16. März 2014

archäologische Musik

Nun geistert er doch noch einmal durch die Medien, statt auf den Sanges­büh­nen der Welt junge Menschen zu erschrecken.

Es gibt ja diese Art Lebenskünstler, also Künstler, die vor 40 oder 50 Jahren für eine Handvoll Lieder ihren Lebensplan aufgegeben haben und mit dem schmalen Repertoire durch die Länder und Radioapparate der Welt tingeln, um sich ihren Lebensunterhalt zu ersingen. Bei ganz wenigen klappt das wie geschmiert. Bob Dylan ist so einer. Irgendwann in den 60ern, als er Material für eine Stunde zusammen hatte, überkam es ihn. Er schmiß seine Holz­klampfe weg, um seine Fans fortan mit elektrisch verstärkten Reden zu verzücken.

Doch der ist nicht gemeint. Wir denken da eher an dessen Bruder im Geiste, Neil Young, der sich schon freut, wenn seine Akkorde aus den Boxen gequietscht kommen, als ob sich Messer und Gabel verkeilt haben und in einer schwierig anmutenden Aktion wieder auseinander gekriegt werden müssen.

Neil Young, immer für verrutschte Töne wegen Übersteuerung der Anlage und nuschelige Volksansprachen gut, bettelt im Internet um ein paar Dollar, damit ihm seine Gläubigen einen Musikspieler finanzieren, der mit so an die ein Mille vorfinanziert werden muß, dann aber Hörgenuß bereitet, wie ihn noch nie ein Mensch vernommen hat, damit er, der in seinem eletrischen Schaffen nie über die Qualität eines guten Küchenradios hinauskam, endlich in jener akustischen Qualität wahrgenommen werden kann, die er für sich beansprucht, also der eines sehr guten Küchenradios.

Heise und alle anderen angeschlossen Medien berichteten. Die Hannoveraner, außer Hal Faber, noch sachlich, daß der Musikknochen nun gebaut werde. Andere sehen die nächste Revolution im Anmarsch oder raten gar zu einer Entrümpelung. Nun, solange es nur eine Revolution im Musikgeschäft geht (focus), geht uns das alles nichts an.

"High-End-iPod" Pono wird gebaut (heise)
Werft eure iPods weg und alle MP3-Player hinterher (welt)
Neil Young: Neil Young will das Musikgeschäft revolutionieren (focus)
MUSIKALISCHE REVOLUTION? Neil Young zum PonoPlayer: "Wenn man das gehört hat, gibt es kein Zurück" (Rolling Stone)
Highend-Hörgenuss: Musiker Neil Young arbeitet an Musik-Player für höchste Ansprüche (T-Online)
Neil Young greift Apple mit Highend-Sound an (welt)
Pop! Neil Youngs Pono-Revolution (Spiegel)


Räumen wir erst mal mit eindeutigen Fehlinformation auf, die von deutschen Medien verbreitet wurden. Das ist kein High-End-iPod. Man muß weder seine iPods noch die MP3-Player wegwerfen, so sie funktionstüchtig sind. Das Mu­sik­geschäft wird mit dem Musikknochen definitiv nicht revolutioniert. Wenn man das hört, gibt es immer ein Zurück. Neil Young arbeitet, wenn überhaupt, an seinem nächsten Album oder Auftritt, definitiv nicht an dem Player. Neil Young kann Apple gar nicht angreifen. Wie soll das gehen? Vor allem leitet Neil Young keine Porno-Revolution ein, wie cih beim flüchtigen Überfliegen des Spiegel zu lesen glaubte.

Wir wiederholen zum Marketing-Gag Neil Youngs das, was seit Jahren an wertvollen Schriften im Keller unseres Blogs gelagert ist.

Braucht man audiophilen Klangcontent?

Klare Antwort. Nein.


Weiter geht es in Englisch.

Wer das nicht versteht, dem sei hier ein Spoiler in Form einer deutschen Sy­nop­se präsentiert. Das menschliche Hörvermögen kann im besten Fall einen Frequenzbereich von sagen wir mal 20 Hertz bis gut 20 Kilohertz auflösen. Dann ist dem mit der CD technisch Genüge getan, denn die kann solches Mate­rial speichern, da sie zwei Kanäle auf 44KHz abbildet, also jedem diskrete 22 KHz zur Verfügung stellt. Braucht man Reserven, will man wegen der genetic gifts and golden ears nicht in eine Falle tappen, dann stellt man 48KHz zur Verfügung, wie es auf DVDs Standard ist. Auf BluRay sowieso. Die Tester im verlinkten Artikel haben solch goldene Ohren in den letzten hundert Jahren nicht ausfindig machen können. Gute Tester, die weitaus besser differenzieren können, als andere, schon.

Kommt noch der ideologische Streit, was denn nun mit den 24 Bit Wortbreite eines Musiksamples ist, denn die CD und DVD hat ja nur 16. DVD kann auch 24, das machen aber die wenigsten. Die Wortbreite ist für die Differenziertheit, damit für den Abstand zwischen ganz leise und ganz laut, zuständig. Bei 16 Bit wären das der Einfachheit halber 96dB, mithin jener Bereich zwischen Toten­stille und Preßluft­hammer neben dem Ohr. A jackhammer at one meter is only about 100-110dB.

Bei einer Auflösung von 24 Bit ergäbe das einen Lautstärkeumfang bis 144 dB. Das wäre, als wenn man beim Boosterstart eines Flugzeugs in der Turbine sitzen würde. Von der Lautstärke her braucht das kein Mensch.

Wir widersprechen dem Autoren insofern, daß 24 Bit insofern gut sind, weil sie Differenziert der Musik durchaus zur Geltung bringen, so sie bis ans Ende der Kette durchgereicht wird. Wer die Möglichkeit hat, kann das an Linkin Park "Reanimation" testen, denn die gab es als CD und als DVD-Audio in 24/48. Die DVD-Audio klingt deutlich besser. Dito bei jeder anderen Musik, so die Boxen oder Ohrstöpsel das Material adäquat umsetzen, denn die Schallwellen, man kann sie drehen und wenden wie man will, werden immer noch von guten oder schlechten Schallwandlern produziert.

So schließen wir uns wieder dem Autoren an. The most dramatic possible fidelity improvement for the cost comes from a good pair of headphones. Kauft euch gute Boxen und / oder Kopfhörer* und hört auf, euch scheiß Sound auf die Ohren zu drücken, dann klingt Neil Young auch bei 24 Bit und 48 KHz wie von einem andern Musiker zelebriert, denn für formidablen Musikgenuß sind nicht so sehr goldene Ohren, sondern ein "Goldenes Herz" erforderlich.

Mithin, die technische Spezifikation der CD (16/44) ist für 99,9% aller menschlichen Ohren vollkommen ausreichend. Sie wird von den meisten Musik-Produzenten jedoch weder verstanden noch ausgereizt. Neil Youngs archäologische Musik über diesen Knochen hören, muß nicht sein, so man seine Musikwaren für unterwegs mit einem hochwertigen AAC-Encoder und nicht ffmpeg herstellt. The point is enjoying the music.
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* Im Artikel steht, daß man selber drauf kommen muß, guter Rat ist teuer. Man kann für 20$ sehr gute Hörware bekommen, für 200$ allerdings auch Aus­schuß. Leider sind alle Großen in der Ohrstöpsel-fertigung mit dabei. Senn­hei­ser hat großen Mist auf den Markt geworfen, aber auch richtig fette Hörer. Die vor mehreren tausend Jahren erworbenen Sennheiser HD 545 befinden sich nach wie vor im häuslichen Bestand und werden nicht ausgetauscht, denn sie erfüllen auch heute alle Ansprüche an gutes Abhören. Trotzdem die Warnung, egal ob AKG, Sony, KOSS oder beyerdynamic, man kann für teures Geld auch massiv dane­ben greifen. Also immer eine Scheibe mit seiner Lieblingsmusik beihaben und auflegen, wenn Kopfhörer oder Boxen gekauft werden.