28. Juni 2014

Doku Deutschland: Das Aus für Hinterzimmer


Screenschote: Offenen Mundes bestaunt der Welterklärer im Studio das fragwürdige Gesicht des in Brüssel Zugeschalteten, der bald darauf wieder abgeschaltet wurde. Zwei journalistische Feingeister im Wortaustausch, was will man mehr?

Die Anmerkung ist von großem Stolz ergriffen, das von der staatlichen Nachrichtensendung Tagesschau verkündete Aus der Hinterzimmer dokumentieren zu können.

Freitag, 27. Juni 2014, 17 Uhr

Stimme aus dem Off: Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau. Heute im Studio: Claus-Erich Boetzkes.
...
Rolf-Dieter Krause ist jetzt in Brüssel zugeschaltet. Also. Als Kommissionspräsident ist Jean Claude Juncker benannt worden. Was wird sich unter ihm in der EU ändern?

Ja schon mit seiner Wahl hat sich Enormes geändert. Zum ersten Mal haben die Bürger Europas entschieden, wer Kommissionspräsident wird und nicht mehr irgendwelche Kungeleien in Hinterzimmern. Das ist ein großer Sieg, den, übrigens der deutsche Parlamentspräsident des Europäischen Parlaments, äh Martin Schulz errungen hat, der sich darüber auch freut, auch wenn er die Früchte dieses Sieges nicht äh selbst genießen darf. Er ist der Vater dieses Verfahrens gewesen. Dahinter wird man in Europa nicht mehr zurückgehen können...


Wir danken für eure Aufmerksamkeit und würden uns freuen, wenn ihr bei der nächsten Wahl zum Grimms-Award für diese Miniatur der deuropäischen Zustände votiert. Und was sich unter Juncker ändern wird, diese Problematik ist uns seit DSK zu heikel, als daß wird das hier in aller Öffentlichkeit thematisieren wollen würden. Wollen schon, aber würden nicht.

[update 14:00 Uhr]

Wenn man zu Mittag lustlos auf einer Bratwurst rumkaut, dann fallen einem Sachen ein, an die in aller Herrgöttinnenfrühe nicht zu denken war. Vor allem die Begründung, warum die beiden Künstler unbedingt den Grimms-Award verdient haben.

Was Loriot Zeit seines Lebens verwehrt blieb, auch wenn er den Ehrgeeiz hatte, dies zu erreichen, die Banalität das Alltagslebens so in Kunst zu gießen, daß sie auch die höheren Weihen der Kunstsachverständigen erhält, das erledigen die beiden live und en passant, also im aneinander Vorbeireden. Der eine stellt Fragen die kein Mensch dieser Welt fragen würde. Der andere gibt Antworten, für die die Fragestellung noch nachgeliefert werden muß. Selbst das wäre hohe Schule, denn dreist wenn man die Krause Antwort kennt, muß man ja erst mal drauf kommen, wie die Frage dazu lauten könnte. Kann nicht jeder. Echt. Wir grübeln immer noch, wie der Fragenkomplex zu Krauses krausen Aussagen lauten kann.

Doch wie es die beiden letztlich schaffen, den Sketch ohne lustiges Augenzwinkern, ohne die Spur eines schelmischen Lächelns, im Stil staatsmännischer Weltenlenkung zu Ende zu spielen, das können nur ganz große Künstler.