21. September 2012

Die Anmerkung der Verhaftung entgangen

Ich hatte ja erwähnt, daß hier vier oder fünf Tage lang einer Madonna gehuldigt wird, was mir wegen des Radaus bis tief in die Nacht und der zutiefst pornografischen Musik tierisch auf den Sack geht.

Der Hund der Zauberin ist mir heute früh auch tierisch an den Sack gegangen, worauf ich ihm sagte, dies sei meiner, den brauche ich noch, er möge sich was anderes aussuchen. Erstaunlicherweise kuschelte er sich dann an mich und holte sich eine Dosis Zuwendung. Aber das ist eine vollkommen andere Geschichte.

Ich komme nach dem Abendessen in vollem Ornat, Kamera und dicke Kopfhörer auf den Ohren, aus dem Hotel, da läuft bei gerade noch tauglicher Abendbeleuchtung irgendein Kinderprogramm. Da ich es mir zur Pflicht gemacht habe, den grottenschlechten Geschmack anderer Völker zu dokumentieren, fotografierte ich natürlich, kontrollierte gleich, korrigierte die Belichtungswerte usw.

Plötzlich tippt mir ein Tourioutfit auf die Schulter und erheischt Antwort auf die Frage meines fotografischen Begehrs. Wer ich sei, welche Sprache ich spreche. Er zückte einen Polizeiausweis. Oha, ein Zivi auf Jag nach Kindesentführern, der mir bei meiner Arbeitsweise zugeschaut hatte und es hoch verdächtig fand. Denn darum ging es wohl,wenn ich sein Brockenenglisch recht verstand.

Ich nahm erst mal die Kopfhörer ab und drehte deutschen Brachialrockern den Saft ab.

Wir verständigten uns auf Englisch. Nun gab es genau das Problem, das ich vorige Woche schon mit der Physiotherapeutin hatte. Ich kann mein Englisch, das Gegenüber seines, im heutigen Fall auch schlecht. Ich stand unter dem schweren fotografischen Verdacht der Anfertigung von Bildern möglicher Entführungskandidaten, so viel hatte ich verstanden. Daß ich ein verkacktes four or five days Madonna event document wolle, das hat er nicht kapiert.

Show me the pictures.

Machte ich bei den dreien, die ich angefertigt hatte, die anderen gingen ihn nichts an

Wait, I call the Guardia Civil.

Yes. We can wait here.

Das ging eine ganze Weile so weiter, weil ich nicht verstand, was er wollte, er wiederum nicht, was ich antwortete oder behauptete.

Ich fing dann doch an, die Bilder durchzurollen.

Er hingegen: And where is the preview picture?

Ich verstand immer noch nicht, was ich wollte. Mit Interesse schaute er sich dann doch kackende Hunde, großzügige Landschaftsaufnahmen oder vulkanische Detailstudien an.

Und jetzt kommt der Clou, auf einmal ließ er von mir ab.

Excuse me please. Have nice Holiday. I call Guardia Civil, they don't come. Please, excuse me.

Ein Polizist hat einen Urlauber belästigt. Das ist sein gutes Recht, erst Recht seine Pflicht, wenn es um Kindesentführung geht.

Was mich aber noch viel mehr von den Socken gehauen hat, das war die Entschuldigung für sein hoheitlich befugtes Handeln. Ich kann mich noch gut an zwei deutsche Zöllner erinnern, die mich mal vor vier Jahren anmachten, die ganze Zeit schlecht drauf waren und nur rumblubberten. Ich war noch schlechter drauf, habe denen meinen Ausweis in die Hand gedrückt, die Arme verschränkt und ihnen schweigend bei der Arbeit zugeschaut.

Das sollte man auch in der BRD in den Ausbildungsplan von hoheitlich tätigen Beamten aufnehmen. Wenn die mit ihrer Verdachtsdiagnose daneben liegen und einen Bürger belästigen, dann haben sie sich für ihr Fehlverhalten zu entschuldigen. Das wäre mal ein echter Klimawandel. In der Gesellschaft.

So, gleich müßte die Nachtsession loskrawallen. Mal hören, welchen Gruselsound die heute darbieten.