Ich hatte ja angekündigt, noch etwas zum "Kuhhandel an der Cantianstraße" zu vermelden.
Das wollte ich soundso schreiben, ohne mit der Nase von der Berliner Zeitung drauf gestoßen worden zu sein. Drauf gebracht hat mich ein Erbstück, daß ich dieser Tage in der Hand hielt, ein Plastikregenmantel.
Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wann mein Vater den erworben hat, schon gar nicht daran, ab wann der im Konsumgüterportfolio eines Schwermaschinenbaukombinates gewesen ist. Aber an die Zusammenhänge kann ich mich sehr wohl erinnern. Die haben mit meiner Kindheit im Stadion an der Cantianstraße zu tun. Derer Ereignisse gab es drei.
FC Vorwärts Berlin
Ja, als Stift war ich begeisterter Anhänger von Vorwärts. Gab ja nichts anderes. Mein eigenes Engagement in einem Fußballclub endete nach dem ersten Spiel, das wir so um die 15:3 versemmelten. So einen SPort fand ich zum selber machen dann doch etwas unspannend. Zuschauen war spannender. Damals allemal, denn der FC Vorwärts Berlin war schon eine der besten Mannschaften, der man für wenig Geld und viel Spaß angesichtig werden konnte.
Und was waren das noch für Feste, da man nach einem grandiosen Erfolg den Rasen bevölkerte und gemeinsam mit den Fußballern den Endsieg feierte. Eines dieser Spiele war damals z.B. gegen Panathinaikos Athen.
Das allerletzte Spiel an der Cantianstraße wurde als Volksfest organisiert, wo Sturm der Rasenfläche eh eingeplant war. Für Kinder gab es kleine Fußbälle, Wimpel, na eben all das, was zum Fußball so dazu gehört.
Später war ich nur noch bei den Clubs an der Alten Försterei bzw. im Harbig-Stadion zugegen, zuweilen auch auf diesem und jenen Dorfacker. Drei- oder viermal war ich auch beim Pokalendspiel im Walter-Ulbricht-Stadion (Stadion der Weltjugend / BND-Hauptquartier im Bau). Alle Spiele selbstverständlich ausverkauft und, wie es sich für Pokalendspiele gehört, vor grandioser Stimmungskulisse.
Der FC Vorwärts Berlin, die erfolgreichste Gesamtberliner Mannschaft nach dem Zweiten Weltkrieg (Berliner Zeitung 2011) und ich war dabei gewesen. Ziemlich oft.
Friedensfahrt Etappenankunft
Die Friedensfahrt machte bei ihren Etappen in Berlin sowohl im Cantianstadion als auch in der Karl-Marx-Allee die Zielankunft. Mal so mal so. Die im Cantianstadion fand ich spannender. Die Stimmung auch. Pech war, wenn man keine Karte für das Stadion bekommen hatte und "nur" an der Zufahrt zum Stadion Spalier stehen konnte. Für einen Stift war das egal, Menschenmassen, Menschenmassen, Menschenmassen, wenn das Fahrerfeld gen Ziel huschte.
Leichtathletik Grand-Prix
Keine Ahnung, ob das damals Grand-Prix hieß. Dazu hatte ich bereits aus anderem Anlaß geblogt. Das soll hier nicht vertieft werden. In Dresden im Heinz-Steyer-Stadion habe ich in den 80ern nochmal einen Klasse Grand-Prix gesehen, Heike Drechsler mit 7,45 Meter drei Meter von mir entfernt, keine Barrieren und die Sportler zum Anfassen.
Ja, das war meinen Kindheit an der Cantianstraße, eine schöne Zeit, die heute schwer erklärbar ist. Wie will man erklären, daß es mal Zeiten gab, in denen man straflos nach dem Spiel das Spielfeld stürmen durfte?
Was hat diese plastische Regenmantel nun damit zu tun? Ganz einfach. Erst kürzlich hatte es fünf (!) Tage hintereinander geregnet, weil, so entnahm ich den offiziellen Verlautbarungen, Nässe die neue Erderwärmung ist. Übrigens, für die nächsten 5 Tage, wieder Donnerstag bis Montag, ist Regen mit 90% angesagt. Hat ja lange nicht geschifft, wird's also wieder mal Zeit.
Jedenfalls konnte man damals für'n Groschen oder einen Fuffziger, ich weiß es ehrlich gesagt nicht, so einen Regencape an der Cantianstraße erwerben, um damit 2 Stunden Regenfußball oder Leichtathletik oder was weiß ich zu überstehen. Und das Cape, das ich habe, das ist aus dieser Zeit.