15. August 2015

NSU: Blutbilder aus dem Wohnmobil - Teil 4

Teil 1, Teil 2, Teil 3
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Eigentlich wollten wir uns ja nur mit dem Blutbad im Wohnmobil beschäftigen. Das können wir erfreulich kurz machen. Die Blutspur zieht sich von der Eingangstür bis in die Naßzelle. Schauen wir uns die wichtigsten an.




Bluspuren im Wohnmobil: Eingangstür, vordere Sitzbank, rückwärtiger Teil hintere Sitzbank, Zugang Naßzelle, Kochbereich

Die wichtigste Erkenntnis besteht darin, daß dies die Domäne der Rechtsmediziner gewesen wäre. Die hatten für den Tag keine Arbeitserlaubnis ausgestellt bekom­men und somit die einmalige Chance verpaßt, eine Ex­per­tise zu den Spritzmustern in ihr rechts­medi­zi­ni­sches Gutachten einfließen zu lassen. Das ist das Hauptmanko der Tatortarbeit.

Das hätte den Kriminalisten, die mit der Aufklärung eines Mordes betraut sind, wesentlich geholfen. Den Fotos kann entnommen werden, daß es sich im Grunde um wenig Blut handelt und die Spritzmuster, ein paar Schmiereffekte mal unbeachtet gelassen, alle gleich aussehen.

Was von wesentlicher Bedeutung gewesen wäre, auch rechtsmedizinisch, ist die Dokumentation der für diese Todesart zwingend erforderlichen Sauerei von Blut und Hirnsubstanz rund um das Austrittsloch des Flinten­geschosses. Weder über Mundlos hinten noch Böhnhardt im Gang finden sich in den Akten belastbare Aussagen und Dokumente, die das Tatgeschehen in dieser Hinsicht erklären. Mit der Pumpgun erschossen, das wird postu­liert. Doch wo das Gemenge aus Blut, Hirn und Knochen abgeblieben ist, damit auch der Bereich des Projektils oder Austrittslochs der Geschosse bestimmt werden kann, das steht in den Sternen.

Die Probennahme von Humanspuren wurde dokumentiert. Hier sind die Ergebnisse von Bedeutung. Handelt es sich eindeutig und ausschließlich von Spuren der beiden Leiche oder wurde zusätzlich die DNA Dritter festgestellt?

Wurden die Schuhe von Mundlos untersucht? Die müßten bei der Hypothese des BKA großflächig mit dem Blut von Böhnhardt besudelt sein, wenn er nicht akrobatische Kunststücke für das Anzünden des Wohnmobils vollzogen hat.

Die entscheidende frage in unserem Fall lautet. Haben die Tatortermittler die Blutspuren für eine com­pu­ter­gestützte Blutspuranalyse dokumentiert? Oder haben sie es bleiben lassen, weil ein klarer Fall von Selbstmord vorlag? Sprich, weil sie die Anweisung hatten, nicht gar so grünliche Arbeit zu leisten.


Zustand Gang vor Beräumung des Schutts, Zeitpunkt der Aufnahme unbekannt, Blutspuren seitlich erkennbar

Also ... Auf Grund der schlechten Bildqualität in den Akten, fehlender Dokumentation, aber auch des überall typisch gleichen Musters, ist eine Erklärung für die Spuren von Eingang bis Naßzelle recht plausibel. Die sind entstanden, als daß Dach mit Getöse auf den Boden klatschte. Mit Makroaufnahmen der Spuren und deren Aufbereitung für die Computersimulation wäre das ruckzuck geklärt.


Spritzmuster vom Blut auf Toilettendeckel und Wand dahinter

Die Spuren am Klo lassen Spielraum für mehrere Inter­pretationen, auch wenn es nicht gerade viel Blut ist. Kurz gesagt gibt es zwei.

Erstens. Jemand saß kampfunfähig mit dem Rücken zum Klo, Kopf oberhalb des Klodeckels, und wurde von und mit einem Totschläger ermordet. Dabei platzten Blut­gefäße im Bereich des Schädels. Fragen sie ihren Rechtsmediziner und Tatortermittler. Die können sach­kundige Auskunft erteilen.

Zweitens. Jemand hat sich im Bad nach getanem Auftrag die Hände vom Blut gereinigt, sie also schwungvoll Richtung Klodeckel ausgeschüttelt.

Beide Thesen sind wegen der geringen Bildqualität gleichermaßen plausibel, können nur von den Rechtsmedizinern widerlegt werden, die über eine deutlich bessere Dokumentation verfügen müssen.

Insgesamt handelt es sich um eine außerordentlich mangelhafte Dokumentation. Im Grunde sind nur die Fotos von Bedeutung, die vor dem Abtransport des Wohnmobils gemacht wurden. Die von Einsatzleiter Menzel ohne Not verfügte Entscheidung, daß Wohnmobil wegschleppen zu lassen, hat den Fundort der Leichen irreversibel vergiftet. Alles was danach fotografiert wurde, ist polizeiliche Fotofolklore. An der Er­kennt­nis führt kein Weg vorbei.


Die im unmittelbaren Eingangsbereich auf dem Boden in der Nasszelle in Griffweite der hinteren Leiche liegende und geladene Pistole „HK“ P2000 - wird vor Abtransport des Wohnmobils dokumentiert (Nummerntafel 5 - entspricht dem Komplex 1.5 - Hygienebereich) und sofort gesichert um eine weitere Spurenkontamination durch den angewiesenen Abtransport des Wohnmobils zu verhindern. Die Waffennummer wird zeit nah über INPOL abgefragt. Diese Waffe steht in Fahndung im Zusammenhang mit der SOKO „Parkplatz“!


Fotokunst: frei schwebende Nummerntafel mit Pistole

Machen sie sich mal Gedanken darüber, wie es dem Tatortermittler gelungen ist, die Nummerntafel 5 frei schwebend im Raum zu platzieren, so daß der Fotograf auch noch genügend Zeit hatte, das schwebende Objekt zu fotografieren. Es ist, soweit ich das jetzt im Gedächtnis habe, das einzige Foto aus dem Wohnmobil mit so einer Nummerntafel.

Und wir grübeln darüber nach, wieso der Brandschutt von vor dem Abtransport exakt genauso aussieht, wie nach der Endlagerung, obwohl er zwischendurch kräftig gerüttelt und geschüttelt wurde.

Fortsetzung folgt.

[update 14:20 Uhr]

Selbstverständlich wurden die Schuhe von Uwe Mundlos nicht auf DNA-Anhaftungen von Uwe Böhnhardt untersucht. Eine Morduntersuchung fand ja nicht statt.