider­spruch einzulegen ist, um nach Norderney zu kommen, oder ob der Bescheid über die Zwangsverschickung nach Westerland stillschweigend hingenommen wird.

Ich muß dann mal nach Westerland, das ist eigentlich ein nicht gar so übler Satz, und vielleicht kommt man, so man einmal da ist, hinter das Geheimnis jener Liedzeile, die "Ich will zurück nach Westerland" lautet.*
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* Verlinkt ist die bisher am besten präsentierte Version dieses innig vorge­tra­genen Wunsches. Eine besser dargebotene konnte trotz intensiver Suche (0,0001 Sekunden im Gedächtnis) nicht gefunden werden.