Fast, aber nur fast wären wir auf unsere Augen reingefallen, aber dank eines Bilderbuchschotten*, der auf der Festplatte rumlungerte, kamen wir der Fälschung auf die Schlichte. Als ob es eine unsichtbare Hand zur medialen Orchestrierung der Berichterstattung aus München gibt, hat die Thüringer Allgemeine sich auf das Schlüpferniveau der Friedrichsen von der Hamburger Illustrierten begeben. Thema des Tages war also nicht der Abbruch des NSU-Prozesse, wie vom Ankläger Horst Diemer** angekündigt, sondern die Regularien für den Schlüpferwechsel in einer Chemnitzer Wohnung vor 15 Jahren. So fing der deutsche Nazi-Terror nämlich an, als sich Zschäpe und Böhnhardt mal nicht leiden konnten.
Verteidigerin Anja Sturm: "Nach meinen Erkenntnissen soll Mundlos mal mehrere Wochen allein bei R. gewohnt haben." Sie fragt, ob dieser etwas von Problemen zwischen Böhnhardt und Zschäpe wisse?
Ja, Frau Sturm, sie sind nahe dran an der Wurzel allen Übels. Hätten sie mal weiter nachgehakt, dann wären sie schlußendlich zur Erkenntnis gelangt, daß Zschäpe in Zwickau in einer Einraumwohnung lebte und des Sommers 2011 dort auszog, die Überwachungsanlage demontierte, so daß sie für eine Observationsmaßnahme der Schutz- und Sicherheitsorgane noch einmal installiert werden mußte, damit die ein Wohnmobil ohne Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe filmen konnten.
Schade, echt eine Chance verschenkt. Eine Frage weiter, der Prozeß wäre am Ende gewesen.
Ursprüngliche Schlagzeile der Thüringer Allgemeinen vom 7.10. um 17:02 Uhr
ein Ausschnitt aus der URL verrät noch den Originaltitel
NSU-Prozess-Bundesanwalt-Diemer-Wir-werden-das-Verfahren-nicht-zu-Ende-bring-834737972
So bleibt die schon wieder aus der Geschichte des Internet getilgte Aussage des Bundesanwaltes mit dem kleinen Wörtchen wenn. Wenn das Wörtchen Wenn nicht wäre, dann wäre der Prozeß alsbald zu Ende, da er nie zu Ende geht, so dessen Fazit.
"Wir werden das Verfahren nicht zu Ende bringen, wenn es so weitergeht."
Die jetzt unter gleichem Zeitstempel mit gleicher URL ausgelieferte Seite thematisiert die Banalität, daß das Trio womöglich längere Zeit nicht zusammen lebte, also gar kein Trio war, sondern drei Soli. Verlinken tun wir das nicht, weil es im Vergleich zur Ankündigung der Bundesanwaltschaft, den Prozeß platzen zu lassen, schon nicht mehr wichtig ist, was Friedrichsen Ramelsberger oder Kai Mudra schreiben, wenn sie das Thema verfehlen.
Wenigstens die obersten Bundesbehörden haben inzwischen gemerkt, daß sie auf brandheißen Stühlen Sitzen. Montag wurde Montag als Sondervertuscher des Bundestages eingesetzt, Bosbach will die in jüngster Zeit thematisierten Widersprüche der Aktenführung des BKA im Innenausschuß bereden lassen und nun kündigt Bundesanwalt Herbert Diemer das vorzeitige Ende des Prozesses an.
Das kann er ruhigen Gewissens, denn er weiß ja, daß seine Behörde nichts über einen Zusammenhang zwischen den Angeklagten und den ihnen zur Last gelegten Taten weiß. Schließlich weiß er, daß er bis zum gestrigen Tag keinen einzigen materiellen und harten Beweis für auch nur eine einzige Tat vorgelegt hat.
Da ist es die beste Strategie, dem Treiben der Verteidigung und Nebenklage zuzuschauen, um irgendwann die rote Karte zu ziehen. So wären sie fein raus und können das Problem der toten Uwes, eines abgefackelten Wohnmobils und der Sprengung eines Wohnhauses deckeln.
Das mag sein, daß er diese Hoffnung hegt. Aber das Gespenst der ermordeten Michelle Kiesewetter, das wird sie immer wieder einholen, egal, was sie zu vertuschen suchen.
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* Screenschotte
** Herbert heißt er. Der Horst ist sein Zuhause. Wir haben ihn nicht erfunden, den Bundesanwalt Horst Diemer. Der Frank Jansen war's. Im Tagesspiegel.