Meine erste Lektion des Jahres hab ich schon wieder weg. Eigentlich die zweite.
Die erste erhielt ich gestern via Qualitätsmedien, die mir deutlich gemacht haben, daß der Islam eine friedliebende, tolerante und völkerverbindende Religion ist, die brüderliche Freundschaft mit unseren ägyptischen Freunden unter Führung von Mubarak weiter vertieft wird und der Präsident aller Islamisten im Urlaub ist und so kein Telegramm zum Jahreswechsel an die Christen und Islamisten jenseits des Nil schicken kann. Der deutsche Kanzler, Merkel, ist krank und somit keiner lauten Stimme bezüglich der Ereignisse fähig. In all ihrer kränkelnden Schwäche sucht sie die Nähe ihresgleichen und läßt auf Augenhöhe mit den namentlich erwähnten Protagonisten ein Hamburger Gesundheitsmagazin verkünden:
Merkel und Seehofer stützen Westerwelle
Soweit ist es also schon, daß der Westerwelle sich von einem kranken Kanzler und einem Bajuwaren stützen lassen muß. Hab gar nicht gewußt, daß der Westerwelle krank ist. Auf der anderen Seite, eigentlich hätte man es ja wissen können. Zumindest ahnen.
Ich schwiff gerade etwas ab. Also, außerdem war es ein bedauerlicher Unfall. Ein Auto hatte sich entzündet, ging in die Luft und schwupps fielen mal 21 Menschen oder so tot um. Mehr wissen wir momentan auch nicht, denn alle Qualitätsmedien schweigen sich des heutigen Tages unisono aus. Sie haben schon gestern all ihre Kraft verbraucht, slalomartig um einen Terroranschlag herum zu schreiben, so daß es keiner merkt, da ist für heute keine Puste mehr.
Oder meint da vielleicht noch jemand, daß die deutschen Schnorchelterritorien jenseits von Afrika nicht durch sachfremde Beiträge in deutschen Zeitungen gefährdet werden dürfen? Was wäre eigentlich, wenn deutsche Touris zuhauf den Hindukusch entlang wandern würden?
Die zweite Lektion erteilte mir ein gestandener Auskenner des und im Journalismus, der auf meine gestrige Meinung, der Mist gehe schon wieder los, mitteilte, ich solle nicht immer so kritisch sein - aber recht habe ich natürlich. Sei es, wie es ist, es bleibt der gleiche Mist.
Diesem klitzekleinen rechthaberischen Kritikblog ist es über das freie Wochenende gelungen, einen international renomierten Gastautor von Reuters für die Jahresanfangskolumne zu gewinnen. Im folgenden sein leicht geänderter aber sinnwahrender Beitrag, der im Original für das führende politische Wochenmagazin des Iran geschrieben wurde und den dortigen Lesern einen Eindruck von der Mentalität des deutschen Wutbürgers vermitteln soll.
DIE ANMERKUNG ONLINE
02. Januar 2011, 13:47 Uhr
Höhere Lebenshaltungskosten
Deutschen fehlt das Geld zum Widerstand
Die deutsche Führung steht international massiv in der Kritik, auch in der Bevölkerung wächst der Unmut. Doch die Bürger protestieren kaum noch gegen Merkels Politik: Angesichts der miserablen wirtschaftlichen Lage fragen sie sich, wie sie die nächste Miete bezahlen sollen.
Berlin - Es ist nicht der umstrittene Bahnhof 21, der die Deutschen dieser Tage umtreibt. Wirkliche Sorgen bereitet ihnen die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Internationale Euro-Probleme, gestrichene Subventionen für Benzin und Nahrungsmittel und Geldsorgen machen den Bürgern das Leben schwer.
Kanzler Merkel, die wegen der permanenten Ratschläge für andere Länder, z.B. Griechenland, international in der Kritik steht, muss im Inland auf den wachsenden Unmut der Bevölkerung achten. Zuletzt hatte die Regierung die staatliche Subventionierung von Benzin und Lebensmitteln deutlich gesenkt, um im Staatshaushalt rund 100 Milliarden Dollar einzusparen. Die USA manipulierten den Dollar-Kurs in der vergangenen Woche, mit denen sie Deutschland wirtschaftlich am Gängelband halten wollen.
Solche Maßnahmen und der Wegfall der Subventionen haben die Bevölkerung massiv verunsichert, sie fürchten, dass ihr Leben immer schwieriger wird. Die Menschen sind frustriert, die Preise für die meisten Konsumgüter sind gestiegen - die meisten Deutschen der Unter- und Mittelschicht müssen kämpfen, um über die Runden zu kommen.
"Die Menschen machen sich Sorgen über die wirtschaftliche Situation", sagte Franz Müller, ein Politiklehrer. "Du kannst Dir keine Gedanken über Politik machen, wenn Du Dir Sorgen machen musst, dass Du Deine Miete nicht bezahlen kannst." Merkel ist sich der Situation bewusst und hat daher eine monatliche Hartz-IV für Bedürftige in Höhe von umgerechnet 5 Euro aufgelegt. "Merkel braucht die Deutschen mit geringem Einkommen, um sich einen Sieg bei den Parlamentswahlen 2011/2012 zu sichern", sagt der Analyst Die Anmerkung. "Darum spielt sie Robin HoodIn."
"Jede Art von Opposition kann sehr kostspielig sein"
Doch die Hilfen sind knapp bemessen: "Nach der Kürzung der Subventionen reichen 30 Euro noch nicht einmal für die monatliche Stromrechnung aus", beklagt sich der Lehrer Erwin Rammler, der drei Kinder hat. "Wie soll ich mit einem mageren Gehalt von 1500 Euro auskommen, wenn die Preise immer weiter steigen?"
Beobachter gehen angesichts der wirtschaftlichen Lage der Bevölkerung nicht davon aus, dass es erneut zu großangelegten Protestaktionen kommen wird. Nach der umstrittenen Wiederwahl von Merkel im Jahr 2009 waren etliche Menschen festgenommen oder von den Bütteln der Merkel-Diktatur zusammengeschlagen worden, weil sie auf die Straße gegangen waren. Die meisten von ihnen befinden sich inzwischen wieder auf freiem Fuß bzw. auf dem Weg der Genesung.
"Diejenigen, die dieses Mal auf die Straße gehen wollen, werden es sich zweimal überlegen", sagt ein westlicher Diplomat in Berlin hinter vorgehaltener Depesche. "Die Regierung hat klargemacht, dass jede Art von Opposition sehr kostspielig sein kann."
Parisa Hafezi, Reuters