3. Oktober 2017

Steinmeier schreibt vor allem Stuß - reloaded

Henryk M. Broder
Wenn der Gutsherr zum Gesinde spricht

Ganz am Ende des Wahlkampfs und kurz vor der Öffnung der Wahllokale meldete sich auch noch der deutsche Bun­despräsident zu Wort. Das Wahlrecht, verkündete er ex cathedra, sei „in einer Demokratie vornehmste Bürger­pflicht“, deswegen sollten die Bürger und Bürgerinnen zur Wahl gehen.

So redet ein Gutsherr zum Gesinde, das alle paar Jahre ein Fest feiern darf. Es gibt keine Wahlpflicht in Deutschland, nur ein Wahlrecht. Wie die Religionsfreiheit das Recht einschließt, keiner Religion anzugehören, gehört zum Wahlrecht auch das Recht auf Wahlenthaltung, egal aus welchen Gründen. Die „vornehmste“ – und im Grunde einzige - Pflicht der Bürger ist es, sich an die geltenden Gesetze zu halten. Man könnte allenfalls noch hinzufügen: Die Steuern zu zahlen und innerorts nicht schneller als erlaubt zu fahren. Alles Übrige ist Ansichts- und Geschmackssache.