26. Oktober 2020

einige Gedanken zum Interview mit Michael Buback



Im Gespräch: Michael Buback (“Der General muss weg!”: Siegfried Buback, die RAF und der Staat)

https://tube.kenfm.de/videos/embed/d08caa6e-cf80-4320-b887-0019f8ec8656

Zuerst eine technische Anmerkung. Das Interview kennzeichnet den besten Stand zeitgemäßer Film- und Audiotechnik. Die beiden Protago­nisten sind hervorragend fotografiert. Es gibt wesentlich nur drei Perspek­tiven. Die Szenerie ist absolut aufgeräumt, so daß nichts im Bild stören kann und man sich demzufolge auf das Interview konzentrieren muß. Dazu trägt auch der Schnitt bei, der völlig abseits der weit verbreiteten Standards aller Sender völlig aus der Reihe tanzt und den Augen die Zeit gibt, sich der jeweiligen Schnittszene anzupassen. Da wurde insgesamt rein gar nichts dem Zufall überlassen.

Sehr starker Interview. Da kann die ARD in keiner einzigen ihrer Abend­sendungen mithalten. Das ZDF sowieso nicht. Wäre auf allen Program­men um 20.15 Uhr sendefähig.

Mir fallen jetzt nur HFO und GG, Heinz Florian Oertel (Porträt per Telefon) und Günter Gauss (Gauss im Gespräch) ein, die mit ähnlichem Gespür für ein gut zu führendes Interview glänzten und, kein Wunder, ähnliche fotgrafische Verfahren nutzten, dem damaligen technischen Stand der Zeit entsprechend.

Etwas abseits davon gab es noch Heinwowski und Scheumann mit ihrem Kracher über den Kongo-Müller. Der Spree-Müller wäre eigentlich auch mal dran, in die Mache genommen zu werden.

Es gibt aus dem sehenswerten Interview drei Problemkreise, die muß man nur platt walzen wie ein Briefmarke, dann kommt eine langer und breiter Blogpost dabei raus. Ich habe derzeit aus persönlichen Gründen keine Zeit, die Ostsee ist weitaus wichtiger als vergangene Weltenläufte, das zu einen veritablen Blogpost umzudichten. Deswegen hier nur Stichpunkte.
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ab 14:27,539 srt

Wenn man sich intensiv mit der Materie beschäftigt, dann versteht man schon, weil Verena Becker war damals schon eine geführte Informantin, Agentin ... des Verfassungsschutzes, das haben wir im ersten Gespräch schon angesprochen, hat letztendlich auch der Verfassungsschutz auf ihrem Vater geschossen hat, auch wenn sich das jetzt brutal anhört, aber sie war, sie hat für den Staat gearbeitet, Verena Becker, und zwar schon sehr früh.
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Das ist aus der srt-Datei, von mir in lesbares Deutsch gefälscht. Jebsen konfrontiert Buback hiermit mit der harten These, daß sein Vater von Verfasssungsschutz ermordet wurde. Die wird leider bis zum Ende hin nicht ausdiskutiert, denn Buback ist für die mildeste Lösung, die da lautet. Becker soll es öffentlich oder ihm gegenüber zugeben und gut ist.

Nun zu den beiden anderen Komplexen. Das ist ab ca. 57 min. und zieht sich eine Weile hin. Hier geht es einmal um die nicht tolerierbare Komplizenschaft von Beamten des Staats mit Teroristen. die eigentlich These, der Staat ist der Terrorist (Helmut Schmidt bei dem schönen Giovanni), wird nicht diskutiert. Schade. Buback will das nicht wahrhaben wollen und sperrt sich innerlich gegen diese Binse. Das ist übrigens sein gutes Recht und nicht kritikabel.

Das Thema wird an den Richtlinien abgehandelt, die wir kürzlich auch nochmal beim Amri im Blog hatten.
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KJ: Wann ist ihnen klar geworden, daß das gar nicht aufgeklärt werden darf?

Das ist durchaus möglich.

Das Hauptproblem über allem, das Urübel ist diese Kooperation Geheimdienst Terrorist, nicht. Und das ist eine Sache, die darf nicht herauskommen. Wir Bürger, also ich erwarte ja, der Staat schützt mich vor Terroristen. Und ich gehe davon aus, Terroristen greifen den Staat an*. Daß jetzt diese beiden eine Kooperation haben, wie es jetzt für Frau Becker feststeht, das ist etwas, was mir vor zehn zwölf Jahren undenkbar gewesen wäre, vermutlich auch vielen anderen. ... Das ist eine Kooperation, die darf um keinen Fall bekannt werden. ...

KJ: Vielleicht hat die Person auch den Auftrag bekommen, ihren Vater umzubringen? Die war daran nicht beteiligt, die hat ihren Job gemacht.

Ich bin ja für die mildeste Form. Das, was sie jetzt sagen, ist eine sehr gravierende Form, aber ich werde mich hüten, das zu bestätigen. Natürlich kann ich's nicht ausschließen.

Jeder Generalbundesanwalt ist weisungsgebunden. Es gibt ja diese Richtlinien der Zusammenarbeit. ... Die Geheimdienste können auf Grund dieser Richtlinien den Staatsanwalt und damit die Polizei zum Innenhalten bei den Ermittlungen bewegen.
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Dieses Gnadenheft [für Verena Becker], das an den Bundespräsidenten ging, da ist eine Passage gesperrt, und ich versuche seit mehreren Jahren von mehreren Bundespräsidenten, diese Passage ungeschwärzt zu bekommen. ... Trotzdem ist klar, was ungefähr da drin steht. Frau Becker hat den Ermittlern, sie hat Namen genannt.

KJ: Die RAF war ein Werkzeug, das von verschiedenen Diensten genutzt wurde.
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Dann verweist Buback nochmal auf den Dreh, daß sie die Uwes nicht anklagen konnten, weil die tot waren, der GBA aber über den Trick des §129a eine terroristische Vereinigung gründete, so daß er andere anklagen konnte, die nichts mit den zur Rede stehenden Taten gemein hatten. Zschäpe war in keinen einzigen Mord verwickelt, bekommt aber alle mit dem §129a übergeholfen. Der Paragraph ist ein Freibrief für den GBA, denn er muß nichts mehr ermitteln und begründen. Terroristische Vereinigung reicht, dann haftet man für die Taten aller. Geht erst ab drei, deswegen wurde bei Zschäpe zu diesem Trick gegriffen, damit sie überhaupt vor Gericht gestellt werden kann.

* Das ist. m.E. selten. Terrorismus fordert den Staat heraus, indem er sich gegen die Zivilbevölkerung wendet und massenhaft Angst und Horror erzeugt.