23. Februar 2012

warum Die Linke überflüssig ist

SPIEGEL-ONLINE 23. Februar 2012, 18:34 Uhr
Wulff-Nachfolge

Linke uneins über Gauck-Herausforderer


Sehr geehrte Die Linke,

ich habe keine Ahnung, ob es in eurem Vorstandsbüro oder bei der Bun­des­tags­fraktion jemanden gibt, der den Blog von fefe wenigstens quer mitliest und den Extrakt daraus an kompetente Entscheider durchreicht. Ihr hättet ein Füllhorn an Erkenntnissen für euer gesellschaftliches Selbstverständnis abschnorcheln können. Falls Interesse besteht, internetdrucke ich euch die Kerngedanken aus, vertüte die halbe DIN-A4-Seite und lasse das per Schneckenpost zustellen. Die Kosten sind überschaubar und werden von mir übernommen.

Ihr hättet mal seine posts zu den Piraten lesen sollen, dann wärt ihr jetzt um einiges schlauer. Die Piraten haben in den vergangenen Tagen die Stunden der Gunst nicht erkannt und die Situation dermaßen gründlich verkackt, daß bei mir im Keller bereits das Rieselfeld wieder hochblubbert, auf dem das Haus errichtet wurde, in dem ich wohne.

Die Akklamation von Gauck zum Präsidenten ist gegessen. Da hilft kein Jam­mern und kein Klagen.

Sich in einer solchen Situation der öffentlichen Politwichserei hinzugeben und einen eigenen Kandidaten der Linken zu suchen, der das gesamte deutsche Volk in Würde repräsentiert, das ist schon sehr grenzwertig, was ihr da mo­men­tan veranstaltet. Ihr beschädigt in aller Öffentlichkeit Per­so­nen, die offen­sicht­lich bereit sind, dieses unwürdige Spiel mit­zu­spielen.

Ergo wiederhole ich noch einmal das bereits Gefragte.

Eure Kandidaten sind im Durchschnitt genau 70. Da darf eine Frage zu­min­dest erlaubt sein. Ihr wollt uns jetzt nicht verarschen? Oder etwa doch?

Zu retten seid ihr leider nicht mehr, denn es würde nur die Notbremse helfen: Niemanden nominieren und gegen Gauck stimmen. Mehr müßt ihr nicht tun. Aber, so scheint mir, ihr seid da leider noch ganz bei Hegel, der, wenn ich mich recht entsinne, den Spruch erfand

Freiheit ist die Einsicht in die Trostlosigkeit.

Ihr lebt derzeit diese trostlose Freiheit in aller Öffentlichkeit aus.

Leider hat erst Engels jene denkerische Mühe aufgewandt, den tiefen Sinn dieses Bonmots zu erfassen. Im Anti-Dühring entwickelt er den Hegel­schen Gedanken weiter und schreibt:

Freiheit des Willens heißt daher nichts andres als die Fähigkeit, mit Sachkenntnis entscheiden zu können.

Bis zur Aneignung der Sachkenntnis über eure Trostlosigkeit ist es noch ein langer Weg. Seid so frei und geht diesen Weg. Ich für mich zweifel an, daß ihr noch gebraucht werdet. Zumindest nicht so, wie ihr euch tages­aktuell geriert.