11. Mai 2024

was für Höcke spricht

Stilübung

Ulrich Vosgerau

Der geschätzte Kollege Volker Boehme-Nessler kommentiert auf CICERO+ weithin ordentlich das Hallenser Strafverfahren gegen Björn Höcke. In einem wichtigen Punkt muß man ihm allerdings widersprechen! Nämlich, wenn Boehmer-Nessler – freilich ohne damit sagen zu wollen, Höcke habe auch nur den objektiven Tatbestand erfüllt, denn er hat die ominösen drei Worte "Alles für Deutschland" ja eingebaut in einer längere Wendung mit ganz eigenem Sinngehalt verwendet, und ohne (selbst wenn der objektive Tatbestand erfüllt sein sollte) Höcke auch Vorsatz zu unterstellen – immerhin behauptet:

"Der historische Befund ist klar und völlig unstrittig. Die Parole 'Alles für Deutschland' war die Parole der SA, einer verbrecherischen nationalsozialistischen Organisation. Zwischen 1933 und 1945 war sie im Alltag Deutschlands überall zu lesen und zu hören."

Denn da würde ich gerne wissen: woher weiß er das? Jetzt bin ich aber fast erregt, wodurch wird denn das belegt?, hieß es nicht von ungefähr in einem berühmten Gerichtsverfahren.

Alle Kommentare, in denen das steht, zitieren zum Beleg immer nun eine einzige Gerichtsentscheidung (mehr gibt es denn auch nicht), OLG Hamm, Urt. v. 01.02.2006, 1 Ss 432/05. In dieser Entscheidung stellt das OLG Hamm zwei Behauptungen auf, nämlich 1) die drei Worte seien "die Losung der SA" gewesen, und 2) dieser Umstand sei "allgemein bekannt". Weder für die eine noch die andere Behauptung liefert das OLG Hamm jedoch irgendeinen Beleg, etwa aus der Fachliteratur. D.h., die Fachhistoriker – ob sie nun über die Geschichte der SA forschen oder über den Sprachgebrauch im "Dritten Reich" – scheinen, anders als das OLG Hamm, gar nicht zu wissen, daß diese Wortfolge "Die Losung der SA" gewesen sei, noch, daß sie überhaupt im "Dritten Reich" eine nennenswerte Rolle gespielt habe.

Sagte ich ja, daß es zuförderst eine Losung der Sozen, Reichsbanner afD, war und der Bekanntheitsgrad als Losung der SA eine urban legend ist. Es ist der Wunschgedanke aus einer sehr fragwürdigen und völlig fehlerhaften Urteilsbegründung. Einer einzigen, denn mehr Urteile dazu gibt es nicht, wie Vosgerau anmerkt.

Den Vosgerau möchstest du nicht als Gegner in einem Strafverfahren haben.