1. November 2006

Biermann

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taz Berlin lokal Nr. 8113 vom 31.10.2006, Seite 22, 29 Agentur

Biermann soll Ehre bekommen

Der Liedermacher Wolf Biermann sollte nach Ansicht des CDU-Politikers Uwe Lehmann- Brauns Berliner Ehrenbürger werden. "Das hat er wirklich verdient, er ist eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Berliner Nachkriegsgeschichte und Berlin gehört seine Liebe", sagte der Vizepräsident des Abgeordnetenhauses gestern. "Viele Menschen, aus allen politischen Lagern, wünschten sich, dass Biermann Ehrenbürger der Stadt würde." Auch Spitzenpolitiker der rot-roten Koalition unterstützen den Vorschlag. So auch Harald Wolf (Linkspartei): "Biermann hat Verdienste in seinem Eintreten für Demokratie und Menschenrechte. Ich kann mir eine Unterstützung vorstellen."

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Wieviel Unfug steht eigentlich in dieser dürren Agenturmeldung drin?

Biermann eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Berliner Nachkriegsgeschichte?
Daß ich nicht lache.

Berlin gehört seine Liebe?
Ich lach ja schon wieder.

Viele Menschen aus allen politischen Lagern wünschen sich das?
Nun prustet die Lachsalve nur so aus mir raus.

Welche Verdienste sollen das denn sein, die sich Biermann in den Fächern Demokratie und Menschenwürde erworben hat?
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Biermann als Künstler zu bezeichnen halte ich für gewagt. Lebensküsntler, das würde ich durchgehen lassen. Seine Kunst bestand schlichtweg darin, etliche Leute zum Narren zu halten und an der Nase herumzuführen. Zuerst im Osten, und als da einige merkten, daß so ein Nasenring auch fürchterlich weh tun kann, wenn heftigst dran gezottelt wird, damit die gewünschte Richtung eingeschlagen werde, als die das merkten, jagten sie ihn davon. Und in seiner neuen Wohngegend machte er so weiter, wie er es gelernt hatte. Sich durchs leben künsteln. Und es hat geklappt.

Von einem, der sich als Künstler bezeichnet, erwarte ich, daß er diesen Beruf auch ausübt. Davon war bei B in den letzten drei Jahrzehnten nichts zu merken.

Ich hatte die Ehre, gestern Abend T.V. Smith livehaftig im Berliner Knaak-Klub zu erleben. Was dieser fünzigjährige Alt-Punker auf die Bretter geknallt hat war schlichtweg genial.* Das ganze für Brutto 11 Euro. Aus meiner Sicht hat T.V. damit weitaus mehr für diese Stadt und mich getan, als B.

* Ich kann es auch ruhigen Gewissens als Weltklasse bezeichnen. Es gibt nur wenige Solisten mit zugekaufter Begleitband (u.a. Vom Richie von den Toten Hosen am Schlagzeug), die ein dermaßenes Feuerwerk abfeiern können.