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11. Juli 2017

Liebe Arbeiterklassen und Arbeiterklass_Innen_X

Wenn ich eines hasse, dann einen Linken mit großer Klappe. Oder eine Linke.
Philip Kerr, Die falsche Neun, S. 271

13. Januar 2023

die plötzliche Erkenntnis von Florence

Shut Up & Kiss Me: Jolene (Dolly Parton Cover)
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... und plötzlich erkannte sie, dass die Regierung häufig eine größere Lüge der kleineren Wahrheit vorzog, um einen wahllosen Akt der Unterdrückung Tyrannei zu rechtfertigen.
Philip Kerr: 1984.4, a.a.O., S. 298

10. Dezember 2019

Berliner

Auf der Fähre gab es Berliner. Solche und solche. Die einen waren andere als die deutschen Berliner. Die anderen waren wie ich.
Jeder in Berlin ist wie ich. Deswegen liebt das restliche Deutschland uns so sehr.
Meint Philip Kerr im Berliner Blau auf Seite 137.

Außerdem gibt es auf der Fähre weit und breit den besten Café solo. Auf der Rückfahrt auch. Vor allem aber haben die Surfer, die zwei Tage vorher auf dem Katamaran rübergemacht sind, erzählt, die Leute hätten wegen der schweren See reihenweise in den Gängen gelegen und gekotzt. Sickness bags gabs auf dem Schiff auch. Ansonsten war ich die ganze Zeit auf dem Oberdeck zwischen Heck und Bug unterwegs, um den Teide in weiß abzulichten.

Auf La Gomera selbst war fotografisch nicht allzuviel rauszuholen, da es ab 800 Metern Höhe in die Wolken ging. Ergo fiel der Alto Garajonay aus und es ging durch den matschigfeuchten Lorbeerwald. Am Ende der Wan­derung lichtete sich der Himmel und verhalf so zu einem atembe­rau­ben­den Blick ins Valle Gran Rey.

Der Tag endete dann mit einer Punktlandung. Die Fähre lief in den Hafen ein, während sich die Sonne am Horizont des Atlantik versenkte.

7. Januar 2023

Organspende

Tamara Angel: What´s Up?
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Aus dem Tagebuch von Florence.

Nach der Broschüre, die sie aus dem Iris-Murdoch-Zentrum mitgebracht hatte, gibt es viel was die Geundheitsbehörde gebrauchen kann, bevor sie ein in ein Glas Wasser verwandeln: Knochen, Hertzklappen, Haut, Knorppellgewebe, Leber, Nieren, hertz,, Lunge, bauchspeicheldrüse, Haare, sogar deine Eingeweide. Dad meinte - ohne viel feingefühl, wie cih fand - er würde sich fragen, was da eingentlich noch zum Einäschern, Vapporisieren oder "auf die Müllhalde kippen" übrig bleibt. Er hat auch gefragt ob es dafür Geld oder eine Urkunde gibt über alles, was Mum an Organen spendet, wobei ich plötzlich dachte: Er versteht gar nicht, was das Wort Spende bedeutet. Und als ich ihn darauf hinwies sagte er, das wär wieder typisch für die Regierung, das sie dich ein Leben lang arbeiten lässt und dann deine Eingeweihde für lau haben will. Was zwar dumm war aber auch ziemlich lustig und so ein typischer verbitterter Witz aus dem Volk.
Philip Kerr: 1984.4, a.a.O., S. 153

17. Dezember 2019

Notstand im Lektorat

In einem Anhang zum Berliner Blau wird kurz über den weiteren Werdegang der Protagonisten berichtet.
Von 1957 bis nach dem Fall der Berliner Mauer im November 1989 war Erich Mielke Stasi-Chef. Zuvor hatte Mielke im Oktober 1989 den Notstand ausgerufen und die Stasi angewiesen, 86000 Ostdeutsche zu verhaften und auf unbestimmte Zeit festzuhalten. Doch die Mitarbeiter der örtlichen Staatssicherheit weigerten sich, seine Befehle auszuführen, aus Angst, gelyncht zu werden.*
Oha. Deutsche Lektoren wurden schon alle an die Wand gestellt (Greta Thunfisch) und gelyncht. In Wirklichkeit hat's die Bahn verbockt (Arno von Frank, Relotius Nf.). Wie geht die Geschichte jetzt ohne tapfere Gegenleser und Federkielkrieger nur weiter?
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* Philip Kerr, a.a.O., S. 637

5. Januar 2023

Erzer

Auszug aus dem Tagebuch von Florence.

Ich habe meine Erzeuger besucht. Der Mann in dem Antikwitetenladen hat mir gesagt das früere Wort für Erzer ist Eltern. Es klingt viel freundlicher und gefällt mir besser. In diesem Tagebuch werde ich von meiner Mum und meinem Dad nur als meine Eltern sprechen. Die Siedlung hat wie immer ausgesehen. War komisch wieder dort zu sein. Und nicht im guten Sinne. Ich bin froh dass ich da nicht mehr wone, auch wenn man die Burg nicht wirklich ein Zuhause nennen kann. Dad hat mit meinen Brüdern War to the Knife gespielt. Während es lief haben sie sich gar nicht für mich intrissiert, was traurig war weil ich sie wochenlang nicht gesehen hatte. Jeder Spieler hat in dem Spiel einen Avatar, der ein wilder desertirter Apatschenindianer im alten Mexiko ist. Gewinnen tut der Apatsche der mehr weiße Siedler töten und foltern kann als sein Gegner, bevor er selbst von der US-Kawallerie erwischt und gehangt wird. Punkte gibt es dafür wie viele Gegner duam Ende des Spiels skalpirt hast und wer die grausamsten Folter- und Mordmetoden gefunden hat. Das Spiel ist sehr poppulär hab ich gehört. Aber ich hab keine Lust es zu spielen. Die Schreie der Opfer gehen mir auf die Nerven. Noch trauriger als das war, dass meine Mum schon ihren CM-Scan hatte und sie meinte es ist EOD und sie wird in weniger als zwei Jahren vapporisiert. Ich wusste nicht mal, dass sie 1984 geboren ist.
Philip Kerr: 1984.4, a.a.O., S. 151

29. Dezember 2022

über die Zufriedenheitserzeuger der BMWs

Ein BMW* wäre in Deutschland z.B. ein Böhmermann-Wesen. Dieser Typ BMW hat Schriftsteller engagiert, die das Volk bespaßen sollen.

Zufriedenheitserzeuger

Mitarbeiter der Unterhaltungsgesellschaft (Untge), die für das Zweiminuten-Lachen Witze schreiben
Zweiminuten-Lachen
Unterhaltungs-Pflichtprogramm, das einmal täglich ausgestrahlt, von allen Bürgern anegschaut und mit Lachen gewürdigt werden muss.

Tagesaktuell wäre das hierzulande also die Tagesschau, denn die kann man nur mit Lachen würdigen, Außerdem ist sie aus längstens 2-Minuten-Witzen zusammengeklöppelt und wird von Zufriedenheitserzeuern hergestellt.

Im Verlaufe der Romangeschichte gehen Überlegungen dahin, das Zweiminuten-Lachen auf ein Dreiminutenlachen aufzublähen. Das würde beim Böhmermenschwesen auch nicht helfen.

Beschreibung aus:

Philip Kerr: 1984.4, a.a.O., S. 316

* BMWs - Best Menschen-Wesen

15. Dezember 2019

NSU: der Tod, der aus der Flinte kam


Symbolfoto für alles, was man mit dem Besen von Butterfisch-Bodo anstellen kann

"Wenn schon das Wort eines Kanzlers einen Dreck wert ist ..."
Friedrich Korsch

Ich schlendriane so die Strandpromenade entlang, sitzt da der Bernie Gunther, schlürft lecker Kaffe und füllt sich den Bauch mit noch viel leckererem Eiscreme. Er schaut den Wellen des Atlantik beim wellen zu und den Frauen beim welken. Was für ein Leben man doch führen kann, wenn man erst mal pensioniert ist und Staatsknete verkleckern darf. Ich fasse mir also ein Herz und quatsche ihn an. Ob ich nicht mal eine kleines Quiz mit ihm veranstalten darf. Nur zu mein Jung, meint er, vergeht die Zeit bis zum Abgang interessanter. Wat liegt an?

Gunther ist nach Ziercke der beste Detektiv (SPON-Diehl) deutscher Zunge und Aufklärer zahlreicher Kriminalfälle. Markus Wolf jetzt mal ausgenommen. Dem hätte der Ziercke nicht mal den Kaffee ins Büro tragen dürfen, um hier mal die Relationen gerade zu rücken. Gunther selber, das gab er freimütig zu, war teilweise widerwillig bei Mielke engagiert.

Tja, sag ich, was hälst du denn nun von diesem Blutbad im Wohnmobil?

Jemand hat sich die Mühe gemacht, es wie einen Selbstmord aussehen zu lassen. Hat ein hübsches Geständnis auf dem Kaminsims hinterlassen ... Ich habe genü­gend echte Selbstmorde gesehen, um einen Mord zu erkennen, wenn ich ihn auch nur rieche. Und der hier ist Limburger Käse.

Wie kommst du da drauf?

Schau dir doch die Bilder an. Studier die Akten. Ich erklärs mal an einem Fall.

Udo Ambros lag auf dem Steinboden seiner Küche, und seine Füße ragten aus der offenen Hintertür ins Freie - obwohl ich offen gestanden nicht ganz sicher war, ob es sich tatsächlich um Ambros handelte. Ein Schuß aus einem Schrotge­wehr aus kurzer Distanz hat die Fähigkeit, die Identität eines Menschen völlig in Frage zu stellen. ... Wenn ein Selbstmord mit einer Schrotflinte verübt wird, gibt es keinen Hilfeschrei mehr, das Opfer meint es ernst. Stücke von Schädel und Hirn und Blut hatten die Küche dermaßen besudelt, daß es aussah wie ein Volltreffer im Schützengraben von Verdun ... Ein ganzes Stück von seinem Gesicht, einschließlich eines Auges, klebte an der gefließten Wand über dem Ofen wie ein Wandgemälde von Picasso ...

Ich schob das Hemd des Toten zur Seite und legte eine Hand auf seine Brust - der Leichnam war ziemlich kalt, und ich schätzte, dass er seit mindestens acht Stunden tot sein musste. Er umklammerte immer noch die Schrotflinte, die zwischen seinen ausgestreckten Beinen lag ... Ich brach die Waffe und sah zwei rote Brenneke-Patronen, von denen nur eine abgeschossen war. Nicht dass es zwei gebraucht hätte - sogar eine gewöhnliche Schrotpatrone mit Rehposten hätte den Job erledigt, doch ein Flintenlaufgeschoss, das selbst einen angrei­fenden Keiler stoppt, hat die Sache absolut sicher gemacht. Als würde man einen Drei-Kilo-Hammer benutzen, um ein Ei aufzuschlagen. Ich hatte die Brenneke-Patrone schon einmal gesehen, aber ich konnte mich ums Verrecken nicht erinnern, wo. ...

Irgendwann sah ich mich suchend nach einem Abschiedsbrief um und fand ihn schließlich auf dem Kaminsims über den Resten eines Holzfeuers ... und ich hoffte, der Brief würde alles erklären.

Tot zu sein ist ein ziemlich wasserdichtes Alibi, wenn man Schwierigkeiten mit dem Gesetz hat, selbst in Nazi-Deutschland.
Ich hatte im Flur hinter der Haustür einen Waffenschrank gesehen ... Als ich den Inhalt des Schranks in Augenschein nahm, wuchs in mir die Überzeugung, dass Udo Ambros ermordet worden war. Ich fand zwei Gewehre, eine weitere Schrot­­flinte, eine Luger-Pistole, Gewehrmunition und mehrere Schachteln Rottweil-Schrotpatronen. ... Die beiden Brennekes in der Schrotflinte ... waren die einzi­gen, die ich finden konnte, woraus ich schloss, dass der Mörder seine eigene Munition mitgebracht hatte. ... gut möglich, dass ie beiden Männer sich getroffen und geredet hatten und erst später wegen irgendwas in Streit geraten waren. Dann erst hatte der Mörder die beiden Brennekesin die Schrotflinte geladen und sein Oper erschossen. Was außerdem vermuten ließ, dass sie Freunde waren, oder zumindest Bekannte. ...

Der größte Teil seines Schädels klebt an der Wand wie eine Küchenuhr.

Und nun? wie geht es jetzt weiter?

Beweise waren immer das Fundament deutscher Rechtsprechung ... Die nackte Tatsache ist, es gibt keine. (Sie) hat ein Geständnis abgelegt aus Angst, dass man (sie) foltern würde. Aus Angst, (für lange Zeit ins Gefängnis) zurückgeschickt zu werden. Die Beweise ... beruhen allein auf Indizien. Indizien, die auf so gut wie jeden ... zutreffen...

Wer war's denn?

Der Schützenbruder? Keine Ahnung. Der Fall wurde doch nie krimi­nal­poli­zeilich ermittelt, auch wenn das ganze Wohnmobil nach Mord gestun­ken hat. Da hat dieser Polizedirektor Menzel ganze Arbeit geleistet. Such den Bekannten, der die Brenneke mitgebracht hat und die Schachtel wieder mitnahm. Oder hat man im Wohnmobil ein Munitionslager für Flinten gefunden?

Nö, eigentlich nicht. Aber in Zwickau, in einer konspirativen Wohnung. Da geht die Rede von Wildschweintötern.

Na siehste, dann hast du doch den Weg zum Ziel aufgezeigt. Wer war denn der Bewohner?

Genaugenommen das Sächsische Staatsministerium für Inneres, die ihre Leute da einquartierten, wie es nunmal in konspirativen Wohnungen üblich ist.

Dann such lieber nicht weiter. Mit Mördern im Staatsdienst ist nicht zu spaßen. Mach dir doch einfach einen schönen Lebensabend. Da altert man ganz entspannt.

Das heißt, das war's?

Weißte, sagt er,

Deutschland (befindet) sich im Würgegriff einer Gangsterbande, die genauso skrupellos (ist) wie die Chicago-Mafia unter Al Capone.

Machen wir uns nichts vor, (die sind) schuldig... In einer perfekten Welt wäre es schön, den Täter zu fassen und zu einhundert Prozent sicher zu sein, dass es der Richtige ist... In der echten Welt müssen wir manchmal pragmatisch handeln. Ich denke, es ist wichtiger, dass der Führer überzeugt ist, daß wir (die Richtigen) haben.

Die Deutschen und die Weltbürger hatten bisher viele Kanzler zu ertragen. Merkel ist allerdings seit dem Führer das schlimmste Kanzler-Verbrechen.

Einen schönen Sonntag auch allen Klimgeschädigten in der Bananenrepu­blik Deutschland.

Symbolbild für alles Banane.


Zitate aus: Philip Kerr, Berliner Blau, Rowohlt Verlag GmbH, 2019, S. 362, 363, 365, 366, 368, 374, 435, 438, 439, 440

25. Dezember 2022

Das Krönlein der Schüsse

Oder: Die Nazisau ist tot (Antifa).

Den Tag zu vertrödeln, stand mir im Sinn,

so elektroradelte ich irgendwohin.

Schnurgerade war die Strecke. 5 Kilometer nur geradeaus, ohne Schlenker, ohne Höhenunterschied. Nur der Parcour war Scheiße, denn das war ein Kolonnenweg. Der geübte Radler weiß sofort, daß es sich entweder um einen Wirtschaftsweg handelt, der abseits des Straßenverkehrs die Zuführung von Traktoren, LKWs und Mähdreschern zu ihren Arbeitsflächen gewährleisten soll. Oder es ist eine Militärstraße, die zu einem streng geheimen Objekt führt.

Wirtschaftsweg ja, da aber eher Wasserwirtschaft. Militär auch ja, denn im angrenzenden Wald befindet sich eine Kaserne, in derem Umfeld in regelmäßigen Abständen Schilder stehen, auf denen die Botschaft zu lesen war, man möge sich dem Gebiet fernhalten, denn es werde in jedem Fall geschossen, und fotografieren ist zwecklos, dann werde erst recht geschossen.

Ich radel und radel und radel und komme meinem Ziel nicht näher. Die 5 Kilometer wollen nicht enden. Dann taucht in der Ferne ein schwarzer Fleck auf, der sich kurz darauf als ruhendes Wilschwein entpuppt. So kam ich zu meinem ersten geschossenen Wildschwein.

Und an dem läßt sich prima erklären, was die Krone aller Schüsse ist, denn das Tier war mausetot und bei näherer Beschau auch weitestgehend enthirnt (Prof. Mall), das an einer Stelle, von der ich mich frage, wie es überhaupt dahingekommen ist, denn obwohl in dem Terrain geschossen wird, dann doch eher von der Armee, auch wenn der Wildbestand sehr hoch ist.

Aus 2 Metern Entfernung ist die Todesursache schnell geklärt. Ein satter Schuß in den Schädel beendete das Leben des Tiers. Das ist im Prinzip genau die Eintrittswunde, die auch Uwe Böhnhardt auf der linken Schädelseite aufwies. Das nur nebenbei. Hätte man jetzt ein Labor an der Hand, könnte man die Spuren am Einschußloch nehmen und forensisch untersuchen lassen, vor allen auf Schmauchanhaftungen und Metallabrieb, was Schlüsse auf die verwendete Munition zuließe. Hat man bei Böhnhardt sogar gemacht, dann aber an einem Schreibtisch herausgefunden, daß all der Schießkrempel aus Böhnhardts Schädel für die NSU-Saga völlig irrelevant ist.

Bei näherer Beschau stellt sich das Problem ein wenig anders dar. Es handelte sich um eine Verdeckungsstraftat zur Verschleierung von Wilderei oder vollendete Wilderei. Je nachdem, welches Ressort man an einem Oberlandesgericht abzuarbeiten hat.

Das Tier ist bewegt worden oder hat sich im Todeskampf mit letzten Zuckungen noch bewegt. Das läßt sich über den rechten Klauen gut erkennen. Vor Ort erst recht. Das Blut ist längst getrocknet und in einen dunkelgräulichen Zustand eingefärbt, da es sich mit dem Sand des Kolonnenwegs mischte. Möglicherweise hat der Wilderer oder ein genervter Radler oder Forstarbeiter oder der zuständige Bewirtschafter das Tier beiseite gezerrt, weil es die Durchfahrt störte. Der Zustand deutet darauf hin, daß es schon lange so da lag und sich niemand um den Abtransport zur Tierkörperbeseitigungsanstalt kümmerte. Ich natürlich auch nicht. Ich hatte keine Lust auf ein Interview mit der Polizei in einem Bereich, in dem das Fahren für Fahrzeuge aller Art schlichtweg verboten war, die zugelassenen Amtsfahrzeuge ausgenommen.

Gehen wir etwas näher ran, so können weitere Spuren entdeckt werden, die zwar nicht der Aufklärung dienlich sind, aber breiten Spielraum für Überlegungen bieten, der hier nicht annähernd ausgeschöpft werden kann.

Im äußeren Bereich sind noch drei Schmeißfliegen mit der Kadaverbeseitigung beschäftigt, wenigstes eine bewegt sich im Inneren des Gehörgangs. Jetzt ist auch zu erkennen, daß es sich bei dem großen Einschußloch eher nicht um eine Einschußloch handelt, sondern um die Ohrmuschel mit anhaftenen Knorpelteilen, die für Resteverwerter jeder Art der einfachste Zugangsweg zu den Innereien gewesen ist. So wie es die Öffnungen der Geschlechtsteile am anderen Ende des Tieres übrigens auch waren. Hier war hungrig species zugange, die den größten Teil der Arbeit bereits erledigt hatte, auch wenn noch viel zu tun war.

Und wir sehen eine kleines Einschußloch oberhalb der Ohrmuschel, gesplittert, das uns den Hinweis auf den Tod als solchen gibt. Entweder eine für die Saujagd konzipierte Flintenpatrone oder aber der bei erfolgreicher Nachsuche gesetzte Gnadenschuß mit einer Jagdflinte oder Pistole (einem Revolver).

Bezogen auf den von Dir angesprochenen Einsatzbereich hat ein starkes Kaliber sicher die sinnvollste Berechtigung, geführt zu werden...

Beim Fangschuß sollte es nicht viele Kompromisse geben, da jeder Schuß zusätzlich auch eine potenzielle Gefährdung mehr für den Hund darstellt - und eine 9,3x62 hat nun einmal mehr Stoppwirkung als eine 7x57 - egal was Dir hier jetzt versucht wird einzureden...

Zur Effizienz der Kaliber es auch einiges zu erzählen, was ich ebenfalls außen vor lasse.

Was hat das alles mit Böhnhardt und Mundlos zu tun? Nun, an dem heute vorgestellten Beispiel läßt sich prima der Zweck einer Verdeckungsstraftat erklären, allerdings nicht einer bezüglich des Wildschweins. Böhnhardt und Mundlos werden mit Pistolen ermordet. Um diese Tat zu verdecken wird ein Flintenschuß aufgesetzt. Und um all das zu verdecken und so viele Spuren als möglich zu vernichten wird die mobile Wohnung der beiden angezündet, in denen sie zu ihrer letzten Ruhe aufgebettet waren.

Bezüglich des Wildschweins ist es etwas komplizierter, denn da, wo es lag, kann es eigentlich nicht gelegen haben. Im Rücken des Fotografen befindet sich eine fast senkrechte Böschung aus Stein und Beton, die wiederum durch bis zu 10 Meter tiefes Wasser verlängert wird. Aus der Richtung konnte das Wilschwein nicht gekommen sein, in die Richtung auch nicht flüchten. Vor uns liegt ausschließlich Wald, in dem eher nicht gejagt werden darf bzw. nur von dafür befugtem Personal, denn die Wilddichte in dem Wald ist schön erschreckend hoch. Diesen Fall der Wilddiebrei habe selbst ich nicht lösen können.

Ich wünsche allen, die es bis hierher geschafft haben, eine paar ruhige und entspannte Tage, an denen man sich den Rehrücken, das Wildschweinsteak, den Putenbraten oder die Kaninchenkeule munden lassen muß. Özdemir will diesen ganzen Weihnachtszinnober abschaffen und durch eine verpflichtende Deutschland-Diät ersetzen. Haut rein Leute.

Na gut, etwas Kompott ist noch übrig.

An der Wand zu ihrer Rechten reihten sich elektronische Poster, welche die verschiedenen Arten von Verbrechen schilderten, die die OPS in der letzten Zeit ins Visier genommen hatte. Ein fettleibiger Mann wurde gezeigt, der sich einen riesigen Bug Mac in den Mund schob, versehen mit der Uberschrift: FETTLEIBIGKEIT IST EIN VERBRECHEN. Fettleibigkeits-Verbrechen kosten die Gesundheitsbehörde jahrlich Milliarden Pfund.

Aus: Philip Kerr - 1984.4, S. 102, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 2021