11. November 2014

Pink Floyd: ohne Worte

Wenn du nichts erwartest, kannst du nur überrascht werden.

Es dauerte lange, bis der Fluß endloser Klangbilder sich dort setzte, wo er sich setzen sollte. Im Bauch. Der Saturn zeigte mir die dunkle Seite des Mondes, den kalten Arsch, denn dort war die BluRay ausverkauft. Die sollte es aber sein müssen, da es die CD gratis dazu gibt.

Ergo wurde der lange Marsch zum Media-Markt angetreten, in Berlin fährt es ja wieder. Die größte Wegstrecke wurde allerdings per pedes zurückgelegt, um den Körper ferig zu machen, vorzubereiten für die herbe Enttäuschung, mit der man bestraft wird, wenn man Felix Reek von der Süddeutschen Zeitung auch nur ein einziges Wort glaubt. Sie lügen, daß sich die Schallwellen biegen, wohingegen Alexander Gorkov vorab meinte, sie wollen das verdammte, geile Teil.

Unterm Strich handelte es sich um eine runde Stunde wohlfeiler Entspanntheit, die mir die Soundmixer von Pink Floyd geboten haben. Resterampe verworfener Studioklänge hin oder her. Wenn sich die richtigen Leute mit den Tonbandschnipseln beschäftigen, dann kommt auch was vernünftiges raus. Floydige Musik. Sicher.

Viel wichtiger war aber der 5.1-Mix, der auf den Bauchnabel zielte, auf den ich mich gefahrlos einlassen konnte und der irgendwann zu diesem wohligen Schweben zwischen dem Hier und dem Jetzt führte. Eine Klangwelt, die das Dasein in ein waberndes Plasma verwandelte, nur für den Augenblick gültig, längst verschwunden, als der nächste Ton verarbeitet wurde.

Nein, das ist keine Musik, die sich eine Normalsterblicher merken kann, um sie nächsten Tags auf der Straße frohen Gemüts vor sich hin zu pfeifen. Auch nachts nicht, im dunklen Wald. Es ist die Resterampe von David Gilmour und Kollegen, die zu schlecht befunden ward, als die Division Bell geläutet wurde und zur Pulse-Tournee einlud, um sie als Zweitverwertscheibe unters Vok zu schleudern. Zwanzig Jahre später sind die Zeiten anders. Angesichts grottenschlechten Nachwuchses und von Coverbands, die selbst Fehler pingelig nachspielen, um Pink Floyd an Akkuratesse zu übertreffen, kann es kein Fehler sein, den Papierkorb zu leeren und das Zeugs an die Willigen zu verhökern.

Wer fähig ist, sich mit surrealen Klängen geistiger Entspannung vollkommen hinzugeben, den Körper nachfolgen zu lassen, der macht mit dem 5.1-Mix von "Endless River" keinen Fehler, denn der bietet genau das, was ein Fluß bietet. Bei jedem Hören einen andern Verlauf der Schallwellen. Und wer richtig gut drauf ist, ist für den Moment einer oder auch zweier Sekunden schwerelos, so wie es die erlesene Scheußlichkeit des Covers (Kulturbarbar Arno Frank für die Illustrierte) suggeriert.

Und wer sich die Deluxe-Edition zulegt, wird mit einer feinen bibliophilen Kostbarkeit belohnt, ein sorgfältig editiertes und gebundenes Büchlein mit Fotos und Infos zur Tonwelt, denn mit Worten sind Pink Floyd auf dem endlos dahinfließenden Wellen ihrer Ursuppe sparsam. Sie haben alles gesagt, was es zu sagen gab. Pink Floyd bedarf keiner großen Worte mehr.