12. Juni 2011

wer zu spät kommt

Wenn ich zu spät komme, bestraft mich Maxl mit einem Kurzreferat, in dem er seinen Unmut und seine leichte Erzürntheit zum Ausdruck bringt. Das geht dann ungefähr so.

Ich komme zu einer Zeit, in der andere Leute längst ihr Mittagessen vertilgt haben und das wohlverdiente Nickerchen abhalten. So auch Maxl. Wie gewohnt, steckte er erst mal sein Köpchen hinter dem Glöckchen hervor um die Lage zu eruieren, wer da also die heilige Siesta stören wolle. Als er jedoch den grünen Blumenstrauß sieht, macht er seine Reck- und Streckübungen in Rekordzeit, schnell und flüchtig, um auf den höchsten Punkt seines kleinen Bäumchen zu fliegen und zu einer rede anzuheben. Das waren eine paar kräftig laute Tschilper und eine sehr ernster Blick in Richtung meiner Wenigkeit. Wie zur Bekräftigung des von ihm verfolgten Anliegens hopst er zappelig auf den Ästen herum, um sich flugs an jene Position zu begeben, an der eigentlich sein Gras aus dem Drahtkäfig wachsen müßte. Er hat virtuell bereits vorweggenommen, was in der Praxis erst später passieren wird. Seine Rede soll wohl ungefähr so lauten.

Also Kumpel, das wird ja wohl höchste Zeit, daß du mit meinem Mittag kommst. Servier mir das mal bitte gleich, statt sich nach dem Befinden von meinem Frauchen zu erkundigen, sonst randalier ich hier weiter rum und beschimpfe dich aufs lautstärkste. Ich versprech dir auch, ganz ruhig zu sein, wenn ich das Gras wachsen höre.

Blieb mir also nichts anderes übrig, als flugs das Bündel Gras am Käfig zu befestigen, diesmal unter den wachsamen Augen von Maxl, der sich von der eingenommen Startposition nicht mehr weg bewegt hatte und jede Angst sausen ließ. Frisches Gras ist wichtiger als eingefangen werden.

Versprochen ist versprochen. Auch bei Maxl. Er war dann ganz bei sich und die Ruhe in Person während er Halm für Halm nach den kleinen Wunderkörnern bearbeitete. Da könnte man ihn meines Wissen klauen, das würde er gar nicht merken.

Außerdem ist heute noch was wichtiges passiert, was ich kaum für möglich gehalten hätte. Unterschreite ich an seinem Glöckchen die Fluchtdistanz, was ich darf, hockt er sich für gewöhnlich beiseite, damit ich es verunstalten und eine Melodei intonieren kann, derer andächtig lauscht. Dem war heute nicht so, ich konnte bis auf 10 cm ran und ihm dabei zuschauen, wie er das Bimmelding beackerte. Da hätte ich eine Filmkamera gebrauchen können, um ihn mal von richtig nahe abzulichten. Wird wohl mein nächstes Gewöhnungstraining werden.