23. März 2024

Röper und Wendt

Stilübung

Thomas Röper

Die Präsidentschaftswahlen in Russland waren vor allem eine Vertrauensfrage Putins an das russische Volk. Und die Russen haben Putin in aller Deutlichkeit ihr Vertrauen ausgesprochen, wie das Wahlergebnis gezeigt hat. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, den man verstehen muss.

Da beginnt jedoch das Problem, das die Entscheidungsträger im Westen haben. Sie studieren an Universitäten, in denen schon die Auseinandersetzung mit den russischen Standpunkten als „russische Propaganda“ eingestuft wird. ... Die Studenten im Westen kennen die russischen Positionen und Argumente in der Regel nicht einmal.

Und wenn die Studenten sie nicht kennen, dann gilt das auch für die sogenannten Experten im Westen, denn die sind ehemalige Studenten, die nach dem Studium in westlichen Denkfabriken arbeiten und dort die Politik gegenüber Russland ausarbeiten. Alle diese westlichen „Experten“ sind Opfer ihrer eigenen Propaganda, die sie für wahr halten.

Das russische Eingreifen in der Ukraine hätte den Entscheidungsträgern im Westen eigentlich eine Lehre sein sollen, die russischen roten Linien ernst zu nehmen. Aber das war es nicht, oder nur sehr kurz.

Dass ein paar tausend entsandte französische Soldaten die russische Armee aufhalten könnten, ist militärisch gesehen Unsinn, man spekuliert im Westen also darauf, dass Russland davor zurückschrecken könnte, die französischen Einheiten anzugreifen.

Für Russland geht es in der Ukraine um die eigene nationale Sicherheit und bei der hört Putins Geduld auf, wie der 24. Februar 2022 gezeigt hat. Russland wird von seinem Ziel, die Ukraine demilitarisieren und einen NATO-Beitritt der Ukraine zu verhindern, nicht abrücken. Und auch französische oder andere westliche Soldaten in der Ukraine werden daran nichts ändern.

Alexander Wendt
Das Richard-Wossidlo-Gymnasium in der mecklenburgischen Stadt sieht deutlich schicker aus als die Schulgebäude in der kleinen sächsischen Stadt, in denen ich in den achtziger Jahren mal lernte, mal nicht. Der Direktor in Ribnitz-Damgarten namens Jan-Dirk Zimmermann drückt sich vermutlich geschmeidiger und medienaffiner aus als die leitenden Pädagogen, die ich damals erlebte. Und selbstverständlich sehen die Polizisten heute anders aus, sie benehmen sich auch anders. Schließlich handelt es sich auch um ein anderes Land. Da ich beide kenne, kann ich die Unterschiede ganz gut beurteilen. Die Ähnlichkeiten allerdings auch. Ein bestimmter Typus bleibt zeit- und systemübergreifend erhalten. Ohne günstige Bedingungen zieht er sich in Nischen zurück, in einem für ihn idealen Klima blüht er auf und neigt dazu, sein Einflussgebiet stark zu vergrößern. In Herrn Zimmermann, der übrigens gar nicht aus der Täterä stammt, sondern aus dem fernsten Westen, aus Aachen, erkenne ich bestimmte Figuren aus meiner Jugendzeit wieder. Und nicht nur Figuren. Die Geschichte aus Ribnitz-Damgarten bringt tiefunten abgespeicherte Erinnerungen wieder nach oben. Mir kommt es in solchen Momenten vor, als würde mein früheres Leben in eine zweite Runde gehen, auf einem etwas anders (besser) ausgeschmückten Parcours, aber prinzipiell der gleichen Strecke. Das würde immerhin meine chronische Müdigkeit erklären.

Sollte ich das noch einmal erleben, dann weiß ich, dass auch die biografische Runde zwei komplett hinter mir liegt. Für den dritten Durchgang fehlt mir die Lebenszeit, gottseidank.

Die Anmerkung
... bestimmt das Sein das Bewußtsein. Ohne DDR-Sozialisierung keine DDR-Denke. Geht nicht, egal wie heftig es sich die Schmierfinken aus dem Arsch ziehen.